Statt vor Publikum predigt Bruder Jakob, alias Alexander Hagspiel, digital.
Bild: Elias Hagspiel
Statt vor Publikum predigt Bruder Jakob, alias Alexander Hagspiel, digital.
Bild: Elias Hagspiel
Aus dem Kloster Weißtanne in Ellhofen sind schon viele starke Sprüche ins Westallgäu ausgestrahlt. Bruder Jakob, alias Alexander Hagspiel, legt bei der Fastenpredigt regelmäßig seine Finger schonungslos in offene, kommunalpolitische Wunden und schreckt auch nicht davor zurück, Bürgermeistern und Gemeinderäten zu erklären, wie sie ihren Job zu machen hätten. Normalerweise tut er das zu Beginn der Fastenzeit im voll besetzten Dorfgemeinschaftshaus. Heuer allerdings bleibt der Saal leer, denn die Pandemie lässt Massenveranstaltungen nicht zu.
Dennoch dürfen sich die politischen Mandatsträger im Westallgäu nicht in Sicherheit wiegen. „Das Wort ‘Homeklostering´ hat sich zwar im Sprachgebrauch nicht durchgesetzt, aber wir werden den Leuten eine Fastenpredigt direkt ins heimische Wohnzimmer liefern“, verspricht Fastenprediger Bruder Jakob. Er wird auch heuer wieder kabarettistisch Rumzündeln und Feuer an diverse Lunten der Westallgäuer Politszene legen – und zwar digital über seinen YouTube-Kanal.
Er und sein Co-Autor Hubert Satzger hätten trotz Corona etliche Missstände in den Rathäusern und auch im Landratsamt entdeckt, sagt Hagspiel. Deswegen werde es locker gelingen, die üblichen gut 30 Minuten des Derbleckens zusammenzutragen. Hagspiel: „Die Fastenpredigt geht genau an dem Tag und zu der Uhrzeit über die Bühne, an dem das Kloster Weißtanne normalerweise seine Pforten für Besucher geöffnet hätte. Nur dass eben im digitalen Format gepredigt wird.“ Wovon Bruder Jakob allerdings dringend abrät, ist, im heimischen Wohnzimmer auf digitale Getränke umzusteigen: „Das extra eingebraute Doppelmärzen der Post-Brauerei schmeckt auch daheim und nicht nur live im Kloster.“ Und schließlich gäbe es ja den großen Vorteil, dass die Heimfahrt nach dem Biergenuss wegfalle und somit promillemäßig deutlich ungefährlicher sei, witzelt Hagspiel. (Lesen Sie auch: Buchloer Pfarrer zur Fastenzeit: Zuversicht ist wichtiger als Verzicht)
Das digitale Format will Alexander Hagspiel dazu nutzen, Werbung für die Schönheit seiner Westallgäuer Heimat zu machen: „Wir setzen in unserem Video den Skulpturenweg in Maierhöfen in Szene, den Kneipp-Rundwanderweg in Scheidegg, die Hausbachklamm in Weiler und werben für die Landesgartenschau.“ Bei der Predigt werde es aber keine Verunglimpfungen von einzelnen Personen geben: „Wir wissen um die Gefahr des Internets, was Beleidigungen betrifft. Natürlich ist es für die Zuschauer von Vorteil, wenn man sich in der Lokalpolitik des oberen Landkreises ein wenig auskennt und fleißig die Westallgäuer Zeitung gelesen hat.“
Dass er seinen Auftritt auch ohne Live-Publikum witzig rüberbringen wird, daran lässt Hagspiel keinen Zweifel: „Es wird bissig, es gibt verschiedene Blickwinkel und Zahlen werden eine Rolle spielen. Aber trotzdem: Der direkte Kontakt zum Publikum und seinen Reaktionen wird enorm fehlen.“ Dass eine Komplettabsage der Veranstaltung im Raum stand, verneint Hagspiel: „Im vergangenen Jahr ist soviel ausgefallen, soviele Feste haben den Menschen gefehlt, soviele Kontakte haben nicht stattgefunden – da wollten wir vom Kloster Weißtanne ein Zeichen setzen. Immerhin waren wir mit unserem Starkbierfest die letzte große Veranstaltung im Jahr 2020 und wollen jetzt, im Jahr 2021, die erste sein, die wieder Hoffnung macht.“
Fastenpredigt: Die digitale Fastenpredigt wird am Samstag, 27. Februar, ab 20 Uhr auf der Plattform YouTube online gehen.
Lesen Sie auch: Ralf Gührer im Interview: Herr Dekan, ist Beichten noch zeitgemäß?