Es gibt Fälle, da wirkt Mundpropaganda bestens: Längere Zeit waren die Mindel Harmonists – fünf Herren zwischen 70 und 55 sowie eine souverän am E-Piano begleitete Dame, die sich seit mehr als zwei Jahrzehnten der Musik der legendären Comedian Harmonists verschrieben haben – in Buchloe nicht mehr zu hören. Aber an der Gennach haben sie offenbar eine verschworene Fan-Gemeinde. Denn obwohl ihr Konzert in Buchloe nur zurückhaltend beworben worden war und es an diesem Tag veritable kulturelle Konkurrenz gab, war der Saal des Kolpinghauses fast ausverkauft.
Die Mindel Harmonistes singen präzise, lust- und humorvoll
Und das Publikum kam voll auf seine Kosten. Die Mindel Harmonists pflegen schließlich mit nahezu professioneller Perfektion den charakteristischen Gesangsstil des großen Vorbilds, artikulieren extrem präzise und gestalten lust- und humorvoll sowie bisweilen halbszenisch und mit kleinen, markanten Requisiten ihre Stücke. Das wird selbst das Umziehen auf offener Bühne zum „Spanier“ oder Landwirt zum Lacher. Einer der Sänger fasste es gegen Ende des Konzerts so zusammen: „Die Jungs machen nur Blödsinn.“
Natürlich sind die Stimmen der Mitwirkenden nicht jünger geworden
Dass ihnen das auch nach mehr als 20 Jahren immer noch ausgesprochen Spaß macht, kam in den Songs der Comedian Harmonists, aber auch aus deren Umfeld - Max Rabes „Kein Schwein ruft mich an“ mit einem Brausekopf als Telefonhörer stand beispielsweise auf dem Programm – absolut authentisch über die Rampe. Aber natürlich sind die Stimmen nicht jünger geworden. Manches, vor allem A-cappella-Liedanfänge, geriet mitunter intonatorisch nicht ganz perfekt. Doch können die Mindel Harmonists auf so viel Routine vertrauen, dass es unter dem Strich noch immer gut und überzeugend lief und sie sich im Verlauf des Konzerts sogar noch steigern konnten. Das Publikum zeigte sich zu Recht davon begeistert und war vielleicht auch ein wenig milde gestimmt, da die Beteiligten auf und vor der Bühne einer ähnlichen Altersgruppe angehörten.
Die zwei Stunden Konzert im Buchloer Kolpinghaus haben viele Farben zu bieten
So hatten die knapp zwei Stunden im Kolpinghaus wirklich viele Farben zu bieten: Da waren zunächst die zahlreichen Nummern der Comedian Harmonists, die bis heute mit ihrem blühenden Blödsinn und schrägen Humor begeistern und als solche auch ein wenig die helle Seite der 1920er- und beginnenden 1930er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts beleuchten: Der „Kleine grüne Kaktus“, die „Bar zum Krokodil“ oder „Veronika, der Lenz ist da“ durften nicht fehlen – schließlich lautete das Motto des Konzerts: „Frühling“. Viele Zuhörer konnten da vieles insgeheim mitsingen.
Georg Kreisler und Jacques Offenbach stehen ebenfalls auf dem Programm
Doch man bot auch Unbekannteres der Comedian Harmonists, wie die landwirtschaftliche Kriminal-Satire „Auf dem Heuboden geht‘s unheimlich zu bei der Nacht“, oder Artverwandtes im seltsam-satirischen Geiste, beispielsweise Georg Kreislers umwerfend makabres „Geh‘mer Tauben vergiften im Park“. Gelegentlich durfte sich das Publikum auch mal ironisch ungebrochen einfach schönen Klängen hingeben, wie bei der „Kleinen Frühlingsweise“ oder Jacques Offenbachs bekannter „Barcarole“.
Lieder, die aktueller und mahnender sind, als einem lieb sein kann
Eher ernst und nachdenklich, fast bittersüß war der Schluss des Konzertes: Im Rückblick auf die Zeit vor einem knappen Jahrhundert – den Comedian Harmonists war nur noch eine Zeit von etwa sieben Jahren beschieden, ehe ihnen die NS-Ideologie mit einem Auftrittsverbot den Garaus machte – wirkten das wunderschön gesungene „Irgendwo auf der Welt“ aktueller und mahnender als einem lieb sein kann. „Ein Lied geht um die Welt“, ein Song des ebenfalls nicht die NS-Ideologie passenden jüdischen Tenors Josef Schmidt, der 1942 in der Schweizer Internierung starb, schloss sich nahtlos passend an.
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