Hier stand noch vor wenigen Wochen das alte Kaufbeurer Eisstadion. Inzwischen sind die Abrissarbeiten am Berliner Platz beendet.
Bild: Mathias Wild
Hier stand noch vor wenigen Wochen das alte Kaufbeurer Eisstadion. Inzwischen sind die Abrissarbeiten am Berliner Platz beendet.
Bild: Mathias Wild
Mit dem Aufstellen eines unspektakulären Bauzauns begannen am 21. September 2020 die Abrissarbeiten des alten Eisstadions am Berliner Platz. Innerhalb von dreieinhalb Monaten verschwand das legendäre Eisstadion, dessen berühmte Seilkonstruktion ein gewellte Dach mit 4500 Quadratmetern Fläche zusammenhielt. Was in Zukunft auf der nun freien Fläche am Berliner Platz entsteht? Es läuft auf eine „Schokoladen-Erlebniswelt hinaus. Seit seiner Eröffnung im Jahr 1969 hat das Gelände bereits einiges erlebt. Nun bleiben die Erinnerungen. Von den Abrissarbeiten gibt es beeindruckende Aufnahmen, die die AZ-Fotografen Mathias Wild und Harald Langer bei ihren regelmäßigen Besuchen am Berliner Platz gemacht haben.
Feuerwehrautos im Eisstadion – diese wohl weltweit einmalige Konstellation ergab sich nach dem Auszug der Eishockey-Mannschaften. Im Februar zog die Kaufbeurer Feuerwehr in das Stadion am Berliner Platz, wegen des Neubaus der Hauptfeuerwache in der Neugablonzer Straße. Auf der früheren Eisfläche standen Einsatzfahrzeuge, Anhänger und Container.
Für ihre Einsätze machten sich die Ehrenamtlichen in den Kabinen fertig, die einst den ESVK-Profis zur Verfügung standen. Wo der Sportverein einst seine Ehrengäste verköstigte, befand sich anschließend der Sitzungsraum der Feuerwehr. Die Stadiongaststätte wurde zum Schulungsraum, der Kiosk zur Einsatzzentrale. Bis Ende November 2019 war die „Eiswache“ das Zuhause der Kaufbeurer Feuerwehr. Dann folgte der Umzug in die neue Feuerwache.
Der Sport und insbesondere das Eishockey hatten das Eisstadion zwar stets einen Großteil des Jahres fest im Griff. Aber in den Sommermonaten wurde die Sportstätte immer wieder auch zum Musentempel. Vor allem für die Eröffnung des Tänzelfestes war die Arena die Schlechtwetter-Alternative zum Tanzrondell. So schallten das Eröffnungsspiel und die oft aufwendige musikalische Gestaltung auch über die meist voll besetzen Betonränge am Berliner Platz. Unter dem schützenden Stadiondach gab es aber auch andere Kulturveranstaltungen, etwa 2011 den ersten Marschmusik-Wettbewerb des Allgäu-Schwäbischen Musikbundes (ASM) oder Feierlichkeiten zum 100-jährige Bestehen des Sängerkreises Ostallgäu 1999. Bei einem einmaligen Versuch blieb es 2009, als im Stadion ein „Filmfestival Allgäu“ etabliert werden sollte.
Das Ende der Stadion-Ära am Berliner Platz wurde im Dezember 2012 eingeläutet. Es wurde festgestellt, dass das Fundament wegen Streusalzeintragung baufällig war. Die Eishalle hatte damals über 43 Jahre auf dem Buckel – und wurde plötzlich als akut einsturzgefährdet eingestuft. Prüfstatiker hatten nämlich bemerkt, dass der Chloridgehalt in den Betonfundamenten der Pylonen (die die komplizierte Seilkonstruktion des Hallendaches hielten) um mehr als das Zehnfache der Toleranzgrenze überschritten war. Die Stadt Kaufbeuren nahm in den Folgemonaten einen siebenstelligen Betrag in die Hand, um sie für vier weitere Jahre auf Vordermann zu bringen. Es wurde ein Abschied auf Zeit für die Eishockey-Spieler des ESV Kaufbeuren, der mit dem Umzug in das neue Eisstadion im Oktober 2017 endgültig besiegelt wurde.
Von 1969 bis 2017 war das Stadion am Berliner Platz die berühmt-berüchtigte Heimat des ESV Kaufbeuren. Dort fanden über fast fünf Jahrzehnte hinweg emotionale und hochdramatische Spiele statt. Das erste Spiel fand erst am 27. September 1969 statt. Gegner Augsburg sollte in den Folgejahren noch häufiger zu umkämpften Partien nach Kaufbeuren kommen, die Auftaktpartie im damals brandneuen Stadion gewann der ESVK mit 6:5. In den 1980er-Jahren wurden die Eishockey-Fans Zeugen der wohl erfolgreichsten Phase am Berliner Platz, inklusive zweier Halbfinal-Einzüge und einem Spiel gegen Mannheim im Jahr 1985, für das 15 000 Anfragen für Karten eingegangen seien. Die letzte Partie im alten Eisstadion, das Testspiel gegen die Tölzer Löwen im September 2017, gewann der ESVK mit 5:3.