«Er ist kein Verbrecher» - Gerichtssaal statt Court für Djokovic
Am Montag entscheidet ein Gericht in Melbourne, was aus Novak Djokovic wird. Muss der weltbeste Tennisspieler ausreisen? Oder darf er doch bei den Australian Open antreten? Der eigenwillige Serbe sorgt schon wieder für nicht-sportliche Schlagzeilen.
Bild: Darko Vojinovic, dpa
Am Montag entscheidet ein Gericht in Melbourne, was aus Novak Djokovic wird. Muss der weltbeste Tennisspieler ausreisen? Oder darf er doch bei den Australian Open antreten? Der eigenwillige Serbe sorgt schon wieder für nicht-sportliche Schlagzeilen.
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Der offenbar ungeimpfte Tennisprofi Novak Djokovic will zum Australian Open. Doch das Land verweigert ihm die Einreise - und zitiert ihn dagegen vor Gericht.
dpa
07.01.2022 | Stand: 16:01 Uhr
In einem tristen Hotel mit braun-grauer Steinfassade und in eher ungewohnter Gesellschaft verbrachte Novak Djokovic das orthodoxe Weihnachtsfest. Vor dem Park Hotel im Melbourner Stadtteil Carlton versammelten sich auch am Freitag wieder Fans mit Megafon und Fahnen samt Konterfei des prominenten Gastes. Novak Djokovic, 34 Jahre alt, Nummer eins der Tennis-Welt, Gewinner von 20 Grand-Slam-Turnieren und neunmaliger Champion der Australian Open, sitzt seit Mittwochabend in dieser nicht eingeplanten Herberge.
Weil er offenkundig nicht gegen das Coronavirus geimpft ist.
Streit um Novak Djokovic: Tennis-Profi in Australien vor Gericht
"Lasst ihn raus, wir wollen ihn sehen. Er ist kein Verbrecher, er ist ein Tennis-Held", rief eine Frau fast flehend, wie auf Fernsehbildern zu sehen ist. Doch erst am Montag verhandelt ein Gericht in Melbourne die Klage Djokovics und entscheidet, wie es weitergeht.
Ausreise oder doch noch der Start beim ersten großen Turnier der neuen Saison? Erstmals meldete sich Djokovic am Freitag via Instagram zu Wort und bedankte sich für die Unterstützung der vergangenen Tage.
Seit Tagen beherrscht Djokovic die Schlagzeilen - wegen des Geheimnisses um seinen Impfstatus
Seit Monaten macht er ein Geheimnis um seinen Impfstatus. Seit Jahren polarisiert er. Für die einen ist er Tennis-Held und bester Spieler der Gegenwart, für die anderen der ungeliebte Gegenspieler der allseits beliebten Granden Roger Federer und Rafael Nadal.
Ein Impfskeptiker mit Hang zu kruden Thesen und Spiritualität. Der einst mit dem Spanier Pepe Imaz zusammenarbeitete, der in der Branche als "Guru" bezeichnet wurde. Der einmal davon sprach, er könne durch mentale Kraft giftiges Wasser in Trinkwasser verwandeln. Der Ehrgeizige und Verbissene, der einst bei den US Open disqualifiziert wurde, weil er aus Wut einen Ball wegschlug und dabei versehentlich eine Linienrichterin traf.
Demonstranten versammeln sich vor einem Hotel für Einwanderer, in dem der serbische Tennisspieler Novak Djokovic untergebracht sein soll, im australischen Melbourne.
Bild: Hamish Blair, dpa
Der Organisator der Adria-Tour im Sommer 2020. Damals tauchten Party-Bilder auf, die nicht in die Corona-Zeiten passten. Damals infizierte sich Djokovic selbst mit dem Coronavirus. Diese Erkrankung liegt jedoch viel zu lange zurück, als dass sein Status als Genesener möglicherweise zu der medizinischen Ausnahmegenehmigung hätte führen können, mit der Djokovic nun dachte, einreisen zu dürfen.
