FDP setzt sich durch: Union muss weiter nach rechts zur AfD rücken
70 Jahre lang saß die FDP im Bundestag am rechten Rand. Doch wegen der Nachbarschaft zur AfD drängen die Freidemokraten seit längerem auf einen Platztausch mit der Union. Als Regierungspartei konnte sie das jetzt durchsetzen - sehr zum Ärger von CDU und CSU.
Bild: Michael Kappeler, dpa
70 Jahre lang saß die FDP im Bundestag am rechten Rand. Doch wegen der Nachbarschaft zur AfD drängen die Freidemokraten seit längerem auf einen Platztausch mit der Union. Als Regierungspartei konnte sie das jetzt durchsetzen - sehr zum Ärger von CDU und CSU.
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Die FDP saß 70 Jahre lang im Bundestag am rechten Rand. Und drängte auf einen Platztausch mit der Union. Sie setzte das nun durch - sehr zum Ärger der Union.
16.12.2021 | Stand: 16:27 Uhr
Nur eine Woche nach dem Amtsantritt wirbelt die Ampel-Koalition den Bundestag durcheinander: Nach mehr als 70 Jahren haben SPD, Grüne und FDP dem Plenarsaal eine neue Sitzordnung verpasst. Die FDP-Fraktion, die bisher zwischen der AfD und der Union saß, rückt mit dem Parlamentsbeschluss vom Donnerstag an die Seite der Grünen und damit in die Mitte des Plenums. Gleichzeitig sitzen die Abgeordneten von CDU und CSU dadurch in Zukunft direkt neben der AfD-Fraktion - was bei der Union für erheblichen Unmut sorgt.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Thorsten Frei (CDU), nannte das Vorgehen der Ampel einen "Ausdruck von Respektlosigkeit". Er warf der Koalition vor, sie wolle seine Fraktion "an den Rand des Plenums drücken". Die Abgeordneten von CDU und CSU krönten Freis Auftritt in der lebhaften Debatte demonstrativ mit einem lang anhaltendem Schlussapplaus.
FDP rückt nun mehr in die Mitte
Sein FDP-Amtskollege Johannes Vogel bezeichnete die Platzierung der Freidemokraten hingegen als Anomalie im politischen Links-Rechts-Schema der bisherigen Sitzordnung: "Wir sind eine Kraft der politischen Mitte, und deshalb gehören wir auch in die Mitte des Plenums."
Schon 1949 wurde die FDP im Bonner Plenarsaal rechts von der CDU/CSU-Fraktion platziert. Bis in die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts hinein gab es in der FDP nämlich eine starke nationalliberale Strömung, während in Teilen der Union damals noch über einen christlichen Sozialismus debattiert wurde. Doch der Wunsch der FDP nach einem Platztausch mit der Union wurde spätestens in der vergangenen Legislaturperiode ein großes Thema - vor allem wegen der Nachbarschaft zu den ungeliebten Parlamentsneulingen von der AfD.
Linke an AfD: Jeder normale Abgeordnete möchte nicht neben Ihnen sitzen
"Jeder normale Abgeordnete möchte nicht neben Ihnen sitzen", sagte Jan Korte von der Linken an die Adresse der AfD. Seine Fraktion unterstützte den von SPD, Grünen und FDP initiierten Platztausch. Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Irene Mihalic gab sich salomonisch: Der Wunsch der FDP nach einer Änderung sei "mindestens genauso nachvollziehbar" wie der Wunsch der Union nach dem Festhalten am Status quo.
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Die Ampel-Regierung: Das sind Deutschlands Ministerinnen und Minister
Annalena Baerbock, Robert Habeck (beide Grüne), Olaf Scholz (SPD) und Christian Lindner (FDP) waren als Mitglieder der neuen Ampel-Regierung praktisch gesetzt. Ein Überblick über die weiteren Ministerinnen und Ministerinnen.
Bild: Michael Kappeler, dpa
Annalena Baerbock, Robert Habeck (beide Grüne), Olaf Scholz (SPD) und Christian Lindner (FDP) waren als Mitglieder der neuen Ampel-Regierung praktisch gesetzt. Ein Überblick über die weiteren Ministerinnen und Ministerinnen.
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Olaf Scholz (SPD) führt als Bundeskanzler und Nachfolger von Angela Merkel die neue Bundesregierung.
Bild: John Macdougall, dpa
Olaf Scholz (SPD) führt als Bundeskanzler und Nachfolger von Angela Merkel die neue Bundesregierung.
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Anne Spiegel von den Grünen wurde neue Bundesfamilienministerin - allerdings währte ihre Amtszeit nicht lange. Im April 2022 stolperte sie nachträglich über ihr Verhalten als Umweltministerin von Rheinland-Pfalz während der Flutkatastrophe im Ahrtal und trat zurück.
Bild: Andreas Arnold, dpa
Anne Spiegel von den Grünen wurde neue Bundesfamilienministerin - allerdings währte ihre Amtszeit nicht lange. Im April 2022 stolperte sie nachträglich über ihr Verhalten als Umweltministerin von Rheinland-Pfalz während der Flutkatastrophe im Ahrtal und trat zurück.
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Nachfolgerin von Spiegel als Bundesfamilienministerin wurde Lisa Paus. Die Entscheidung kam für viele überraschend - die Grünen-Politikerin hatte sich eher als Finanzexpertin einen Namen gemacht.
