Der "Anglizismus des Jahres" 2020 ist natürlich "Lockdown"
"Lockdown" ist der "Anglizismus des Jahres" 2020.
Bild: Hauke-Christian Dittrich, dpa (Symbolbild)
"Lockdown" ist der "Anglizismus des Jahres" 2020.
Bild: Hauke-Christian Dittrich, dpa (Symbolbild)
Es gibt das "Wort" und das "Unwort" des Jahres. Seit 2010 kürt eine Jury aber auch einen "Anglizismus" des Jahres. Die Wahl soll etwas Positives hervorheben.
dpa
02.02.2021 | Stand: 10:02 Uhr
Der in der Corona-Krise für Schließungen und Kontaktbeschränkungen üblich gewordene Begriff "Lockdown" ist zum "Anglizismus des Jahres" 2020 gekürt worden. "Überzeugt hat die Jury am Wort Lockdown neben der zentralen Rolle, die es in der Diskussion um die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie spielt, seine schnelle Integration in den Wortschatz des Deutschen", teilte am Dienstag das Gremium rund um den Berliner Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch mit. Der für 2020 ausgewählte Begriff führe schon ein Eigenleben im Deutschen und werde auch in zusammengesetzten Wörtern wie "Lockdown-Verstöße" oder "Lockdown-Lockerungen" verwendet.
Auch "Shutdown" war im Gespräch
Das ähnliche Wort "Shutdown" richte die Aufmerksamkeit eher auf das Herunterfahren des öffentlichen Lebens als auf Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, hieß es von der Jury. Es habe sich aber weniger durchgesetzt als "Lockdown", wohl weil es weniger Bedeutungsdifferenzierung im allgemeinen Sprachgebrauch biete.
Die Initiative Anglizismus des Jahres würdigt seit 2010 ausdrücklich "den positiven Beitrag des Englischen" zum deutschen Wortschatz. Zu den bisher ausgezeichneten Begriffen gehörten "Influencer" (2017) und "Shitstorm" (2011) oder auch die Wendung "... for future" (2019).
"Lockdown" seit Oktober ein fester Bestandteil im Deutschen
Zur Geschichte der Verwendung des Worts "Lockdown" schreibt die Jury: "Nachdem zu Beginn der Pandemie zunächst Umschreibungen wie "Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie" oder "Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus" verwendet werden, verbreitet sich ab der zweiten Märzhälfte dann schnell das Wort Lockdown. Ein weiterer starker Häufigkeitsanstieg findet sich ab Oktober - spätestens seit diesem Zeitpunkt ist es fester Bestandteil des Deutschen."
Im Englischen finde sich das Wort ab den frühen 70er Jahren zunächst für Situationen, in denen Gefängnis-Insassen ihre Zellen länger nicht verlassen dürfen, etwa nach einem Aufstand. Ab den 80er Jahren bezeichne es auch Situationen, in denen ein ganzes Gebiet aus Sicherheitsgründen abgeriegelt werde. In dieser Bedeutung komme es gelegentlich auch im Deutschen vor, zum Beispiel in Berichten über Amokläufe an amerikanischen Schulen. Erst im Zuge der Covid-19-Pandemie habe sich die Bedeutung auf die jetzige erweitert.
"Homeoffice" und "Superspreader" ebenfalls im Gespräch
Für 2020 waren laut Anglizismus-Jury auch Wörter wie "Social Distancing", "Superspreader", "Homeoffice" und "Homeschooling" gute Kandidaten. Gerade beim Fachbegriff "Social Distancing" habe es aber eine Diskussion gegeben, ob eine Einschränkung physischer Kontakte im Kommunikationszeitalter überhaupt noch eine soziale Einschränkung sei. Der Begriff werde nun öfter vom Wort "Kontaktbeschränkung" ersetzt.
Das Wort "Superspreader" bezeichne eine infizierte Person, die den Krankheitserreger an eine große Zahl von Menschen weitergebe. Es werde zudem mit moralischem Unterton auch bei der Suche nach Schuldigen benutzt. Das Wort "Homeoffice" sei 2020 zu einem Synonym für ein lockdownbedingtes Arbeiten zu Hause geworden - und dort mangels Arbeitszimmers oft eher in der Küche oder im Wohnzimmer.
