Bundestrainer Stefan Horngacher im Interview: Weshalb er mit der WM-Titel von Karl Geiger nicht gerechnet hat
Stefan Horngacher, Bundestrainer der deutschen Skispringer, konnte seinem Schützling Karl Geiger wie hier schon zu Jahresbeginn in Bischofshofen wieder gratulieren.
Bild: Ralf Lienert (Archiv)
Stefan Horngacher, Bundestrainer der deutschen Skispringer, konnte seinem Schützling Karl Geiger wie hier schon zu Jahresbeginn in Bischofshofen wieder gratulieren.
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Skisprung-Bundestrainer Horngacher im Interview über Skiflug-Weltmeister Karl Geiger, Erfolge in Corona-Zeiten und die Vierschanzentournee 2020 in Oberstdorf.
Viel mehr geht nicht: Karl Geiger hat sich den Weltmeistertitel im Skifliegen geholt, Markus Eisenbichler Bronze. Die deutsche Mannschaft hat als Zweiter nur knapp den Titel verpasst. Wie ordnen Sie das Ergebnis ein?
Stefan Horngacher: Unsere Resultate sind weit besser, als wir uns erhofft und erwartet hatten. Eigentlich war Markus Eisenbichler unser Favorit auf eine Medaille, die hat er auch nach Hause gebracht. Dass Karl Geiger in Planica so auftrumpft, damit war nicht zu rechnen. Wir haben gewusst, dass er sehr gut fliegen kann, aber er war im Vorfeld nicht hundertprozentig in Form. Er hat ja den Weltcup in Nischni Tagil aus privaten Gründen ausgelassen, zu Hause in Oberstdorf hat er sich gut aufs Skifliegen einstellen können. Er hat eine super Leistung gebracht, den Titel gewonnen und auch in der Mannschaft überzeugt. Ich bin zufrieden mit dem zweiten Platz. Es hätte auch der erste Rang werden können. Es war eng, aber so ist der Sport, das muss man akzeptieren. Es waren anstrengende vier Tage, aber am Ende steht ein sehr großer Erfolg. Wir sind mit einem guten Gefühl nach Hause gefahren.
Karl Geiger: Skiflug-Weltmeister ist ein akribischer Arbeiter
Sie haben über den neuen Skiflug-Weltmeister Karl Geiger gesagt, dass der Oberstdorfer ein Sportler sei, der den Trainern auch zuhört. Wie würden Sie ihn charakterisieren?
Horngacher:Karl ist ein akribischer Arbeiter ein ganz genauer, der selbst auch dokumentiert, was er tut. Er ist extrem aufgeräumt als Persönlichkeit im Sport wie auch in seinem Privatleben. Er ist ein strukturierter Mensch, der auf den großen Wissensschatz, den er sich im Laufe der Jahre angeeignet hat, zurückgreifen kann. Und in der Umsetzung ist er sehr konsequent. Diese Eigenschaften zeichnen ihn aus.
Bilderstrecke
Leben, Karriere, Familie: Das ist Skiflug-Weltmeister Karl Geiger aus Oberstdorf
Mittlerweile seit acht Jahren ist der Oberstdorfer Karl Geiger im Weltcup dabei und hat sich an die Weltspitze gekämpft (das Bild zeigt ihn beim Jubel im Dezember 2019 bei der Vierschanzentournee an der Großschanze in Oberstdorf). Doch wer ist der Mann, der - wie bei der Skiflug-WM 2020 in Planica - so sensationelle Weiten springt? Wie lief seine Karriere bisher? Und was macht Karl Geiger, wenn er mal nicht auf der Schanze ist? Die Bildergalerie stellt den Oberstdorfer vor.
Bild: Daniel Karmann, dpa (Archivbild)
Mittlerweile seit acht Jahren ist der Oberstdorfer Karl Geiger im Weltcup dabei und hat sich an die Weltspitze gekämpft (das Bild zeigt ihn beim Jubel im Dezember 2019 bei der Vierschanzentournee an der Großschanze in Oberstdorf). Doch wer ist der Mann, der - wie bei der Skiflug-WM 2020 in Planica - so sensationelle Weiten springt? Wie lief seine Karriere bisher? Und was macht Karl Geiger, wenn er mal nicht auf der Schanze ist? Die Bildergalerie stellt den Oberstdorfer vor.
