Zehn Jahre nach Fukushima: Memminger Hilfe für japanische Tsunami-Opfer
Ein Schutzwall sichert die japanische Küstenregion, an der vor zehn Jahren ein Tsunami für Zerstörungen sorgte.
Bild: Peter Huber
Ein Schutzwall sichert die japanische Küstenregion, an der vor zehn Jahren ein Tsunami für Zerstörungen sorgte.
Bild: Peter Huber
Der Serviceclub „Round Table“ lud 20 schwer traumatisierte Kinder und Jugendliche ein. Auch zehn Jahre nach der Katastrophe haben die Teilnehmer Kontakt.
Nach dem Beben kam die Welle: Zehn Jahre liegt die Katastrophe aus Erdbeben, Tsunami und dem nuklearen Super-GAU in Japan zurück. Peter Huber vom Serviceclub Round Table 34 Memmingen erinnert sich dabei nicht nur an die schrecklichen Bilder der Zerstörung, sondern auch an ein ganz besonderes Hilfsprojekt für Kinder und Jugendliche, das Memmingen mit Japan immer noch verbindet.
Der Serviceclub lud dazu 20 schwer traumatisierte junge Menschen zwischen 12 und 18 Jahren nach Memmingen ein, um ihnen wieder neuen Mut und Hoffnung zu geben. „Als wir die Bilder von der Zerstörung des 500 Kilometer langen Küstenstreifens sahen, war uns klar, dass wir helfen müssen“, sagt Peter Huber zu Anfang des selbstgedrehten Films auf „YouTube“. Mit diesem dokumentierte der Serviceclub das 14-tägige Programm des Besuchs der japanischen Gäste. „Es war ein Projekt, dessen Durchführbarkeit und Erfolg sich keiner vorstellen konnte“, sagt Huber heute.
Zehn Jahre nach Fukushima: Memminger Hilfe für japanische Tsunami-Opfer
Direkt nach der Katastrophe am 11.März 2011 sammelte der „Round Table Deutschland“ Geld, um betroffene Bewohner zu unterstützen, die ihre Lebensgrundlage verloren hatten. Nach zweijähriger Vorarbeit, Organisation und Planung gelang es geeignete Partner aus Schulen und Universitäten zu finden, welche junge Menschen für die Reise nach Europa auswählten.
Peter Huber und Phillip Neumann reisten dazu selbst in die Krisenregion, um sich vor Ort ein Bild zu machen, das sich tief in ihr Gedächtnis eingebrannt hat. „Bei unserem ersten Besuch im Oktober 2012 erzählte uns eine Schülerin eine Geschichte, in der das japanische Wort Kizuna vorkam, was übersetzt ’von Mensch zu Mensch’ bedeutet. Darauf haben wir uns entschieden, das Projekt Kizuna zu nennen“, erklärt Huber.
In Memmingen hatten die Mitglieder des Serviceclubs für die Teilnehmer ein Programm zusammengestellt, das touristische Highlights und Exkursionen mit Infos aus dem Wirtschaftsleben verband. „Teilnehmerin Atsumi Oikawa zum Beispiel fasste nach dem Besuch des Memminger Klinikums den Beschluss, Krankenschwester zu werden, was heute ihr Beruf ist“, erzählt Huber. Die meisten der jungen Erwachsenen leben heute nicht mehr in ihren Heimatorten, da dort die Chancen auf Arbeit nicht gut sind oder sie in größeren Städten studieren. (Lesen Sie auch: Japan will gefiltertes Kühlwasser aus Atomruine ins Meer ableiten)
Auch zehn Jahre nach der Katastrophe haben die Teilnehmer Kontakt
Seit dem Besuch der Jugendlichen ist der Kontakt nie ganz abgerissen, auch weil die Teilnehmer bei verschiedenen Familien der Round Table-Mitglieder lebten. Daraus ist ein sehr individueller und persönlicher Kontakt entstanden, der überwiegend über Social Media-Kanäle gehalten werden konnte. „Es gab auch einen Austausch im Nachgang mit Deutschland, wo teilweise Praktika stattfanden und seit eineinhalb Jahren gibt es auch schon den ersten Nachwuchs aus der Gruppe“, weiß Huber. Drei weitere Male besuchte er die Küstenorte Otsuchi, Kamaishi, Ofunto und Rikuzentakata im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit. „Bei meinen Besuchen muss ich immer Gefro-Suppe mitbringen, die wird dort verehrt“, sagt Huber.
