Viele Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region Kempten/Oberallgäu blicken sorgenvoll in die nähere Zukunft. Das zeigt die Herbstumfrage, die die IHK in Kempten vorstellte.
Bild: Martina Diemand (Archivbild)
Viele Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region Kempten/Oberallgäu blicken sorgenvoll in die nähere Zukunft. Das zeigt die Herbstumfrage, die die IHK in Kempten vorstellte.
Bild: Martina Diemand (Archivbild)
Eine Gaspreisbremse ab März – „warum geht das nicht schneller?“, ärgert sich der IHK-Regionalvorsitzende Markus Brehm. „Da ist der Winter dann vorbei.“ Am Mittwoch stellte die Industrie- und Handelskammer Ergebnisse ihrer Herbstumfrage bei Unternehmen vor. Das Fazit ist nicht beruhigend, im Gegenteil: Die derzeitigen Krisen träfen alle Branchen, die Stimmung sei entsprechend schlecht, warnt Brehm. Wobei das nur ein Teil des Bildes ist: Zumindest die aktuelle Geschäftslage werteten noch immer die meisten Unternehmer und Unternehmerinnen als stabil, nur die Sorgen vor den nächsten zwölf Monaten wachsen und wachsen. (Lesen Sie hier: Wie lange steigen die Zinsen noch? Das bringt eine Zinsbindung)
In einem Satz fasst IHK-Regionalgeschäftsführer Björn Athmer die Lage zusammen: „Die Ist-Situation ist gut, die Perspektive katastrophal.“ 805 Betriebe haben sich an der Umfrage in Kempten und dem Oberallgäu beteiligt. 41 Prozent erwarten eine Verschlechterung ihrer Situation binnen Jahresfrist, nur zehn Prozent eine Verbesserung. Einen dramatischen Einbruch macht IHK-Chef Brehm auch beim „Konjunkturindex“ aus. Diese Zahl macht die aktuelle Geschäftslage und künftige Erwartungen über Jahre vergleichbar. In der Industrie liege der Index auf dem Tiefststand der vergangenen zehn Jahre. Und schwabenweit über alle Branchen ist der Wert so niedrig wie nur im Frühjahr 2020, als der Kampf gegen Corona die Wirtschaft brutal ausbremste.
Heute sind die Krisen noch vielfältiger: Neben Nachwirkungen der Pandemie gibt es explodierende Energiepreise, Inflation, stockende Lieferketten und Fachkräftemangel. „Die größte Gefahr ist das Sammelsurium“, spricht IHK-Vizepräsident Robert Frank von einem gefährlichen Krisen-Cocktail. Zudem sinke die Inlandsnachfrage. Beispiel Tourismus: Laut Frank, er ist Hotelier in Oberstdorf, sind in der Region die Vorbuchungen für den Winterurlaub und den Sommer 2023 relativ schlecht. Das habe er in der Breite noch nie erlebt. Steigende Lohnkosten und Fachkräftemangel machten es nicht leichter. „Wenn weiter viele Mitarbeiter unsere Branche verlassen, hat die ganze Tourismusregion ein Problem.“ Eine gute Nachricht: Es gebe wieder mehr Auszubildende. (Lesen Sie auch: Warum ein Blackout im Allgäu zum Horrorszenario werden kann)
Was Not tut? Die regionale IHK-Spitze hat einen ganzen Katalog. Darin geht es etwa um den Abbau von Bürokratie, das Meistern der Energiekrise und die Fachkräfte-Sicherung auch durch erleichterte Zuwanderung. Viele Themen gehören in die Bundes- und Landespolitik, doch auch vor Ort gäbe es Handlungsbedarf. Frank fordert etwa ein besseres Zusammenspiel von Gastronomie und Handel sowie mehr Aktivitäten in den Orten. Aufgabe der örtlichen Politik müsse es sein, mehr zu erleichtern und weniger zu reglementieren. Auch das Potenzial, das die elektronische Bürger- und Gästekarte (Allgäu-Walser-Card) biete, sei bei Weitem nicht ausgeschöpft.
Bori Kössel, IHK–Vorstandsmitglied und Einzelhandelsvertreter aus Immenstadt, kritisiert die immer weiter steigenden Anforderungen bei der Organisation von verkaufsoffenen Sonn- und Feiertagen oder anderen Veranstaltungen. „Es macht keinen Spaß, was man etwa an Auflagen für einen Viehscheid bekommt.“ Kössel hält es für entscheidend, jetzt nach Corona mehr Leben in die Innenstädte zu bekommen. Neben schnellem Bürokratieabbau sei auch ein bezahlbares Parken nötig.
Die etwa in Kempten geplante „irrwitzige Parkpreis-Erhöhung“ gefalle dem Handel gar nicht, ergänzt Brehm. Dennoch sieht er den großen Handlungsbedarf in Berlin: „Die Politik muss schnell handeln. Es gehe ums Allgemeinwohl, die Menschen und ihre Arbeitsplätze.“
Und was können Unternehmer tun? Kössel rät, gemeinsam mit Beschäftigten Probleme zu analysieren und Lösungen zu suchen. Auf den Energiepreis habe zum Beispiel kein Händler Einfluss, wohl aber auf den Verbrauch in seinem Betrieb.