Bild: Daniel Karmann, dpa (Archivbild)
Karl Geiger wird am 11. Februar 1993 in Oberstdorf geboren. Er wächst in einer Skisport-begeisterten Familie mit den Eltern Monika und Roman und den beiden Schwestern Verena und Lucia auf. Als Kind spielt er leidenschaftlich gern Ziehharmonika. Außerdem zählen Skifahren, Schwimmen, Gleitschirmfliegen und Reisen zu seinen Hobbys.
Bild: Familienalbum Geiger
Karl Geiger wird am 11. Februar 1993 in Oberstdorf geboren. Er wächst in einer Skisport-begeisterten Familie mit den Eltern Monika und Roman und den beiden Schwestern Verena und Lucia auf. Als Kind spielt er leidenschaftlich gern Ziehharmonika. Außerdem zählen Skifahren, Schwimmen, Gleitschirmfliegen und Reisen zu seinen Hobbys.
Bild: Familienalbum Geiger
Geiger machte mit fünf Jahren seinen ersten Sprung - und das gleich im großen Schattenberg-Skistadion (Foto). Damals noch mit Alpinskiern. Ein Jahr später geht er in die Trainingsgruppe des früheren Spitzen-Kombinierers Thomas Müller (dort trainiert er unter anderem mit Johannes Rydzek), mit zwölf Jahren wechselt er zu den Spezialspringern.
Bild: Familienalbum Geiger
Geiger machte mit fünf Jahren seinen ersten Sprung - und das gleich im großen Schattenberg-Skistadion (Foto). Damals noch mit Alpinskiern. Ein Jahr später geht er in die Trainingsgruppe des früheren Spitzen-Kombinierers Thomas Müller (dort trainiert er unter anderem mit Johannes Rydzek), mit zwölf Jahren wechselt er zu den Spezialspringern.
Bild: Familienalbum Geiger
Geiger springt für den Verein SC Oberstdorf. Seine bisherigen Trainer am Stützpunkt Oberstdorf sind Thomas Müller, Bernhard Metzler und Christian Winkler. Werner Schuster und Stefan Horngacher sind die bisherigen Bundestrainer des Oberstdorfers. Schon mit zwölf Jahren (Foto) zeigt Karl Geiger seine Flugfähigkeiten. Doch auf den ganz großen Erfolg muss er erst einmal warten.
Bild: Familienalbum Geiger
Geiger springt für den Verein SC Oberstdorf. Seine bisherigen Trainer am Stützpunkt Oberstdorf sind Thomas Müller, Bernhard Metzler und Christian Winkler. Werner Schuster und Stefan Horngacher sind die bisherigen Bundestrainer des Oberstdorfers. Schon mit zwölf Jahren (Foto) zeigt Karl Geiger seine Flugfähigkeiten. Doch auf den ganz großen Erfolg muss er erst einmal warten.
Bild: Familienalbum Geiger
Doch nicht nur Skispringen hat im Leben des Oberstdorfers Platz: Im Dezember 2019 schließt Geiger den Studiengang Energie- und Umwelttechnik an der Hochschule Kempten mit dem Titel Bachelor of Engineering ab. Seit 2016 ist Karl Geiger bereits Angesteller beim Zoll.
Bild: Angelika Warmuth, dpa (Archivbild)
Doch nicht nur Skispringen hat im Leben des Oberstdorfers Platz: Im Dezember 2019 schließt Geiger den Studiengang Energie- und Umwelttechnik an der Hochschule Kempten mit dem Titel Bachelor of Engineering ab. Seit 2016 ist Karl Geiger bereits Angesteller beim Zoll.
Bild: Angelika Warmuth, dpa (Archivbild)
Ende September 2020 heiratet Geiger seine langjährige Freundin Franziska, mit der er eine eigene Wohnung im Haus der Eltern bewohnt, das in Oberstdorf etwa in der Mitte zwischen Skisprung- und Skiflug-Schanze liegt. Während der Skiflug-WM in Planica kam ihre erste Tochter zur Welt.
Bild: Dominik Berchtold
Ende September 2020 heiratet Geiger seine langjährige Freundin Franziska, mit der er eine eigene Wohnung im Haus der Eltern bewohnt, das in Oberstdorf etwa in der Mitte zwischen Skisprung- und Skiflug-Schanze liegt. Während der Skiflug-WM in Planica kam ihre erste Tochter zur Welt.