Das Wort "Homeschooling", eigentlich eine Bezeichnung für eine in Deutschland randständige Praxis, bei der Eltern ihre Kinder zu Hause unterrichten, um sie aus dem staatlichen Schulsystem herauszuhalten, wurde schnell ein Sammelbegriff für Schulersatzaktivitäten von Eltern oder aber für den Unterricht von Lehrerinnen und Lehrern per Video.
"Coronaparty" in Österreich das Unwort des Jahres
Der "Anglizismus des Jahres" reiht sich bei den international üblichen sprachlichen Jahresrückblicken ein. Als Deutschlands "Wort des Jahres" 2020 kürte die Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden schon am 30. November "Corona-Pandemie". Als "Unwort des Jahres" wurde am 12. Januar neben "Rückführungspatenschaften" auch der Begriff "Corona-Diktatur" von einer Jury in Darmstadt ausgerufen.
In der (deutschsprachigen) Schweiz wurde "systemrelevant" zum Wort des Jahres gekürt, gefolgt von "Maskensünder" und "stosslüften". In Österreich war "Coronaparty" das Unwort. "Babyelefant" war das Wort des Jahres. Das Tier soll mit seiner vorgestellten Größe den empfohlenen Abstand in Pandemiezeiten beschreiben.
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Die Unwörter der letzten zehn Jahre
Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) kürt jedes Jahr im Januar das "Unwort des Jahres". Die Jury wählt ein Wort, das für das jeweilige Jahr steht und beobachtet für die Auswahl das aktuelle Mediengeschehen. Die GfdS gibt das "Unwort des Jahres" 2020 am 12. Januar 2021 in Darmstadt bekannt. In der engeren Auswahl befinden sich Begriffe rund um die Corona-Pandemie.
Bild: Frank Rumpenhorst, dpa (Symbolbild)
Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) kürt jedes Jahr im Januar das "Unwort des Jahres". Die Jury wählt ein Wort, das für das jeweilige Jahr steht und beobachtet für die Auswahl das aktuelle Mediengeschehen. Die GfdS gibt das "Unwort des Jahres" 2020 am 12. Januar 2021 in Darmstadt bekannt. In der engeren Auswahl befinden sich Begriffe rund um die Corona-Pandemie.
Bild: Frank Rumpenhorst, dpa (Symbolbild)
Ausgelöst durch die deutschlandweiten Fridays-for-Future-Demos im Jahr 2019 wurde die Debatte um den Klima- und Umweltschutz in den Medien neu angefacht. Mit dem Begriff "Klimahysterie" würden die Bemühungen um den Klimaschutz schlechtgemacht und kleingeredet. Daher schaffte es die "Klimahysterie" zum Unwort des Jahres 2019.
Bild: Christoph Kölle (Symbolbild)
Ausgelöst durch die deutschlandweiten Fridays-for-Future-Demos im Jahr 2019 wurde die Debatte um den Klima- und Umweltschutz in den Medien neu angefacht. Mit dem Begriff "Klimahysterie" würden die Bemühungen um den Klimaschutz schlechtgemacht und kleingeredet. Daher schaffte es die "Klimahysterie" zum Unwort des Jahres 2019.
Bild: Christoph Kölle (Symbolbild)
Alexander Dobrindt (CSU) erfand den Begriff "Anti-Abschiebe-Industrie" im Jahr 2018 in einer Debatte um die Ausweisung von geflüchteten Menschen. Diese Wort-Neuschöpfung wurde zum "Unwort des Jahres" 2018 gewählt. Es zeige laut der Jury, "wie sich der politische Diskurs sprachlich und in der Sache nach rechts verschoben hat und sich damit auch die Sagbarkeitsregeln in unserer Demokratie auf bedenkliche Weise verändern".
Bild: Christoph Söder, dpa (Archivbild)
Alexander Dobrindt (CSU) erfand den Begriff "Anti-Abschiebe-Industrie" im Jahr 2018 in einer Debatte um die Ausweisung von geflüchteten Menschen. Diese Wort-Neuschöpfung wurde zum "Unwort des Jahres" 2018 gewählt. Es zeige laut der Jury, "wie sich der politische Diskurs sprachlich und in der Sache nach rechts verschoben hat und sich damit auch die Sagbarkeitsregeln in unserer Demokratie auf bedenkliche Weise verändern".
