Vorher die Videos im Internet anschauen, dann in den Laden kommen. Das verkürzt die Aufenthaltszeit bei der „Kleinen Schwester“.
Bild: Harald Langer
Vorher die Videos im Internet anschauen, dann in den Laden kommen. Das verkürzt die Aufenthaltszeit bei der „Kleinen Schwester“.
Bild: Harald Langer
Am zweiten Adventssamstag ist einiges los in der Kaufbeurer Innenstadt. Für Sina und Leoni Römer ist fast alles wie immer, sie haben sich an die Corona-Regeln gewöhnt und „müssen eben jetzt damit leben.“ Trotz des fehlenden Weihnachtsmarktes verbreiten Dekoration und Musik in den Läden bei den beiden festliche Stimmung. Dennoch wirken sich die Corona-Vorgaben auf den Einzelhandel aus, auch, weil Gastronomieangebote wegfallen. Die AZ hörte sich bei den Einzelhändlern um.
Peter und Johannes Kiderlen vertreten mit dem Weingeschäft De Crignis und ihrem Gastronomiebetrieb beide Seiten. „Letzterer geht gegen null, da hat man keine Chance“, berichtet Kiderlen. Der Weinhandel verlief dagegen in den ersten zwei Vorweihnachtswochen positiv. „Es ging schon richtig gut los. Wir hoffen, dass es sich die nächsten zwei Wochen noch steigern wird.“ Den Erfolg vermutet Kiderlen im Rückzug der Menschen in die eigenen vier Wände. „Dadurch gönnt man sich auch eher etwas.“
Genauso, wie die treuen Stammkunden der Modedesignerin Petra Mogendorf, die im Showroom in der Ledergasse ihre Kollektionen präsentiert. Bei ihren auswärtigen Kunden verzeichnet sie durch fehlende Einkehrmöglichkeiten allerdings Verluste. „Und mehr Laufkundschaft wäre schön“, erzählt sie und hofft deshalb, dass sich in den kommenden Wochen „mehr Menschen in den Laden trauen“.
Nicole Zinth die an diesem Samstag in der Innenstadt einkauft, merkt vor allem, wie die ihrer Meinung nach spärliche Dekoration und die fehlenden Stände auf die Vorweihnachtsfreude drücken. Auch Diana hat „nicht so viel Spaß wie sonst“ bei ihrer Shoppingtour. „Man kann sich einfach nicht so ungezwungen draußen bewegen.“ Ihre Freundin Selina sieht die Einkäufe nur mehr als „zweckmäßig.“ Kleine Läden zu unterstützen, hält sie für wichtig, oft fehle aber hinsichtlich der Umstände der Elan, in die Stadt zu gehen. Dann sei der Online-Kauf praktischer.
Silke Bizzotto, Inhaberin des Dessousgeschäftes Sous Lingerie, stellt einen deutlichen Stimmungswechsel fest. „Man merkt natürlich, dass der Weihnachtsmarkt fehlt“ und gerade die Laufkundschaft bleibe aus, „weil durch Cafés und Restaurants nichts geboten wird“. Dadurch kämen auch weniger Tagesausflügler und Touristen in ihren Laden. Dennoch beklagt sie sich nicht und blickt „positiv in die Zukunft. Ich denke, dass wir für die Umstände gut dastehen und es kommt viel Stammkundschaft“.
Darüber freut sich auch Evelyn Klement von Mode Evelyn aus Neugablonz. Das Positive dieser Zeit seien die „Menschen, die an den kleinen Einzelhändler denken“ und damit ihre „Verbundenheit“ ausdrücken. Viele holten sich, um die Aufenthaltszeit zu verkürzen, auch Gutscheine ab. Das helfe ihr durch die schwierige Vorweihnachtszeit. Viele „Leute sind sehr verhalten und ängstlich, wenn sie im Laden sind oder kommen gar nicht erst. Das merken wir extrem“. Vor allem sorge Klement aber die Stimmung der Menschen, die oft „depressiv und melancholisch wirken“. Um das zu ändern, versucht sie mit ihrem Team Positives mit auf den Weg zu geben. „Wir versuchen, mit lieben Worten aufzumuntern und motivieren dazu, optimistisch zu sein.“ Klement wünscht sich, dass „die Leute Rücksicht nehmen, aber sich trotzdem zuversichtlich verhalten.“
Das hat sich Katinka Jäger, Inhaberin des Geschenke-Ladens „Kleine Schwester“, schon während des ersten Lockdowns zu Herzen genommen und daraus ein Konzept für ihren Laden entwickelt: Auf ihrem Instagram-Account präsentiert sie per Video Deko- und Geschenkartikel und gibt Kunden so die Möglichkeit, diese vor einem Besuch im Laden kennenzulernen. „Die Leute springen voll darauf an“, berichtet ihr Bruder Matthias Jäger, der im Geschäft aushilft. Viele Artikel seien dadurch sogar vergriffen gewesen.