Kaufbeuren verfügt dank der künstlerischen Neigungen des Konditormeisters Andreas Schropp über eine Dokumentation seiner Geschichte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wie sie kaum eine andere Stadt besitzt. Schropp schuf nämlich eine Chronik aus aquarellierten Bildern. Zur Erinnerung an ihn ließ der Heimatverein Kaufbeuren nun eine steinerne Gedenktafel an Schropps einstigem Domizil im Kaisergässchen anbringen.
Der am 2. Juli 1781 geborene Andreas Schropp war der Sohn des wohlhabenden Konditormeisters und Ratsherren Daniel Schropp und dessen Ehefrau Rosina. Da Letztere schon früh verstarb, ging Daniel Schropp 1785 eine zweite Ehe mit der Memminger Lehrerstochter Jacobina Barbara Karrer ein. Im selben Jahre erwarb er das Anwesen im Kaisergässchen. 1805 kaufte der Zuckerbäcker zudem von der Stadt das Gartengrundstück auf dem zugeschütteten Stadtgraben beim Sywollenturm, auf dem später die Gastwirtschaft „Zum Hofbräuhaus“ (heute „Hotel am Turm“) errichtet wurde.
Sein Sohn Andreas Schropp wurde 1806 nach einer mehrjährigen Ausbildungszeit in Memmingen, zwei Wanderjahren und einem kurzen Intermezzo als Hauptmann der evangelischen Bürgerwehrkompanie im nunmehr bayerischen Kaufbeuren zunächst als Buchhalter in die väterliche Konditorei und „Spezerey-Handlung“ eingebunden. 1808 heiratete er Christina Dorothea Kutter, die Tochter des benachbarten Papiermachers, der kurz davor aus Ravensburg zugezogen war. Der Ehe der beiden entsprangen neun Kinder, von denen sieben das Erwachsenenalter erreichten.
Obwohl das Geschäft mit dem Zucker unter der napoleonischen Kontinentalsperre schwer litt, vermochte es Andreas Schropp zusammen mit seiner Frau, die vom Vater übergebene Konditorei erfolgreich weiterzuführen. 1818 wurde er zum Gemeindebevollmächtigten gewählt und hatte als solcher wesentlichen Anteil an der Neugestaltung des heutigen Alten Friedhofs, an der Anlage des Tänzelhölzchens auf der Buchleuthe, der Errichtung der ersten Sparkasse und der Einführung der Gaslaternenbeleuchtung der Kaufbeurer Straßen, aber auch am Erhalt des vom Kaufbeurer Magistrat aus Kostengründen zum Abbruch vorgesehenen Neptunbrunnens.
Nach dem Tod des Vaters ließ Andreas Schropp das Kaffeehaus im Kaisergässchen durch den Architekten Georg Stecher mit einer klassizistischen Prunkfassade neu gestalten. 1831 wurde er schließlich Mitglied des Magistrats. In dieser Funktion betreute er die Gründung der Kaufbeurer Gewerbeschule, war Verwalter einer ganzen Reihe von Stiftungseinrichtungen, erlebte die Einführung der allgemeinen Schulpflicht und die Errichtung der mechanischen Spinnerei und Weberei.
Mit 60 Jahren legte er 1841, vorwiegend aus familiären Gründen, alle seine öffentlichen Ämter nieder. Drei Jahre später übergab er das Konditoreicafé seinem Sohn Daniel. Von da an widmete sich Andreas Schropp nur noch der zeichnerischen Dokumentation der ihm interessant erscheinenden Ereignisse und Vorgänge in seiner Heimatstadt und deren Umgebung. Wohl inspiriert durch seinen Hauslehrer Anton Ludwig Waltmann, den künstlerisch interessierten Gastwirt des Schützenhauses „Zum Tell“, der schön frühzeitig sein Zeichentalent erkannte und förderte, hatte Andreas Schropp schon in jungen Jahren begonnen, seine Beobachtungen und Eindrücke zeichnerisch festzuhalten. Auch wenn er nicht zu den wirklich Großen der Malerzunft zählte und die Genauigkeit seiner Darstellungen mitunter zu wünschen übrig lässt, verdankt Kaufbeuren Schropp dennoch zahlreiche interessante Erinnerungen. Auf rund 300 kleinformatigen Blättern dokumentierte er den Übergang der Wertachstadt vom Postkutschen- ins Eisenbahn- und Industriezeitalter. Darüber hinaus enthält seine Bilderchronik zahlreiche Ansichten von Straßenzügen und markanten Gebäuden sowie die Dokumentation spektakulärer Feuersbrünste in der Stadt und ihrer Umgebung, aber auch die ersten Darstellungen des Tänzelfestes und des neugestalteten Tänzelhölzchens. 1848 erlebte und dokumentierte Schropp zudem die Bemühungen des liberalen Bürgertums von Kaufbeuren um Demokratie und nationale Einheit.
Andreas Schropp starb am 15. Mai 1864. Sein Anwesen mit dem Konditoreikaffee kam nach dem Tod seines kinderlosen Enkels Daniel Eduard, mit dem der Kaufbeurer Zweig der Familie ausstarb, 1883 an den Konditormeister Karl Engelhardt. Von diesem erwarb es 1933 der Lebensmittelhändler Hermann Ruess, der die klassizistische Fassade des Hauses wieder entfernen ließ. Das Anwesen Kaisergässchen 1 ist noch heute im Besitz von dessen Nachkommen.
Die Bilder der Schropp-Chronik wurden 1997 mit einem lesenswerten Lebenslauf ihres Schöpfers unter dem Titel „Eine Liebe in Bildern“ von Jürgen Kraus und Stephan Fischer herausgegeben. Das Buch ist beim Heimatverein und im Handel erhältlich.