Die Posse entwickelt Tag für Tag groteskere Züge
Der australische Tennisverband und der Bundesstaat Victoria, in dem Melbourne liegt, erteilten Djokovic eine Genehmigung zur Teilnahme an den Australian Open, obwohl eigentlich nur vollständig geimpfte Spielerinnen und Spieler bei dem Turnier ab dem 17. Januar starten dürfen. Djokovic trat also den mehr als 20-stündigen Flug nach Australien an - in der Annahme, dass seine Unterlagen inklusive Visum korrekt und vom Staat Victoria genehmigt seien.
Offenbar aber nicht im Einklang standen mit den Regularien des Landes Australien. Djokovic stand also alleine auf der falschen Seite des Einreise-Schalters, der Grenzschutz verweigerte das Visum und ließ Djokovic in das besagte Hotel bringen.
Australien verweigerte Djokovic die Einreise
Statt sich nun also auf die Titelverteidigung und die Jagd nach der 21. Rekord-Grand-Slam-Trophäe einzustimmen, muss sich Djokovic erst einmal auf eine Gerichtsverhandlung vorbereiten. In der Heimat poltert Djokovics Vater, vergleicht seinen Sohn wahlweise mit Jesus, Spartakus oder dem Wasser, das sich schon seinen Weg suchen werde.
Die Frage, ob Djokovic junior nun geimpft ist oder nicht, dürfte sich erledigt haben. Wäre er gegen das Coronavirus geimpft, bräuchte er keine Ausnahmegenehmigung. Die Frage ist: Wie konnte das passieren? Wie konnte Djokovic in diese Situation geraten? Lag der Fehler bei ihm und seinem Team? Oder wurde er möglicherweise falsch informiert?
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Allgäuer Sportler rufen zur Corona-Impfung auf
Bahnrad-Olympiasiegerin Lisa Brennauer (33 Jahre) aus Durach ist seit Anfang Dezember dreifach geimpft („geboostert“): „Mit der Impfung schütze ich mich und andere. Außerdem hoffe ich, dass eine mögliche Covid-19-Erkrankung mild verläuft und mich auch in meinem Sport langfristig nicht beei...
Bild: Ralf Lienert
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Rennfahrer Luca Engstler (21) vom gleichnamigen Motorsportteam ist zweifach geimpft: „Als sich 2020 mein Renningenieur infiziert hat, hatte das extreme Folgen fürs ganze Team. Seitdem sind wir alle geimpft. Auch wenn Sportler eine Vorbildfunktion haben, sollten wir respektieren, wenn jemand unsic...
Bild: Ralf Lienert
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Seline van Thiel ist 16 Jahre alt, fährt Mountainbikerennen für den RSC Kempten und ist zweifach geimpft: „Corona hat meine schulischen Leistungen stark beeinträchtigt, der Online-Unterricht lag mir gar nicht. Ich war eine der ersten in meiner Klasse, die sich geimpft hat. Ich will mich und and...
Bild: Ralf Lienert
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Joachim Saukel (57) vom gleichnamigen Laufladen ist dreifach geimpft: „Um nicht einzubrechen, greifen Marathon-Läufer auf Energie-Booster in Form von Gels und Getränken zurück. Lasst uns mit der Booster-Impfung einen Endspurt hinlegen, um diesen langen Pandemie-Marathon endlich zu beenden.“
Bild: Ralf Lienert
Joachim Saukel (57) vom gleichnamigen Laufladen ist dreifach geimpft: „Um nicht einzubrechen, greifen Marathon-Läufer auf Energie-Booster in Form von Gels und Getränken zurück. Lasst uns mit der Booster-Impfung einen Endspurt hinlegen, um diesen langen Pandemie-Marathon endlich zu beenden.“
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Miriam Kartas (18) ist Kunstturnerin beim TV Kempten und doppelt geimpft: „Ich habe normal große Angst vor Spritzen, aber es hat nicht weh getan und die Impfung blieb ohne Nebenwirkungen. Ich bitte alle Impfskeptiker, ihr Vorgehen zu überdenken. Ihre Weigerung wirkt sich aufs Leben aller ande...