Bild: Dominik Berchtold
Seinen ersten Fis-Wettbewerb absolviert Geiger im März 2008 in Bois d’Amont in Frankreich, wo er den fünften Platz belegt. Es folgt sein erster Weltcup im November 2012 in Lillehammer in Norwegen, bei dem er Rang 21 erreicht. Seitdem springt er bei 140 Weltcups und erreicht sieben Podestplätze. Das Bild zeigt Karl Geiger im Dezember 2012 beim Weltcup im russischen Sochi.
Bild: Sergei Ilnitsky, dpa (Archivbild)
Seinen ersten Fis-Wettbewerb absolviert Geiger im März 2008 in Bois d’Amont in Frankreich, wo er den fünften Platz belegt. Es folgt sein erster Weltcup im November 2012 in Lillehammer in Norwegen, bei dem er Rang 21 erreicht. Seitdem springt er bei 140 Weltcups und erreicht sieben Podestplätze. Das Bild zeigt Karl Geiger im Dezember 2012 beim Weltcup im russischen Sochi.
Bild: Sergei Ilnitsky, dpa (Archivbild)
Immer wieder begeistert Geiger die Fans mit weiten Sprüngen. Seine persönliche Bestweite liegt bei 243,5 Metern, die er beim Skifliegen in Planica 2017 schafft. Das Bild zeigt den Oberstdorfer im Januar 2017 beim Weltcup in Innsbruck.
Bild: Daniel Karmann, dpa (Archivbild)
Immer wieder begeistert Geiger die Fans mit weiten Sprüngen. Seine persönliche Bestweite liegt bei 243,5 Metern, die er beim Skifliegen in Planica 2017 schafft. Das Bild zeigt den Oberstdorfer im Januar 2017 beim Weltcup in Innsbruck.
Bild: Daniel Karmann, dpa (Archivbild)
Zu den größten Erfolgen von Karl Geiger zählt auch das Olympia-Silber in Pyeongchang 2018 (Foto) mit dem Team und im Einzel die Plätze sieben auf der Groß- und zehn auf Normalschanze. Bedeutend sind auch seine Weltcup-Einzelsiege in Engelberg (Schweiz) im Dezember 2018, in Willingen (Februar 2019), in Val di Fiemme (Doppelsieg im Januar 2020), in Rasnov (Februar 2020) und in Lahti (März 2020). Dazu acht zweite Plätze, Teamsiege in Lahti (Finnland) im März 2018 und Zakopane (Polen) (Januar 2019).
Bild: Dmitri Lovetsky, dpa (Archivbild)
Zu den größten Erfolgen von Karl Geiger zählt auch das Olympia-Silber in Pyeongchang 2018 (Foto) mit dem Team und im Einzel die Plätze sieben auf der Groß- und zehn auf Normalschanze. Bedeutend sind auch seine Weltcup-Einzelsiege in Engelberg (Schweiz) im Dezember 2018, in Willingen (Februar 2019), in Val di Fiemme (Doppelsieg im Januar 2020), in Rasnov (Februar 2020) und in Lahti (März 2020). Dazu acht zweite Plätze, Teamsiege in Lahti (Finnland) im März 2018 und Zakopane (Polen) (Januar 2019).
Bild: Dmitri Lovetsky, dpa (Archivbild)
Neben dem WM-Einzelgold bei der Skiflug-WM 2020 in Planica (Slowenien) darf sich Geiger (rechts) 2019 auch mit dem Team und im Mixed (Foto) über WM-Mannschaftsgold und Silber im Einzel von der Großschanze freuen.
Bild: Hendrik Schmidt, dpa (Archivbild)
Neben dem WM-Einzelgold bei der Skiflug-WM 2020 in Planica (Slowenien) darf sich Geiger (rechts) 2019 auch mit dem Team und im Mixed (Foto) über WM-Mannschaftsgold und Silber im Einzel von der Großschanze freuen.
Bild: Hendrik Schmidt, dpa (Archivbild)
Karl Geiger hat seit 2013 bei FIS-Wettkämpfen laut Statistik des Internationalen Skiverbandes insgesamt 486.450 Schweizer Franken (derzeit etwa 450.000 Euro) verdient. Das meiste davon, nämlich 186.200 Franken (etwa 173.000 Euro), in der letzten Saison 2019/20. Auf dem Bild ist Geiger im Januar 2020 gemeinsam mit Markus Eisenbichler (links) bei der Vierschanzentournee in Garmisch-Partenkirchen zu sehen.
