Auch auf dem Gelände des Testzentrums in Kempten stehen die Autos mittlerweile wieder Schlange. Einen kostenlosen Corona-Test gibt es aktuell nur für jene, die beispielsweise Symptome zeigen oder Kontakt zu einem Infizierten hatten.
Bild: Matthias Becker
Auch auf dem Gelände des Testzentrums in Kempten stehen die Autos mittlerweile wieder Schlange. Einen kostenlosen Corona-Test gibt es aktuell nur für jene, die beispielsweise Symptome zeigen oder Kontakt zu einem Infizierten hatten.
Bild: Matthias Becker
150 bis 200 Patientenkontakte verzeichnet die Biessenhofener Hausärztin Dr. Sabine Sprich derzeit – und das jeden Tag. „Das Aufkommen ist enorm“, sagt die Zweite Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbands Ostallgäu. „Die Menschen sind wieder unterwegs, haben zahlreiche Kontakte und viele Krankheitserreger verbreiten sich dadurch schnell, nicht nur Coronaviren, sondern auch andere Infektionskrankheiten.“ Der Coronatest sei aber bei Erkältungssymptomen mit Fieber und vor allem Geschmacks- oder Geruchssinnstörungen obligatorisch. Es zeigt sich: „Etwa 40 bis 50 Prozent von denen, die wir abstreichen, sind positiv.“ Auch im AllgäuLab in Kempten, in dem Proben aus ganz Südwest-Bayern ausgewertet werden, gehen seit etwa zwei Wochen aufgrund des erhöhten Ausbruchsgeschehens wieder mehr Tests ein. „Bis zu 20 Prozent davon sind positiv“, sagt der Virologe Dr. Matthias Lapatschek.
Die Gesamtzahl der Tests ist nach seinen Angaben zwar noch nicht so hoch wie zu Spitzenzeiten in der dritten Welle, auffällig seien aber die vielen positiven Befunde. Dafür gebe es eine Erklärung: „Seit die anlasslosen Tests nicht mehr kostenlos sind, haben fast alle, die sich testen lassen, einen konkreten Grund dafür. Zum Beispiel, weil sie Kontakt zu einem Infizierten hatten oder Symptome aufweisen.“ Dementsprechend sei die Wahrscheinlichkeit höher, dass auch tatsächlich eine Infektion vorliegt.
Die vielen positiven Fälle bedeuten auch einen Mehraufwand für die Behörden: „Unser Gesundheitsamt hat ordentlich Arbeit“, sagt Eva Büchele vom Unterallgäuer Landratsamt. Um das Pensum bewältigen zu können, sind ab Donnerstag fünf Bundeswehrsoldaten zur Unterstützung bei der Kontaktnachverfolgung im Einsatz.
„Denn in den vergangenen Tagen sind wir da nicht mehr nachgekommen.“ Insgesamt seien im Unterallgäu dann etwa 60 Personen mit der Verfolgung der Kontakte beschäftigt, sagt Büchele. Aus dem Landratsamt Lindau heißt es dagegen: „Momentan bekommen wir die Kontaktnachverfolgung noch gestemmt.“ Laut Sprecherin Sibylle Ehreiser hat der Landkreis dennoch zwei zusätzliche Kräfte von der Polizei angefordert.
Dass die Ämter mit der Kontaktnachverfolgung alle Hände voll zu tun haben, beobachtet auch die Ostallgäuer Ärztin Sabine Sprich. Wird in ihrer Praxis ein Patient positiv getestet, müssten die Kontaktpersonen eigentlich vom Gesundheitsamt informiert werden. „Das dauert zum Teil aber mehrere Tage“, sagt die Hausärztin. Sie sei daher dazu übergegangen, beispielsweise bei Familienmitgliedern von Infizierten gleich von sich aus einen Abstrich zu machen.
Zudem seien viele Patienten verunsichert und hätten Fragen, kämen bei den Behörden aber nicht durch. „Wir müssen gerade auch viel Zeit für die Beratung einplanen“, sagt Sprich. Viele wollten beispielsweise wissen, wie lange sie in Quarantäne müssen und wen sie über das positive Testergebnis informieren sollen.
Die Hausärztin und Virologe Lapatschek beobachten außerdem vermehrt Impfdurchbrüche. Dennoch verhindere eine Impfung in der Regel einen schweren Krankheitsverlauf. Sabine Sprich hatte kürzlich eine sechsköpfige Familie in Behandlung, alle waren Corona-positiv. „Der doppelt geimpfte Vater hatte lediglich einen Tag Schnupfen. Die übrigen Familienmitglieder waren nicht geimpft. Sie hatten viel schwerere Symptome, zwei von ihnen musste ich ins Krankenhaus einweisen.“ Sie plädiert dafür, die Sorgen von Skeptikern ernst zu nehmen und im Gespräch zu bleiben.
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