Bild: Ralf Lienert
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Der 23-jährige Robert Schneider ist Ringer beim TSV Kottern und geboostert: „Ich finde, die Fronten sind extrem verhärtet. Argumente zählen oft gar nicht mehr. Von den Skeptikern wünsche ich mir: Hört mehr auf Wissenschaft und Forschung. Sinnvoll ist hier nur eine gefühlsbefreite Betrachtung...
Bild: Ralf Lienert
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Luzie Wandratsch ist 17 Jahre alt, Schwimmerin beim TV Kempten und zweifach geimpft: „Ich habe mich im Sommerurlaub infiziert und blieb dank voriger Impfung symptomfrei. Meine ungeimpften Mitreisenden dagegen hatten schwere Verläufe. In der aktuellen Lage appelliere ich an alle Skeptiker: Lasst E...
Bild: Ralf Lienert
Luzie Wandratsch ist 17 Jahre alt, Schwimmerin beim TV Kempten und zweifach geimpft: „Ich habe mich im Sommerurlaub infiziert und blieb dank voriger Impfung symptomfrei. Meine ungeimpften Mitreisenden dagegen hatten schwere Verläufe. In der aktuellen Lage appelliere ich an alle Skeptiker: Lasst E...
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Eugen Scheffer (30) ist Eishockeyspieler beim ESC Kempten, zweifach geimpft und anschließend genesen: „Ich wollte ganz klar vorbeugen statt therapieren. In meinen Augen gibt es keinen anderen Weg, um aus dieser Pandemie zu kommen. Egal, welche Sportart, ich wünsche allen so schnell wie möglich ...
Bild: Ralf Lienert
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Tischtennisspielerin Birgit Hössl (54) aus Wildpoldsried ist genesen, geimpft und bald geboostert: „Die Nachwirkungen meiner Infektion vom Frühjahr 2021 spüre ich heute noch. Um mich, Freunde und Familie zu schützen, habe ich mich impfen lassen. Wären da alle dabei, könnten wir unser ,altes ...
Bild: Ralf Lienert
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Kevin Baston (27) kickt beim FC Kempten und ist zweifach geimpft: „Wenn ich eines im Fußball gelernt habe: Gewinnen können wir nur, wenn wir als Team zusammenhalten und an einem Strang ziehen. Das gilt auch für die Pandemie. Wir müssen als Gesellschaft zusammenstehen und uns impfen lassen.“
Bild: Ralf Lienert
Kevin Baston (27) kickt beim FC Kempten und ist zweifach geimpft: „Wenn ich eines im Fußball gelernt habe: Gewinnen können wir nur, wenn wir als Team zusammenhalten und an einem Strang ziehen. Das gilt auch für die Pandemie. Wir müssen als Gesellschaft zusammenstehen und uns impfen lassen.“
Bild: Ralf Lienert
Hilde John (66) ist Präsidentin des Stadtverbands der Sportvereine und beim TV Kempten Übungsleiterin für Ganzkörperkräftigung und Rückenfit: „Mit der Doppel-Impfung schütze ich mich und die Menschen um mich herum. Ich denke, eine mögliche Covid-Erkrankung verläuft mit Impfung deutlich ab...
Bild: Ralf Lienert
Hilde John (66) ist Präsidentin des Stadtverbands der Sportvereine und beim TV Kempten Übungsleiterin für Ganzkörperkräftigung und Rückenfit: „Mit der Doppel-Impfung schütze ich mich und die Menschen um mich herum. Ich denke, eine mögliche Covid-Erkrankung verläuft mit Impfung deutlich ab...