Bis heute sieht man die Narben der Natur – wie auch die Baustellen. Der Wiederaufbau gehe zwar voran, werde aufgrund der Wucht der Zerstörung aber noch viele weitere Jahre dauern. Zudem herrsche in den Regionen eine hohe Überalterung.
Ein Tsunami sorgte vor zehn Jahren an der japanischen Küste für Zerstörungen.
Bild: Peter Huber
Der Serviceclub „Round Table“ lud 20 schwer traumatisierte Kinder und Jugendliche ein
Auch die persönlichen Wunden sind noch nicht verheilt. Gerade bei Erdbebenwarnungen, die in Japan keine Seltenheit sind, kommt die Angst wieder hoch. Dabei fällt Peter Huber Masato ein, der damals als 13-Jähriger nach Memmingen kam. Er war sehr verschlossen, hatte nie gelacht und kaum noch gesprochen. Sein Haus war von den riesigen Wellen des Tsunami weggespült worden, sein Hund ertrank in den Fluten und seine Violine ging in den Trümmern verloren. Zum ersten Mal nach der Katastrophe griff der Junge beim damaligen Kizuna-Osterfest auf Gut Westerhart wieder zur Geige und berührte so die Herzen der Anwesenden.
„Das Projekt hat die Mitglieder von Round Table und alle, die behilflich waren, auf eine besondere Art zusammengeschweißt und emotional belohnt. Dass der Kontakt zu den Teilnehmern nach den langen Jahren noch so lebendig ist, bestätigt alles“, sagt Peter Huber.
Bilderstrecke
Zehn Jahre nach dem Atomunglück von Fukushima
Ein Satellitenfoto zeigt das Atomkraftwerk in Fukushima wenige Sekunden nach der Explosion eines Reaktors. Ein Erdbeben und ein Tsunami, der die japanische Küste am 11. März 2011 erreicht, lösten die Atomkatastrophe in Kernkraftwerk Fukushima Daiichi aus.
Ein Satellitenfoto zeigt das Atomkraftwerk in Fukushima wenige Sekunden nach der Explosion eines Reaktors. Ein Erdbeben und ein Tsunami, der die japanische Küste am 11. März 2011 erreicht, lösten die Atomkatastrophe in Kernkraftwerk Fukushima Daiichi aus.
Am 11. März 2011 um 14.46 Uhr (Ortszeit) erschüttert ein schweres Erdbeben der Stärke neun vor der Küste die Region im Nordosten Japans. Fast eine Stunde später trifft ein gewaltiger Tsunami das Land. Tausende Menschen verlieren ihr Zuhause, rund 19.000 sterben, 2.500 gelten noch heute als verm...
Am 11. März 2011 um 14.46 Uhr (Ortszeit) erschüttert ein schweres Erdbeben der Stärke neun vor der Küste die Region im Nordosten Japans. Fast eine Stunde später trifft ein gewaltiger Tsunami das Land. Tausende Menschen verlieren ihr Zuhause, rund 19.000 sterben, 2.500 gelten noch heute als verm...
Nicht nur im Gebiet um das zerstörte Atomkraftwerk in Fukushima ist leben nicht mehr möglich, auch andere Regionen werden durch den Tsunami und das Erdbeben vollständig zerstört. Wie hier die japanische Stadt Kisenuma.
Bild: Str, dpa (Archivbild)
Nicht nur im Gebiet um das zerstörte Atomkraftwerk in Fukushima ist leben nicht mehr möglich, auch andere Regionen werden durch den Tsunami und das Erdbeben vollständig zerstört. Wie hier die japanische Stadt Kisenuma.
Bild: Str, dpa (Archivbild)
Rauch steigt am 11. März 2011 über dem japanischen Kernkraftwerk Fukushima Daiichi auf. Reaktorblock I und III explodieren bei dem Unglück. In ihnen löst sich eine Kernschmelze aus. Noch am Tag der Atomkatastrophe verlassen rund 150.000 Menschen ihr Zuhause in dem Gebiet. Viele von ihnen könne...
