Ein schillernder Sprühregen aus Pointen geht nieder auf alle lachbereiten Gäste. Doch Stefan Hunstein am Lesepult und Bernd Lhotzky am Klavier steigern diesen Pointenregen sogar noch zum Unsinns-Wasserfall, als Hunstein die „botanizoologische Viecherei“ namens „Das Aquarium“ von Karl Valentin vorträgt – besser gesagt: vortragen will. Denn da häufen sich valentineske Blödsinns-Erfindungen in einer Art und Weise, die dem Vorleser sekundenlang die Sprache verschlägt, Lachtränen in die Augen treibt, den Kopf hart auf die Pultplatte drückt. Und Bernd Lhotzky am gut gestimmten, hellbraunen Klavier lässt die Tränen-Tropfen lustig kollern, perlen und glitzern.
Es ist der Auftakt-Abend zur zweiten „Klecks.Live“-Runde in der schnuckeligen Kemptener Kulturwirtschaft, die fast ganz gefüllt hat. Nach den erfolgreichen Andreas-Dombert-Konzerten nimmt jetzt der Ragtime-, Old-Time- und All-Time-Jazzpianist Lhotzky, 54, das Heft bei insgesamt drei Auftritten in die Hand. Seine enorm rhythmische Stride-Piano-Kunst – links Um-pa Um-pa – ist seit der Zeit mit dem Quartett „Echoes of Swing“ geradezu legendär. Aber auch seine Witz-sprühenden Jazz-Kommentare am Klavier passen bestens zu Hunsteins ausgesuchten Blödeleien.

Etwa zum Denk-Spruch Wilhelm Killmayers: „Streng blickt das Schwein den Metzger an / Und spricht: Auch du bist demnächst dran!“ Vielleicht heißt das Schwein ja Elise? Also her mit Beethovens berühmtem Klavierstück. Bernd Lothky verfremdet es melodisch frisch und flirrend, erfindet eine chromatisch absteigende Bassfigur hinzu. Eine ganze, wilde Turbo-Stride-Strecke lang begleitet Lhotzky das Gelächter der Zuhörer und Zuhörerinnen nach dem Schlusssatz von Paul Watzlawicks sprichwörtlicher Hammer-Anekdote: „Behalten Sie ihn doch, Ihren Hammer, Sie Hammel!“
Auch von Wilhelm Busch trägt Hunstein zwei humorvolle Texte vor
Von Wilhelm Busch bringt Stefan Hunstein außer dem peinvollen „Zahnschmerz“ auch die „Fink und Frosch“-Episode, mit dem weisen Schluss: „Wenn einer, der mit Mühe kaum / Geklettert ist auf einen Baum, / Schon meint, dass er ein Vogel wär, / So irrt sich der.“ Schließlich ertönen auch noch die berühmtesten Zeilen Schwarzen Humors, vom Vogel am Leim: „ … Und weil mich doch der Kater frisst / So will ich keine Zeit verlieren / Und lustig pfeifen wie zuvor! / Der Vogel, scheint mir, hat Humor.“
Noch weiteren „Sinn für Unsinn“ lässt Profi-Schauspieler Hunstein die Spezialisten Mark Twain, Paul Maar und Ernst Jandl demonstrieren. Und auf das zweite Lhotzky-Event am 3. Juli mit einem moderierten Ragtime-Programm namens „Der paffende Löwe“ darf man sich schon mal freuen.
Ragtime gibt es beim nächsten Lhotzky-Konzert
„Rag Bag & Der paffende Löwe“ heißt das Klecks-Live-Konzert am Donnerstag, 3. Juli, um 20 Uhr in der Kulturwirtschaft in der Allgäuhalle, das Bernd Lhotzky solo am Klavier gestaltet. „Rag Bag“ ist eine moderne Collage rund um das Thema Ragtime. Das moderierte Konzertprogramm „Der paffende Löwe“ widmet Lhotzky dem legendären Stride-Pianisten Willie „The Lion“ Smith. Stride Piano ist eine Spielart des frühen Jazz: enorm rhythmisch, technisch herausfordernd und hemmungslos freudvoll. Lhotzky liebt den Jazz der Frühzeit und verknüpft ihn auch mit Klassik. Außerdem präsentiert er Eigenkompositionen aus dem Geist des Rag und des Stride Pianos. Karten im Vorverkauf gibt es online auf klecks.dein-ticket.shop
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