Bild: Ralf Lienert
Basketballer Elias Bauer von der SG Heising-Kottern ist 38 Jahre alt und dreifach geimpft: „Zum Glück lichtet sich auch bei der SG das Feld der Ungeimpften. Einige warten noch auf den Totimpfstoff, aber die Vernunft scheint zu siegen. Die Politik muss viel konsequenter gegen Falschinformationen ...
Bild: Ralf Lienert
Basketballer Elias Bauer von der SG Heising-Kottern ist 38 Jahre alt und dreifach geimpft: „Zum Glück lichtet sich auch bei der SG das Feld der Ungeimpften. Einige warten noch auf den Totimpfstoff, aber die Vernunft scheint zu siegen. Die Politik muss viel konsequenter gegen Falschinformationen ...
Bild: Ralf Lienert
Die 28-jährige Bianca Kleinbub spielt Handball beim TV Waltenhofen und ist zweifach geimpft: „Ich war erst skeptisch, hab’ mich nach mehreren Gesprächen aber doch fürs Impfen entschieden. Die Pflege- und Krankenhauskräfte brauchen eine Entlastung. Und unser Sport leidet. Die Saison darf nich...
Bild: Ralf Lienert
Die 28-jährige Bianca Kleinbub spielt Handball beim TV Waltenhofen und ist zweifach geimpft: „Ich war erst skeptisch, hab’ mich nach mehreren Gesprächen aber doch fürs Impfen entschieden. Die Pflege- und Krankenhauskräfte brauchen eine Entlastung. Und unser Sport leidet. Die Saison darf nich...
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Pasquale Ruzicka ist 37 Jahre alt, Squasher beim 1. SC Kempten und seit Anfang Dezember geboostert: „Ausschlaggebend für mich ist die geringere Wahrscheinlichkeit, schwer zu erkranken oder gar zu sterben. Informiert Euch. Aber bitte nicht auf YouTube oder Social Media, sondern bei offiziellen Ste...
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Pasquale Ruzicka ist 37 Jahre alt, Squasher beim 1. SC Kempten und seit Anfang Dezember geboostert: „Ausschlaggebend für mich ist die geringere Wahrscheinlichkeit, schwer zu erkranken oder gar zu sterben. Informiert Euch. Aber bitte nicht auf YouTube oder Social Media, sondern bei offiziellen Ste...
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Zuletzt wurde spekuliert, der australische Verband habe einen Fehler gemacht und die Profis glauben lassen, eine Erkrankung in den vergangenen sechs Monaten und der damit verbundene Genesenen-Status würden die medizinische Ausnahmegenehmigung rechtfertigen. Dies würde bedeuten, dass Djokovic zuletzt erneut an Covid-19 erkrankt war.
"Er macht einen großen Fehler, sich nicht impfen zu lassen"
Ob der weltbeste Tennisspieler wie der deutsche Nationalspieler Joshua Kimmich seine Meinung ändert und sich doch noch impfen lässt, bleibt eine spannende Frage. Zumal ein Impfschutz auch Voraussetzung für weitere Turnierteilnahmen in diesem Jahr sein dürfte.
"Ich glaube, er macht einen großen Fehler, sich nicht impfen zu lassen", schrieb Djokovics früherer Trainer Boris Becker in einem Gastbeitrag für die "Daily Mail". Er würde "ihm dringend raten, sich impfen zu lassen - ob er auf mich hören würde, ist eine andere Sache." (Lesen Sie auch: Polizei schnappt mutmaßliche Impfausweisfälscher)
Djokovic gilt als stur und eigenwillig
Seine mentale Stärke jedoch hat ihn zu unzähligen Titeln geführt. Becker, der drei Jahre lang Djokovics Coach war und diesen sehr gut kennt, schrieb: "Doch diese Stärken können auch Schwächen sein. Die gleiche unglaubliche Entschlossenheit, mit der ich ihn so viele enge Matches habe gewinnen sehen, kann mit seiner Sturheit auch eine Schwachstelle sein."