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Nach der von Tsunami und Erdbeben ausgelösten Atomkatastrophe durchsuchen Polizisten in Schutzanzügen das Gebiet um das Kernkraftwerk. Die Rettungskräfte suchen nach Überlebenden. Menschen, Böden, Luft und Nahrungsmittel - alles was nach dem Unglück noch übrig ist, ist durch die radioaktiven...
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Menschen verlassen am 14. März 2011 das Gebiet um Fukushima. Zuvor werden sie von Rettungskräften auf radioaktive Strahlung untersucht. Zu ihrem eigenen Schutz müssen die Bewohner des Gebietes Fukushima ihr gesamtes Hab und Gut zurücklassen. Auch Tiere zählen dazu. Für viele Menschen hat die A...
Bild: Asahi Shimbun, dpa (Archivbild)
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Bild: Asahi Shimbun, dpa (Archivbild)
Bereits im Dezember 2011 erklärt die japanische Regierung Atomkraftwerk Fukushima Daiichi wieder für sicher. So wird unter anderem schwach verstrahltes Wasser ins Meer abgeleitet. Umweltschützer und Politiker weltweit
Bereits im Dezember 2011 erklärt die japanische Regierung Atomkraftwerk Fukushima Daiichi wieder für sicher. So wird unter anderem schwach verstrahltes Wasser ins Meer abgeleitet. Umweltschützer und Politiker weltweit
2017 wird ein Teil des Gebiets für Aufräumarbeiten freigegeben. In Schutzkleidung suchen Polizeibeamte dabei über mehrere Jahre nach Opfern der Katastrophe, wie hier im März 2019. Viele Menschen gelten auch Jahre später noch immer als verschollen.
Bild: dpa (Archivbild)
2017 wird ein Teil des Gebiets für Aufräumarbeiten freigegeben. In Schutzkleidung suchen Polizeibeamte dabei über mehrere Jahre nach Opfern der Katastrophe, wie hier im März 2019. Viele Menschen gelten auch Jahre später noch immer als verschollen.
Bild: dpa (Archivbild)
Nach und nach werden Teile der Sperrzone von der Regierung aufgehoben. Zuletzt die Region um die Stadt Futaba im März 2020. Auch sie wurde nach der Atomkatastrophe von Fukushima evakuiert. Unkraut überwucherte in der Zeit der Sperrung den Spielplatz einer ehemaligen Schule.
Bild: Hiro Komae, dpa (Archivbild)
Nach und nach werden Teile der Sperrzone von der Regierung aufgehoben. Zuletzt die Region um die Stadt Futaba im März 2020. Auch sie wurde nach der Atomkatastrophe von Fukushima evakuiert. Unkraut überwucherte in der Zeit der Sperrung den Spielplatz einer ehemaligen Schule.
Bild: Hiro Komae, dpa (Archivbild)
Weltweit trieb die Atomkatastrophe von Fukushima die Pläne für einen Ausstieg aus der Atomkraft voran. Auch Deutschland beschloss damals einen Atom-Ausstieg "in den 2030er-Jahren." 10 Jahre nach dem Unglück sind noch immer viele Kernkraftw...
Bild: Christophe Gateau, dpa
Weltweit trieb die Atomkatastrophe von Fukushima die Pläne für einen Ausstieg aus der Atomkraft voran. Auch Deutschland beschloss damals einen Atom-Ausstieg "in den 2030er-Jahren." 10 Jahre nach dem Unglück sind noch immer viele Kernkraftw...
Bild: Christophe Gateau, dpa
Immer wieder kommt es in den vergangenen Jahren zu Erdbeben im Nordosten Japans. Nach der Katastrophe von Fukushima bereiten sich die Bewohner mit regelmäßigen Übungen auf Tsunamis und Erdbeben vor, wie hier in einer Grundschule in dem ...
Bild: kyodo, dpa (Archivbild)
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Bild: kyodo, dpa (Archivbild)
Gedenkveranstaltungen weltweit erinnern an die Opfer der Natur- und Atomkatastrophe in Japan. Tausende Kerzen wurden zum zehnten Jahrestag des Unglücks in der Nähe des Kernkraftwerks Fukushima Daiichi angezündet.
Bild: kyodo, dpa
Gedenkveranstaltungen weltweit erinnern an die Opfer der Natur- und Atomkatastrophe in Japan. Tausende Kerzen wurden zum zehnten Jahrestag des Unglücks in der Nähe des Kernkraftwerks Fukushima Daiichi angezündet.