Bild: Christoph Söder, dpa (Archivbild)
Mithilfe des Audrucks "alternative Fakten" rechtfertigte Donald Trumps (links) ehemalige Beraterin Kellyanne Conway (rechts) unwahre Behauptungen des amerikanischen Präsidenten. Der Begriff wurde zum "Unwort des Jahres" 2017 und sei laut Jury "der verschleiernde und irreführende Ausdruck für den Versuch, Falschbehauptungen als legitimes Mittel der öffentlichen Auseinandersetzung salonfähig zu machen".
Bild: Michael Conroy, dpa (Archivbild)
Mithilfe des Audrucks "alternative Fakten" rechtfertigte Donald Trumps (links) ehemalige Beraterin Kellyanne Conway (rechts) unwahre Behauptungen des amerikanischen Präsidenten. Der Begriff wurde zum "Unwort des Jahres" 2017 und sei laut Jury "der verschleiernde und irreführende Ausdruck für den Versuch, Falschbehauptungen als legitimes Mittel der öffentlichen Auseinandersetzung salonfähig zu machen".
Bild: Michael Conroy, dpa (Archivbild)
Bei einem Besuch von Sigmar Gabriel im niedersächsischen Salzgitter im August 2016 beschimpften rechte Demonstranten den damaligen deutschen Vize-Kanzler als "Volksverräter". Als Reaktion darauf zeigte der SPD-Politiker ihnen den Stinkefinger. Die Bezeichnung "Volksverräter" sei laut Jury ein "Erbe von Diktatoren" und ist daher das "Unwort des Jahres" 2016.
Bild: Ulrich Wagner (Archivbild)
Bei einem Besuch von Sigmar Gabriel im niedersächsischen Salzgitter im August 2016 beschimpften rechte Demonstranten den damaligen deutschen Vize-Kanzler als "Volksverräter". Als Reaktion darauf zeigte der SPD-Politiker ihnen den Stinkefinger. Die Bezeichnung "Volksverräter" sei laut Jury ein "Erbe von Diktatoren" und ist daher das "Unwort des Jahres" 2016.
Bild: Ulrich Wagner (Archivbild)
Weil das Thema Flucht und Asyl im Jahr 2015 zunehmend in den Medien präsent war, schaffte es das Wort "Gutmensch" vermehrt in den deutschen Sprachgebrauch. Die Wahl des Begriffes zum "Unwort des Jahres" 2015 begründete die Jury damit, dass die Bezeichnung "Gutmensch" Toleranz und Hilfsbereitschaft pauschal als naiv, dumm und weltfremd diffamieren würde.
Bild: Alexander Kaya (Symbolbild)
Weil das Thema Flucht und Asyl im Jahr 2015 zunehmend in den Medien präsent war, schaffte es das Wort "Gutmensch" vermehrt in den deutschen Sprachgebrauch. Die Wahl des Begriffes zum "Unwort des Jahres" 2015 begründete die Jury damit, dass die Bezeichnung "Gutmensch" Toleranz und Hilfsbereitschaft pauschal als naiv, dumm und weltfremd diffamieren würde.
Bild: Alexander Kaya (Symbolbild)
Den Begriff "Lügenpresse" gibt es seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Im "Dritten Reich" verwendeten ihn die Nationalsozialisten. Auch auf den "Pegida"-Demonstrationen, die das erste Mal im Jahr 2014 stattfanden, skandierten die Teilnehmer den Begriff. Aufgrund der sprachgeschichtlichen Aufladung des Wortes kürte die Jury "Lügenpresse" zum "Unwort des Jahres" 2014.
Bild: Alexander Kaya (Symbolbild)
Den Begriff "Lügenpresse" gibt es seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Im "Dritten Reich" verwendeten ihn die Nationalsozialisten. Auch auf den "Pegida"-Demonstrationen, die das erste Mal im Jahr 2014 stattfanden, skandierten die Teilnehmer den Begriff. Aufgrund der sprachgeschichtlichen Aufladung des Wortes kürte die Jury "Lügenpresse" zum "Unwort des Jahres" 2014.
