Großer Streik in Kempten

800 bis 1000 Streikende in Kempten? Gewerkschaft plant morgen eine große Demo

Zu einem großen Streiktag mit 800 bis 1000 Teilnehmenden ruft die Gewerkschaft Verdi in Kempten auf. Das wird am Montag auch zu Verkehrsbehinderungen führen.

Zu einem großen Streiktag mit 800 bis 1000 Teilnehmenden ruft die Gewerkschaft Verdi in Kempten auf. Das wird am Montag auch zu Verkehrsbehinderungen führen.

Bild: Matthias Becker (Archivbild)

Zu einem großen Streiktag mit 800 bis 1000 Teilnehmenden ruft die Gewerkschaft Verdi in Kempten auf. Das wird am Montag auch zu Verkehrsbehinderungen führen.

Bild: Matthias Becker (Archivbild)

Montag streiken in Kempten mit Verdi Beschäftigte von Kliniken, Kitas, Verwaltungen und der Papier verarbeitenden Industrie. Damit müssen Autofahrer rechnen.
19.03.2023 | Stand: 18:12 Uhr

„Jetzt alle zusammen“ - unter dem Motto plant die Gewerkschaft Verdi für Montag, 20. März, einen gemeinsamen Streiktag mehrerer Tarifbereiche. Erwartet wird die Teilnahme von 800 bis 1000 Streikenden aus dem gesamten Verdi-Bezirk Allgäu, der bis nach Weilheim-Schongau und Garmisch-Partenkirchen reicht. Es ist laut Werner Röll, Verdi-Chef im Allgäu, der größte Streik, den Verdi in Kempten organisiert hat. Während des Demonstrationszugs ist mit Behinderungen des Straßenverkehrs zu rechnen. (Lesen Sie hier: Was bedeuten die Klinikstreiks für Allgäuer Patienten?)

Aufgerufen zu dem ganztägigen Warnstreik sind Beschäftigte im Öffentlichen Dienst, der Papierverarbeitung und der Autobahn GmbH aufgerufen - also unter anderem auch Kommunalverwaltungen, Kliniken und kommunalen Kitas - eben "alles, was kreucht und fleucht im öffentlichen Dienst", sagt Röll. (Hier lesen Sie: Allgäuer Verdi-Chef Röll zu Zeiterfassung und Bußgeldern: „Wenn’s nichts kostet, bringt’s nichts“)

Das ist beim großen Streiktag in Kempten am Montag geplant

  • Los geht es um 10 Uhr in Kempten am Hildegardplatz. Bei dieser Kundgebung sprechen unter anderem Uschi Zwick, Gewerkschaftssekretärin für Gesundheitsdienst und Behindertenhilfe, Manuel Büttner, Gewerkschaftssekretär für Bund, Kommunen, Kindertagesstätten und Autobahn GmbH, Verdi-Bezirksgeschäftsführer Werner Röll und Bundestagsabgeordnete Susanne Ferschl (Die Linke).
  • Gegen 11.15 Uhr soll die der große Protestzug durch die Stadt in Bewegung setzen. Vom Hildegardplatz führt die Demonstration Richtung Kornhaus, dann über Salzstraße bis zum Hotel Peterhof. Danach geht es in die Beethovenstraße, den Freudenberg runter, über ein Stück Kronenstraße in Richtung St.-Mang-Platz, über den Rathausplatz in Richtung Freitreppe und durch die Fußgängerzone zurück Hildegardplatz.
  • Dort stehen anschließend weitere Reden an, bei denen Betroffene - also Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen - zu Wort kommen. (Das könnte Sie auch interessieren: Beschäftige einer Firma aus Kempten arbeiten nur noch vier Tage - bei vollem Gehalt)

"In den niedrigeren Entgeltgruppen reicht der Verdienst nicht mehr bis zur nächsten Überweisung"

„Nach Dutzenden kleinerer und größerer Aktionen und Warnstreiks wollen die Beschäftigten jetzt gemeinsam und tarifübergreifend ihrem Ärger Luft machen, dass ihre Arbeitgeber mit schlechten Angeboten reale Einkommensverluste für sie planen“, sagt der Allgäuer Verdi-Chef Werner Röll. Gewerkschaftssekretärin Uschi Zwick sieht im Gesundheitswesen die Belastungsgrenzen längst überschritten. "Wir fordern in dieser Runde nichts mehr als einen Inflationsausgleich, unsere Entlastungsvorschläge sind schon lange veröffentlicht.“

