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Memmingen: ACM baut Innenausstattungen für Flugzeuge und Hubschrauber

Memmingen

Firma ACM hat sogar schon auf Angela Merkels Flügen für mehr Komfort gesorgt

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    Javid Abbasi von der Memminger Firma ACM bei der Produktion eines Flugzeug-Sitzes.
    Javid Abbasi von der Memminger Firma ACM bei der Produktion eines Flugzeug-Sitzes. Foto: Martina Diemand

    In einem Flugzeug darf in einigen tausend Metern Höhe nichts schief gehen – beim Menschen, aber auch beim Material. Mit beidem beschäftigt sich eine Memminger Firma: ACM entwickelt und baut Innenausstattungen für Flugzeuge sowie Hubschrauber. Entsprechend stehen die Buchstaben für Aircraft Cabin Modification (Flugzeug-Kabinen Anpassung).

    Auch für Angela Merkel hat die Firma gearbeitet. Die damalige Kanzlerin war aber keine direkte Kundin, erzählt Geschäftsführer Roger Hohl. Auftraggeber war vor einigen Jahren die Bundespolizei – um die Politikerin auf Kurzstrecken von einem Ort zum anderen zu bringen.

    Blickdichte Vorhänge für den Hubschrauber von Angela Merkel

    Darum wurde der Hubschrauber des Typs Super Puma von Airbus Helicopters seinerzeit zum Allgäu Airport geflogen. Er bekam neue Teppiche, atmungsaktive Bezüge und verbesserte Schäume für mehr Sitzkomfort sowie spezielle blickdichte Vorhänge. ACM stellte die Komponenten bereit, eingebaut wurden sie von der Bundespolizei. Wenn die Kanzlerin den Hubschrauber nicht brauchte, wurde er für Mannschaftstransporte eingesetzt. Dafür stellte das Memminger Unternehmen eine zweite, austauschbare Inneneinrichtung her.

    Die Bundesregierung gehört zwar nicht zu den ACM-Kunden, aber einige Regierungen außerhalb Europas, sagt Hohl. Namen dürfe er nicht nennen – da sei Vertraulichkeit vereinbart. Zu den Kunden gehören auch Eigentümer von Privatjets: „Da soll dann auch schon mal ein Doppelbett oder ein Steinfußboden ins Flugzeug eingebaut werden oder eine Dusche in den Heli“, erzählt Hohl. Wenn es um eine Luxusausstattung gehe, spiele Geld für so manchen Auftraggeber keine Rolle.

    Bernardina Pimpl näht Slider für Vorhänge bei der Firma ACM in Memmingen.
    Bernardina Pimpl näht Slider für Vorhänge bei der Firma ACM in Memmingen. Foto: Martina Diemand

    ACM beschäftigt 100 Mitarbeiter in Memmingen

    Bei ACM entsteht nach wie vor das meiste in Handarbeit, zum Einsatz kommen beispielsweise Nähmaschinen. Entsprechend sind etwa 100 der insgesamt 130 Mitarbeiter in der Produktion in Memmingen beschäftigt. „Weil Polsterer und Sattler schwierig zu finden sind, bilden wir selbst aus. Derzeit haben wir zehn Lehrlinge“, sagt Hohl.

    Da Corona den Flugbetrieb größtenteils zum Erliegen gebracht hatte und Umsatzeinbrüche drohten, suchte sich ACM neue Geschäftsfelder. Direkt nach Beginn der Pandemie stellte das Unternehmen im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums Schutzkleidung her. Der Vertrag sei aber inzwischen ausgelaufen.

    „Wir spüren immer noch die Auswirkungen der Pandemie“, sagt Hohl. Auch wenn der Flugbetrieb wieder weitgehend normal laufe, hielten sich gerade die großen Airlines mit Aufträgen im Flugzeugbau noch zurück. Der Geschäftsführer hofft auf eine Verbesserung ab dem kommenden Jahr: „Bis dahin müssen wir durchhalten und uns weitere Standbeine suchen.“

    Derzeit entwickele man den leichtesten Gurt der Welt und spezielle Netze zum Sichern von Gütern in Frachtflugzeugen. Neu im Angebot hat die Memminger Firma bereits Frachtcontainer für Flugzeuge. „Die sind wegen der Pandemie immer noch Mangelware.“ 18 verschiedene Maße bietet ACM an – Auftraggeber für die Serienproduktion ist die Tochterfirma einer deutschen Fluglinie.

    (Lesen Sie auch: Diese 15 Allgäuer Firmen sind echte Global Player)

    Zukunftsprojekte: Eine Gurt-Kontroll-App oder ein Cockpitsitz mit eingebautem EKG

    Den Hauptumsatz – im vergangenen Jahr lag er bei zehn Millionen Euro – erwirtschaftet ACM aber weiterhin mit der Innenausstattung. Da werden neue Sitze gebaut, aber auch alte erneuert. „So ein Passagiersitz hat eine Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren“, sagt Hohl. Das Memminger Unternehmen tüftelt auch an ungewöhnlichen Innovationen. Da ist beispielsweise eine App, mit der die Crew eines Linienflugzeugs kontrollieren kann, ob alle Passagiere bei plötzlich auftretenden Turbulenzen angeschnallt sind. Den dazu nötigen Sitzgurt hat ACM auch entwickelt.

    Eine Eigenkreation in Kooperation mit einem Flugzeugbauer ist ein Cockpitsitz mit eingebautem EKG, der die sogenannten Vitalwerte der Piloten durch die Uniform misst – und so frühzeitig erkennt, wenn gesundheitliche Probleme auftreten. „Das ist wichtig, wenn es nur einen Piloten gibt“, sagt Hohl. Eine siebenstellige Summe investiert ACM in das Projekt, das in den nächsten drei Jahren in den Testbetrieb gehen soll.

    Obwohl Flugzeuge als klimaschädlich gelten, glaubt ACM-Chef Hohl an deren Zukunft. „Ohne sie wird es nicht gehen, wenn man Menschen und Fracht in hoher Geschwindigkeit transportieren will.“ Allerdings werde die Technik umweltfreundlicher. Gute und sichere Innenausstattung werde weiterhin gebraucht.

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