Bild: Alexander Kaya (Symbolbild)
Der politische Begriff "Sozialtourimus" wurde im Jahr 2013 geprägt. Er bezeichnet Einwanderung, die angeblich nur dazu diene, Sozialleistungen im Zielland zu erhalten. "Sozialtourimus" wurde zum "Unwort des Jahres" 2013 gewählt, weil es Menschen diskriminiere, die aus purer Not in Deutschland eine Heimat suchen, meinte die Jury.
Bild: Bernhard Weizenegger (Symbolbild)
Der politische Begriff "Sozialtourimus" wurde im Jahr 2013 geprägt. Er bezeichnet Einwanderung, die angeblich nur dazu diene, Sozialleistungen im Zielland zu erhalten. "Sozialtourimus" wurde zum "Unwort des Jahres" 2013 gewählt, weil es Menschen diskriminiere, die aus purer Not in Deutschland eine Heimat suchen, meinte die Jury.
Bild: Bernhard Weizenegger (Symbolbild)
Der Schweizer Moderator Jörg Kachelmann sagte im Herbst 2012 im Gespräch mit dem Spiegel, dass Frauen ein "Opfer-Abo" hätten, durch das sie sich selbst als Opfer positionieren könnten, auch wenn sie als Täterinnen angeklagt sind. Diesen Begriff erklärte die GfdS zum "Unwort des Jahres" 2012, da er laut der Jury "sachlich grob unangemessen" sei.
Bild: Tobias Hase, dpa (Archivbild)
Der Schweizer Moderator Jörg Kachelmann sagte im Herbst 2012 im Gespräch mit dem Spiegel, dass Frauen ein "Opfer-Abo" hätten, durch das sie sich selbst als Opfer positionieren könnten, auch wenn sie als Täterinnen angeklagt sind. Diesen Begriff erklärte die GfdS zum "Unwort des Jahres" 2012, da er laut der Jury "sachlich grob unangemessen" sei.
Bild: Tobias Hase, dpa (Archivbild)
Als "Döner-Morde" wurden jahrelang die rechtsterroristischen Anschläge des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) bezeichnet, da zwei der Opfer Döner verkauften. Ende des Jahres 2011 wurden die Attentate schließlich aufgeklärt und "Döner-Morde" zum "Unwort des Jahres" 2011 erklärt. Laut Jury verharmlose der Begriff die Mordserie an den acht türkischstämmigen und einem griechischen Kleinunternehmer.
Bild: Mateusz Roik, edp (Archivbild)
Als "Döner-Morde" wurden jahrelang die rechtsterroristischen Anschläge des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) bezeichnet, da zwei der Opfer Döner verkauften. Ende des Jahres 2011 wurden die Attentate schließlich aufgeklärt und "Döner-Morde" zum "Unwort des Jahres" 2011 erklärt. Laut Jury verharmlose der Begriff die Mordserie an den acht türkischstämmigen und einem griechischen Kleinunternehmer.
Bild: Mateusz Roik, edp (Archivbild)
Angela Merkel verwendete das Wort "alternativlos" als Erste, um die Griechenlandhilfen Ende des Jahres 2010 zu begründen. Laut "Unwort"-Jury würde das Wort sachlich unangemessen suggerieren, dass es bei einem politischen Entscheidungsprozess von vornherein keine Alternativen gebe und damit auch keine Notwendigkeit der Diskussion. Es wurde daher zum "Unwort des Jahres" 2010 gewählt.
Bild: Ralf Lienert (Archivbild)
Angela Merkel verwendete das Wort "alternativlos" als Erste, um die Griechenlandhilfen Ende des Jahres 2010 zu begründen. Laut "Unwort"-Jury würde das Wort sachlich unangemessen suggerieren, dass es bei einem politischen Entscheidungsprozess von vornherein keine Alternativen gebe und damit auch keine Notwendigkeit der Diskussion. Es wurde daher zum "Unwort des Jahres" 2010 gewählt.