Haben Sie es mitbekommen? Der Stadtrat in Lindenberg ist jetzt so weiblich wie nie zuvor. Sieben Frauen gehören dem 24-köpfigen Gremium (ohne Bürgermeister) an. Die Frauenquote liegt also bei knapp 30 Prozent. Und damit höher als direkt nach der Kommunalwahl 2020. Denn damals sind nur sechs Frauen ins Parlament gewählt worden: Hanni Windhaber, Melanie Brinz, Tanja Sigg, Anne-Carolin Huber, Jutta Frach und Theresa Wagner. Letztere hat ihr Mandat schon wieder abgegeben. Dafür sind Nicole Keck und jüngst Nancy Lau-Jonas nachgerückt.
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Ein Frauenanteil von knapp einem Drittel klingt prinzipiell nicht schlecht. Immerhin liegt Lindenberg im Landkreis Lindau über dem Schnitt. In den 19 Städten und Gemeinden gibt es insgesamt 294 Ratssitze – und 73 Frauen sind vertreten. Das entspricht einem Anteil von knapp unter 25 Prozent.
Man muss jetzt kein Mathematiker sein, um zu sehen: Frauen sind in den kommunalpolitischen Gremium deutlich unterrepräsentiert. Diese sollten im Idealfall ein Abbild der Gesellschaft sein. Das sind sie nur in eigentlich allen Fällen leider nicht. Von den knapp 83.000 Einwohnern im Landkreis Lindau sind mehr weiblich als männlich – nämlich in etwa rund 43.000.
Exakt ein einziges Gremium im Landkreis Lindau bildet dieses Verhältnis auch tatsächlich ab: In Röthenbach sind sieben Frauen und fünf Männer vertreten. Den Gegenpol bildet Hergatz mit zwei Frauen und zwölf Männern.
Nicht nur dort, sondern in allen Gemeinden sollte und muss es für die nächste Kommunalwahl deshalb das klare Bestreben der Parteien sein: nicht nur jünger werden, sondern auch weiblicher. Mehr Frauen in die Kommunalpolitik!
Seien wir doch mal ehrlich: Von vielen Themen, die wirklich wichtig sind, haben Frauen schlicht mehr Ahnung als Männer – oder zumindest ein besseres Einfühlungsvermögen. Entscheidend für diese Welt sind nicht die Einhaltung von Firsthöhen oder der Durchmesser von Breitbandkabelrohren – sondern dass Kindertagesstätten so ausgestattet sind, dass Eltern das Betreuungsangebot mit ihren Arbeitszeiten vereinbaren können. Und auch im Jahr 2022 betrifft das immer noch vor allem Frauen.
Gerade (junge) Mütter sind Alltagsmanagerinnen auf allen Ebenen: Kita, Arztbesuche, Nahversorgung, Freizeitangebote – sie bekommen in allen Bereichen mit, wo im Ort etwas fehlt. Dieses praktische Wissen sollte sich viel stärker in den Räten niederschlagen.
Deshalb an dieser Stelle auch der Appell: Liebe Frauen, traut euch auch, diesen Schritt zu gehen! Lasst euch aufstellen, geht in die Politik – und bestimmt die nächsten sechs Jahre mit! Natürlich ist so ein Ehrenamt zeitraubend. Eine Stadträtin zum Beispiel kommt pro Jahr auf etwa 25 bis 30 Stunden bei öffentlichen Sitzungen – plus die nicht-öffentlichen Teile, die sicherlich nochmals 30 bis 40 Stunden verschlingen, Ausschüsse und Fraktionssitzungen. Doch die Möglichkeit, die Geschicke vor der Haustür und somit die eigene Zukunft mitzubestimmen, sollte dies wert sein.
Vielleicht gibt es 2026 ja sogar eine Bürgermeister-Kandidatin? Im Westallgäu war das zuletzt 2002 in Weiler-Simmerberg, Hergensweiler und Hergatz der Fall. Vor 20 Jahren. Definitiv viel zu lange her.
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