Bild: Angelika Warmuth, dpa (Archivbild)
Karl Geiger hat seit 2013 bei FIS-Wettkämpfen laut Statistik des Internationalen Skiverbandes insgesamt 486.450 Schweizer Franken (derzeit etwa 450.000 Euro) verdient. Das meiste davon, nämlich 186.200 Franken (etwa 173.000 Euro), in der letzten Saison 2019/20. Auf dem Bild ist Geiger im Januar 2020 gemeinsam mit Markus Eisenbichler (links) bei der Vierschanzentournee in Garmisch-Partenkirchen zu sehen.
Bild: Angelika Warmuth, dpa (Archivbild)
Gibt es auch Springer, die den Trainern nicht zuhören?
Horngacher: Ja, durchaus. Manchmal sind die Athleten zu sehr von Emotionen geleitet, dann fällt es ihnen schwer, zuzuhören, weil die Emotionen vieles überlagern. Wenn sie dann nur nach ihrem Gefühl gehen, kann es schwierig werden. Aber auch diese Persönlichkeiten kann ein Trainerteam zu besseren Leistungen führen.
Die private Situation war für Karl Geiger nicht einfach. Den Weltcup in Russland hat der Oberstdorfer ausgelassen, um bei seiner hochschwangeren Frau in Oberstdorf zu sein. Dann ist er doch mit nach Planica gefahren. Hatten Sie nicht die Sorge, dass ihn die private Situation belastet?
Horngacher: Beim Weltcup in Finnland hat ihn das gehemmt, da war er nicht hundertprozentig bei der Sache. Er hat mir nach dem Springen gesagt, dass er mit den Gedanken zu Hause war. Deswegen haben wir gemeinsam entschieden, dass er nicht nach Russland mitkommt, sondern zu seiner Familie heimkehrt. Das ist das Wichtigste. Ich glaube, das hat ihm gutgetan. Als die Dinge zu Hause geordnet waren, hat er sich auf das Skifliegen eingestellt. Dann ist er nach Planica angereist und hat das Ding durchgezogen. Er kann das Private und das Sportliche gut trennen.
Konnten Geiger, Eisenbichler und die Mannschaft ihre WM-Erfolge in Planica zusammen feiern oder fiel das wegen der Hygieneregeln flach?
Horngacher: Feiern im herkömmlichen Sinn ist beinahe ein Ding der Unmöglichkeit, leider. Trotz der Erfolge müssen wir strikt sein. Wir haben die Vierschanzentournee vor der Tür und das Coronavirus lauert hinter jeder Ecke. Wir müssen uns extrem hart an die Regeln halten. Es wird eine schwierige Zeit, weil die Springer jetzt nach Hause gehen. Aber bisher sind unsere Athleten sehr diszipliniert und nehmen die Bedrohung durch das Coronavirus sehr ernst.
Vierschanzentournee 2020: Jetzt gilt die Konzentration dem Start in Oberstdorf
Wie sieht Ihre Trainingssteuerung für die nächsten Wochen aus: Ist die Vierschanzentournee über die Feiertage oder die Nordische Ski-Weltmeisterschaft ab Mitte Februar in Oberstdorf der Saison-Höhepunkt?
Horngacher: Die Basis haben wir mit einer guten Vorbereitung im Sommer gelegt. Jetzt gilt die ganze Konzentration der Vierschanzentournee mit dem Start in Oberstdorf. Der nächste Saison-Höhepunkt ist die Nordische WM im eigenen Land. Das Potenzial ist da, jetzt müssen wir sehen, dass wir in den Wettkämpfen Leistungsspitzen hinbekommen.
Von den Riesenschanzen im Skifliegen geht es wieder auf normale Tische zuerst in Engelberg und danach nach Oberstdorf. Hilft der WM-Erfolg auch für die anderen Springen?
Horngacher: Man kann vom Skifliegen etwas auf die normalen Schanzen mitnehmen. Es gib aber auch noch Reserven. Vor allem nehmen wir aber drei Medaillen und ein positives Mannschaftsgefühl mit. Alle Beteiligten, die ein dreiviertel Jahr lang dafür gearbeitet haben, sind jetzt belohnt worden. Das hilft, motiviert und löst einen Spirit aus. Das beflügelt alle. Wir müssen diese Euphorie nutzen und weiter hart arbeiten, um noch ein bisschen besser zu werden. Weil: Die anderen werden auch besser.
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Emotionaler Sieg: Karl Geiger holt Gold in Planica
Der Oberstdorfer Karl Geiger siegt bei der Skiflug-WM in Planica.
Bild: Darko Bandic, AP, dpa
Der Oberstdorfer Karl Geiger siegt bei der Skiflug-WM in Planica.