Die Lebenserwartung steigt - ebenso die Zahl der Menschen, die im Alter wegen Demenz und anderer psychischer oder neurologischer Erkrankungen intensive Pflege und Behandlung brauchen. Gleichzeitig erreichen durch den medizinischen Fortschritt Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen ein höheres Alter. Dem stehen Lücken in der Versorgung und Personalmangel im medizinischen und pflegerischen Bereich gegenüber.
Bei einem Fachtag der Bezirkskliniken Schwaben beleuchteten Expertinnen und Experten die Sachlage, Forschungserkenntnisse, neue Therapieansätze und Lösungsstrategien. Diskutiert wurde in Memmingen laut Raimund Steber, Ärztlicher Direktor des dortigen Bezirkskrankenhauses (BKH), mit einem Publikum von rund 300 Personen aus Bereichen wie Politik, Justiz, Polizei, Pflege, von kommunalen Fachstellen und aus der niedergelassenen Ärzteschaft.
In den kommenden Jahren gehen zahlreiche niedergelassene Ärzte in den Ruhestand, doch vielfach findet sich keine Praxisnachfolge. "Die ambulante Versorgung stößt erheblich an Grenzen und damit wird auch ein immer größerer Bedarf an den Krankenhäusern spürbar", schildert Steber. Er gibt Einblick in das Themenspektrum:
Problem in der Pflege: Entlastungsgebote sind oft zu wenig bekannt
Für psychische, körperliche und emotionale Belastungen bei Pflegekräften und Angehörigen sensibilisierten demnach Sandra Wieland und Eva Wittwer vom BKH Kaufbeuren. Beide zeigten aber auch Entlastungsmöglichkeiten wie Tages- und Kurzzeitpflege sowie ehrenamtliche Strukturen auf.
Das Problem: Es mangle teils nicht nur an Plätzen, sondern auch an Information - viele Angebote seien zu wenig bekannt und würden nicht ausgeschöpft. Es brauche Bewusstseinsbildung um gegen Isolation im Alter anzugehen. Diese führen Wittwer und Wieland nicht allein auf weit verstreut lebende Familien zurück - Ältere würden insgesamt weniger in Gemeinschaft und soziales Leben eingebettet als früher.
Mediziner aus Günzburg spricht über neue Ansätze bei der Behandlung von Alzheimer
Mit Depression und Demenz widmeten sich weitere Vorträge zwei häufigen Erkrankungen. Vielschichtige Symptome, in denen sich eine Depression äußern kann, beschrieb Dr. Jan Häckert vom BKH Augsburg, Sie reichen Von Klagen über körperliche Beschwerden über Konzentrations- und Denkstörungen bis zu psychischen Beeinträchtigungen. Gleichzeitig schilderte er, dass etwa die Verhaltenstherapie bei der Behandlung ein noch nicht ausgereiztes Potenzial biete.
Professor Matthias Riepe aus Günzburg wandte sich Alzheimer-Erkrankungen zu. Und dabei nicht nur Methoden zur Erkennung, sondern auch der Antikörper-Therapie als neuem Behandlungsansatz. Dabei soll laut Riepe das Immunsystem angeregt werden, gegen Amyloid-Plaques (Eiweißkomplexe) anzugehen, wie sie im Gehirn von Alzheimer-Patienten zu finden sind.
Roboter, Apps und Co.: Professorin der Hochschule Kempten informiert über Assistenzsysteme und Hilfsmittel
Von erstaunlichen Erfolgen, die sich durch interdisziplinäre Behandlung nach einem Schlaganfall auch im hohen Alter erzielen lassen, berichtete Riepes Günzburger Kollege, Dr. Philipp Pilz. Eine Fülle von Hilfsmitteln, die sich unter anderem durch Robotik, Mechatronik und Künstliche Intelligenz für das Leben in den eigenen vier Wänden, aber auch für die Pflege entwickeln, thematisierte Veronika Schraut, Professorin an der Hochschule Kempten. Trotz aller Anwendungsgebiete für Apps, telemedizinische Verfahren oder emotionale Roboter sei menschliche Zuwendung aber nicht zu ersetzen.
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