Frank Grabowski hatte die Idee zur vielleicht kleinsten Kunsthalle der Welt, die jetzt in Mindelheim steht.
Bild: Johann Stoll
Frank Grabowski hatte die Idee zur vielleicht kleinsten Kunsthalle der Welt, die jetzt in Mindelheim steht.
Bild: Johann Stoll
Sie ist ja selbst ein kleines Kunstwerk, die rote englische Telefonzelle mit der Krone der Windsors über der schmalen Tür. Seit jedoch nahezu jeder ein Handy in der Tasche hat, mochte kaum noch einer in dem Häuschen telefonieren. Was tun mit dem Hingucker in der Maximilianstraße, den die Partnerstadt East Grinstead einst den Mindelheimern geschenkt hat? Die kunstsinnigen Macher der Kulturfabrik auf der Insel haben sich als erste der Sache angenommen. Sie fragten die Mindelheimer, wie die Telefonzelle künftig genutzt werden kann. Eine Idee stammte von dem Künstler und langjährigen Vorsitzenden des hiesigen Kunstvereins, Frank Grabowski.
Er schlug vor, daraus die vielleicht kleinste Kunstgalerie der Welt zu machen. Andere Ideen waren, das Telefonhäuschen zum Bücherschrank umzufunktionieren oder Prospekte der Partnerstädte auszulegen. Es siegte die Kunst.
Seit gut einem Jahr zeigen heimische Künstler mitten in der Mindelheimer Altstadt ihre Werke. Grabowski kümmert sich ehrenamtlich um diese „Art in the box“, die „Kunst in der Kiste“. Der städtische Bauhof hat LED-Leuchten angebracht, womit die Telefonzelle besonders in den Abendstunden gut zur Geltung kommt. Ein Schloss wurde eingebaut, damit die Werke nicht beschädigt oder gestohlen werden. Bisher hat das gut funktioniert, sagt Grabowski.
Zwei Schlüssel gibt es zu dieser kleinen, aber feinen Kunstgalerie. Einen bekommt der Künstler, einen verwahrt Grabowski selbst. Das Publikum blickt durch die Scheiben ins Innere. Jeden Monat kann ein anderer Künstler auf kleinstem Raum einen Ausschnitt seiner Arbeiten zeigen. Den Anfang machte Grabowski selbst, gefolgt von der Kammlacherin Vera Miller, dem Mindelheimer Charlie Zick, dem Fotografen Bernd Feil und Petra Kollmannsberger aus Bad Wörishofen, Wolfgang Gerle, Sophie Fiener Bui Fässler und Mona Dering in der Jukebox Gruppenausstellung, Cartoons von „Mutter Maura“, Julia Konietzko und kürzlich Vinzent Göhlich aus Landsberg.
Grabowski hat sich den Anfang leichter vorgestellt. „Wir hatten Startschwierigkeiten“, sagt der 63-Jährige. Inzwischen hat sich das Konzept bei den heimischen Kunstschaffenden herumgesprochen. Bis in den Sommer des kommenden Jahres hinein ist der Ausstellungsraum ausgebucht.
Es gab viel Lob. Und auch die Künstler waren zufrieden, weil sie wahrgenommen wurden. Einige haben auch gut verkauft, sagt Grabowski. Aber es gab auch Kritik. Als seine Tochter Mona Dering Kindermoden in der Zelle präsentierte, fanden das nicht alle richtig.
Grabowski nimmt das sportlich. Das zeige ihm, dass die Ausstellungen wirklich wahrgenommen werden. Aber er hatte größere Pläne. Die Künstler aus den Partnerstädten wollte er für die kleine Galerie begeistern. Bisher zündete der Funke aber noch nicht. Ein bisschen hatte das auch mit ihm selbst zu tun. Frank Grabowski hatte gesundheitliche Probleme: eine Depression. Heute weiß er, dass er sich über viele Jahre hinweg zu viel zugemutet hat. Grabowski hat zu Beginn seiner beruflichen Karriere für eine Werbeagentur in Oberhausen im Ruhrgebiet gearbeitet. 1998 zog er nach Mindelheim, um für seinen Arbeitgeber den süddeutschen Raum zu beackern. Seit 2010 ist er Einzelkämpfer, wie er sagt. Weil er vor allem Werbung für die Modebranche entwarf, traf ihn der Lockdown in der Coronakrise besonders.
Heute geht es ihm wieder gut. Geholfen haben ihm nicht nur Psychologen und Mediziner. Auch seine Begeisterung für Rockbands habe ihm gutgetan. In diesem Jahr ist daraus ein ganz besonderes Projekt geworden. Für die Berliner Band „Wired Ways“ hat Grabowski das Platten- und CD-Cover gestaltet. Da geht es um Straßen und Verkehr. Grabowski hat für jeden Song ein eigenes Bild gemalt.
Auch das Cover der Benefiz-CD „Louder than bombs“, zu dem heuer auch sein Londoner Freund Steve Hackett einen Song beigesteuert hat, ist von Grabowski. Der Erlös dieses Projekts ging an ukrainische Kinder, die besonders unter dem Krieg leiden.
Im Alter von 40 Jahren hat Frank Grabowski schon einmal einen harten Einschnitt verkraften müssen. Er verlor damals seinen Job. Sein Haus, das er gebaut hatte, war nicht mehr zu halten. Bei Null musste er wieder anfangen.
Heute weiß er: Das macht einen nur stärker. Denn nach einem Tief kommt immer auch wieder ein Hoch. 2023 geht Frank Grabowski in den Ruhestand. Die kleine Kunsthalle in der englischen Telefonzelle will er weiter beleben. Und auch seine Leidenschaft für die Rockmusik wird ihn zu eigenen Kunstwerken inspirieren.