„In den niedrigeren Entgeltgruppen reicht der Verdienst nicht mehr bis zur nächsten Überweisung", sagt der für den Öffentlichen Dienst zuständige Gewerkschaftssekretär Manuel Büttner. Dazu kämen steigender Burnout und Erschöpfung, was besonders ausgeprägt in den sozialen Berufen sei. Derweil ärgert sich Stefan Milisterfer, Gewerkschaftssekretär für die papierverarbeitende Industrie, dass man in den Verhandlungen seit Wochen hingehalten werde. "Der Geduldsfaden reißt." Und Daniele Lupo, Gewerkschaftssekretär für die Ver- und Entsorgung, warnt: „Der Fachkräftemangel schlägt auch bei uns durch – konkurrenzfähig sind wir nur mit deutlich höheren Verdiensten.“

Darum geht es den Streikenden im öffentlichen Dienst

Die Forderung von Verdi in der Tarif- und Besoldungsrunde mit Bund und Kommunen 2023 lautet:

  • Steigerung der Tabellenentgelte um 10,5 Prozent, mindestens 500 Euro
  • 200 Euro mehr für Auszubildende, Studierende und Praktikanten/Praktikantinnen
  • Zwölf Monate Laufzeit des Tarifvertrags

Das bieten laut Verdi die kommunalen Arbeitgeber (VKA) und der Bund nach der zweiten Verhandlungsrunde (23. Februar 2023):

  • 3 Prozent Lohnerhöhung zum 1. Oktober 2023 und eine weitere lineare Erhöhung der Entgelte um 2 Prozent zum 1. Juni 2024
  • Zwei Zahlungen zum Inflationsausgleich: 1500 Euro im Mai 2023 und 1000 Euro im Januar 2024 (für Nachwuchskräfte sollen die Einmalzahlungen 750 Euro und 500 Euro betragen)
  • 27 Monate Laufzeit

Verdi kritisiert, dass eine dauerhaft wirksame soziale Komponente fehle und die Laufzeit von 27 Monaten völlig überzogen sei. "Das Gesamtvolumen ist völlig unzureichend." Dieses Arbeitgeberangebot führe zu einem massiven Reallohnverlust für die Beschäftigten.

Und statt über "dringend benötigte Verbesserungen" für alle Beschäftigten zu sprechen, hätten die Arbeitgeber sich einzelne Berufsgruppen herausgepickt, denen sie in die Tasche greifen wollen.Die Arbeitgeber forderten von den Beschäftigten der Sparkassen, Krankenhäuser und Versorgungsbetriebe Sonderopfer.

Darum geht es in der Tarifrunde Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitende Industrie

Verdi fordert für die rund 100.000 Beschäftigten in der Papierverarbeitung:
  • 10,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt
  • Auszubildende sollen einen Festbetrag in Höhe von 150 Euro monatlich mehr erhalten

Die Arbeitgeberseite hat laut Verdi folgendes Angebot unterbreitet:

  • 2000 Euro Inflationsausgleichsprämie für 2023, Auszahlung bis 30. Juni 2023
  • 1000 Euro Inflationsausgleichsprämie für 2024
  • Ausnahmen für nicht näher definierte Härtefälle
  • Lohnerhöhung um 4,1 Prozent zum 1. Oktober 2023
  • Laufzeit bis 30. April 2025

Die dritte Verhandlungsrunde für die Beschäftigten der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie (PPKV) am 7. März 2023 brachte demnach erneut keinen Durchbruch im Tarifkonflikt. Ein verbessertes Angebot hätten die Arbeitgeber nicht vorgelegt, sondern die Verdi-Forderung erneut zurückgewiesen. Zudem bestreite der Hauptverband Papier- und Kunststoffverarbeitung (HPV) eine dauerhafte Wirkung der hohen Inflation.

Darum geht es bei der Autobahn GmbH

Beim geforderten Tarifvertrag Digitalisierung ist die Verdi-Tarifkommission laut Mitteilung enttäuscht von der ersten Verhandlungsrunde. Dort heißt es: Die Digitalisierung bei der Autobahn schreitet voran. Dadurch entständen täglich Veränderungen in den Arbeitsabläufen, was immer auch Veränderung von Aufgabenzuschnitten bedeute - und damit möglicherweise in der Eingruppierung. Die Gewerkschaft will einen Tarifvertrag erreichen, der die Beschäftigten für alle Veränderungen absichert. Denn keiner wisse heute, wie die Digitalisierung weitergeht.

Bei den Tarifverhandlungen werden hier unter anderem gefordert:

  • Regelungen zum mobilen Arbeiten
  • Kostenpauschale und Mobilitätshilfen/Kilometergeld bei mobilem Arbeiten
  • Recht auf Nichterreichbarkeit
  • Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen in Verbindung mit der Digitalisierung
  • umfassender Fortbildungsanspruch.

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Zahlen, Daten und Infos: Das ist Kempten im Allgäu