Bild: Fabian Sommer, dpa (Archiv)
Nachfolgerin von Spiegel als Bundesfamilienministerin wurde Lisa Paus. Die Entscheidung kam für viele überraschend - die Grünen-Politikerin hatte sich eher als Finanzexpertin einen Namen gemacht.
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Robert Habeck, Bundesvorsitzender der Grünen, übernahm die Leitung des neu zusammengesetzten Wirtschafts- und Klimaschutzministeriums.
Bild: Kay Nietfeld, dpa
Robert Habeck, Bundesvorsitzender der Grünen, übernahm die Leitung des neu zusammengesetzten Wirtschafts- und Klimaschutzministeriums.
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Annalena Baerbock, frühere Bundesvorsitzende der Grünen, ist deutsche Außenministerin.
Bild: Robert Michael, dpa
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Bild: Robert Michael, dpa
Steffi Lemke von den Grünen übernahm das Umweltministerium. Die Agraringenieurin sitzt seit 2002 im Bundestag.
Bild: Hendrik Schmidt, dpa
Steffi Lemke von den Grünen übernahm das Umweltministerium. Die Agraringenieurin sitzt seit 2002 im Bundestag.
Bild: Hendrik Schmidt, dpa
Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) wurde in der Ampel-Regierung Bundeslandwirtschaftsminister.
Bild: Marijan Murat, dpa
Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) wurde in der Ampel-Regierung Bundeslandwirtschaftsminister.
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Karl Lauterbach, Gesundheitsexperte der SPD, wird Bundesgesundheitsminister.
Bild: Michael Kappeler, dpa
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Das Verteidigungsressort übernahm die frühere Justiz- und Familienministerin Christine Lambrecht (SPD).
Bild: Michael Kappeler, dpa
Das Verteidigungsressort übernahm die frühere Justiz- und Familienministerin Christine Lambrecht (SPD).
Bild: Michael Kappeler, dpa
Innenministerin ist die hessische SPD-Politikerin Nancy Faeser.
Bild: Swen Pförtner, dpa
Innenministerin ist die hessische SPD-Politikerin Nancy Faeser.
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Das Bauministerium leitet die Brandenburger SPD-Politikerin Klara Geywitz.
Bild: Kay Nietfeld, dpa
Das Bauministerium leitet die Brandenburger SPD-Politikerin Klara Geywitz.
Bild: Kay Nietfeld, dpa
Wolfgang Schmidt (SPD) übernahm das Bundeskanzleramt. Er gilt als langjähriger Vertrauter des Bundeskanzlers Olaf Scholz.
Bild: Kay Nietfeld, dpa
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Bild: Kay Nietfeld, dpa
Svenja Schulze (SPD), vorher Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, leitet jetzt das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Bild: Kay Nietfeld, dpa
Svenja Schulze (SPD), vorher Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, leitet jetzt das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Bild: Kay Nietfeld, dpa
Hubertus Heil (SPD) bleibt auch in der neuen Bundesregierung Bundesminister für Arbeit und Soziales.
Bild: Bernd von Jutrczenka, dpa
Hubertus Heil (SPD) bleibt auch in der neuen Bundesregierung Bundesminister für Arbeit und Soziales.
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Christian Lindner, Parteivorsitzender der FDP, wurde Finanzminister der Ampel-Regierung.
Bild: Michael Kappeler, dpa
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Bild: Michael Kappeler, dpa
Volker Wissing von der FDP leitet das Bundesverkehrsministerium.
Bild: Michael Kappeler, dpa
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FDP-Politiker Marco Buschmann wird neuer Bundesjustizminister. Buschmann kommt wie Parteichef Lindner aus dem Landesverband NRW.
Bild: Kay Nietfeld, dpa
FDP-Politiker Marco Buschmann wird neuer Bundesjustizminister. Buschmann kommt wie Parteichef Lindner aus dem Landesverband NRW.
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Bettina Stark-Watzinger, FDP-Präsidiumsmitglied, ist Bundesbildungsministerin.
Bild: Michael Kappeler, dpa
Bettina Stark-Watzinger, FDP-Präsidiumsmitglied, ist Bundesbildungsministerin.
Doch geprägt war die Debatte von wechselseitigen Schuldzuweisungen: Sowohl Koalition als auch Opposition betonten, dass es derzeit eigentlich wichtigere Themen gebe. Genau damit begründeten die Ampel-Parteien, dass sie die Änderung der Sitzordnung ursprünglich ohne Debatte durch den Bundestag bringen wollten. Die Union hingegen bestand auf einer Plenardebatte, bezeichnete aber die ganze Reform als überflüssigen "Nebenschauplatz".
Auch in der AfD grummelt es
Von vorweihnachtlichem Frieden konnte in der letzten Sitzungswoche des Jahres jedenfalls keine Rede sein, denn auch in der AfD grummelt es. Nachdem ihr Kandidat für den Posten des Bundestagsvizepräsidenten - wie üblich - wiederholt keine Mehrheit fand, fielen nun auch ihre Kandidaten für die Vorsitze der Bundestagsausschüsse für Inneres, Gesundheit und Entwicklung durch.
Bei der Abstimmung über die Sitzordnung enthielt sich die AfD. Ihr Abgeordneter Stephan Brandner sagte zwar, er wolle nicht mehr neben der "grün-links-devoten Postengrapscher-Truppe" und den "blasierten Typen von der FDP" sitzen, gab sich letztlich aber großzügig: "Uns ist sowieso wurscht, wer neben uns sitzt."