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Abschiedsschmerz und Vorfreude: Was vor der Sommerpause im Landestheater geboten ist

Landestheater Schwaben

Abschiedsschmerz und Vorfreude: Was vor der Sommerpause im Landestheater geboten ist

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    20 Jahre stand Anke Fonferek auf der Landestheater-Bühne. Nun geht sie nach Oberhausen. Zum Abschied gönnte sie sich einen persönlichen Liederabend.
    20 Jahre stand Anke Fonferek auf der Landestheater-Bühne. Nun geht sie nach Oberhausen. Zum Abschied gönnte sie sich einen persönlichen Liederabend. Foto: Forster

    Die Schlussrunde ist eingeläutet: Am vergangenen Samstag fand im Landestheater Schwaben (LTS) mit einem Liederabend von Anke Fonferek die letzte Premiere unter der Intendanz von Kathrin Mädler statt, die nach sechs Jahren in Memmingen nun das Theater Oberhausen leiten wird. Am nächsten Samstag, 25. Juni, folgt ein großer Abschiedsabend mit dem gesamten Ensemble – das sich mit der Ära Mädler – wie berichtet – praktisch auflöst: Sie nimmt sieben Schauspielerinnen und Schauspieler mit ins Ruhrgebiet, dazu ihre Chefdramaturgin, ihre Ausstattungsleiterin, eine weitere Dramaturgin und einen Regieassistenten. Zwei Schauspielerinnen wechseln an andere Häuser, nur zwei bleiben.

    Es steht also ein Abschied bevor, der dem Publikum weh tun wird, das in den Mädler-Jahren ein politisches, leidenschaftliches Theater nah am Zeitgeschehen erleben durfte. Es hat auch überregional Aufsehen erregt. Dass der Abschied weh tut, nimmt Mädler als „schönstes Lob“ mit. „Doch ich hoffe auch, dass für das Publikum die Begegnung mit neuen, anderen Künstlern und Künstlerinnen ganz neue Perspektiven und Anregungen bietet“, sagt sie. Theater bedeute ja immer einerseits den Aufbau von Vertrauen und die gemeinsame künstlerische Weiterentwicklung. Und andererseits Inspiration durch Veränderung und neue Begegnungen – für das Publikum ebenso wie für die Künstler. Nun freue sie sich wahnsinnig, dass sich die Kolleginnen und Kollegen entschieden haben, den gemeinsamen Weg unter ganz neuen Bedingungen fortzusetzen.

    Die Gründe dafür, warum Kathrin Mädler Schauspielerinnen und Schauspieler von Memmingen mit nach Oberhausen nimmt

    Was aber zeichnet diejenigen aus, die Mädler aus der so genannten Provinz mit ans große Haus in Nordrhein-Westfalen nimmt? Ganz individuelle künstlerische und persönliche Qualitäten, sagt sie. Was sie eint – und was für das gesamte LTS-Ensemble gelte – sei, dass sie alle sowohl hervorragende Schauspielerinnen und Schauspieler, als auch starke Persönlichkeiten seien, die genau wüssten, warum sie Theater machen wollen. „Sie haben eine starke Haltung und machen mit großer Energie, Leidenschaft und Spiellust die Bühne zu einem relevanten Ort“, sagt die Intendantin.

    Noch einmal auf der Memminger Bühne stehen sie ein letztes Mal im Rahmen des Abends „Von Herzen – Liebesszenen aus sechs Jahren Memmingen“ (am 25. Juni gibt es zwei Vorstellungen um 18 und um 20.30 Uhr). Damit bedankt sich das scheidende Ensemble für diese „wunderbaren Jahre“, in denen ihm das Publikum sein „Vertrauen und seine Theaterbegeisterung“ geschenkt hat und in denen es „sehr viel Offenheit, Liebe und Herzlichkeit erfahren durfte“. Eine ebenso wehmütige wie glückselige Reise durch die Inszenierungen der letzten Jahre – und damit durch die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden am Haus – sei die Vorbereitung darauf gewesen, sagt Mädler. Mal sehr (selbst)kritisch, mal selbst überrascht und manchmal auch ganz zufrieden. „Wir haben hier viel ausprobieren und erleben dürfen, manches hat uns stark geprägt, es sind für mich echte künstlerische Highlights dabei, und ab und zu haben wir auch arg danebengehauen.“

    Ihre ganz eigenen Abschiedsabende hat Schauspielerin Anke Fonferek mit der Premiere von „Ich seh’ den Mond und denk’ an Dich“ auf den Weg gebracht. Auch sie, die Dienstälteste im Ensemble, verlässt das Theater nach 20 Spielzeiten jetzt Richtung Oberhausen. Als „Wechselbad der Gefühle, zwischen tiefem Abschiedsschmerz und Vorfreude auf alles Kommende“ beschreibt Fonferek ihre momentane Gemütslage vor diesem Aufbruch. Sie hat fast ein dreiviertel Jahr mit sich gerungen, ob sie es wagen soll. „Das hat mich schon etliche schlaflose Nächte und einiges mehr gekostet“, sagt die 50-Jährige.

    Der Weggang aus Memmingen sei völlig logisch, sagt Anke Fonferek

    Sie hat sich gefragt, ob sie nochmals den Mut und den Elan hat, ganz von vorn anzufangen, sich alles neu zu erobern. „Andererseits fühle ich mich bei Kathrin Mädler künstlerisch so zu Hause, dass mein Weggang eigentlich total logisch ist“, beschreibt sie das, was dann den Ausschlag gab. „Tja, und jetzt mischen wir halt den Ruhrpott auf.“

    Dabei war der geborenen Stralsunderin diese Ecke der Republik bisher völlig fremd. „Mittlerweile war ich schon ein paar Mal in Oberhausen, also da will ich auch nix beschönigen: Landschaftlich ist es nicht der Klopper, ist halt tiefstes Ruhrgebiet.“ So beschreibt Fonferek ihre ersten Ausflüge. Aber dafür seien Essen, Dortmund, Düsseldorf und Köln ganz nah. „Und die Menschen, die ich bis jetzt kennenlernen durfte, sind wahnsinnig offen und freundlich“, findet sie.

    Was Anke Fonferek in Memmingen vermissen wird

    Doch ganz loswerden sollen sie die Memmingerinnen und Memminger nicht: „Es gibt meiner Meinung nach drei Konstanten im Leben einer Frau: Zahnarzt, Friseur und Frauenarzt. Die belasse ich auch alle in Memmingen.“ Zudem werde sie regelmäßig hier sein, weil es Menschen gibt, die ihr wichtig sind – und weil sie neugierig darauf ist, wie es mit dem Theater weiter geht, das künftig die Doppelspitze Alexander May und Christine Hofer leitet. Vermissen wird Fonferek die „tolle Lebensqualität“ im Allgäu – aber nicht den Dialekt.

    Warum Anke Fonferek, die das Publikum in 20 Jahren in unzähligen Rollen erlebt hat, sich jetzt mit einem musikalischen Abend verabschiedet? „Das fragen sich bestimmt viele Menschen, wie das geht“, scherzt sie. Und verrät, dass dieses Programm schon seit drei Jahren auf ihrem Schreibtisch schlummert. Sie hatte es für sich und Ekaterina Isachenko geschrieben, nachdem sie die Musikerin bei einer gemeinsamen Produktion kennengelernt hatte.

    „Im Laufe der Jahre wurde es dann immer wieder modifiziert und meinen Lebensumständen angepasst“, erzählt Anke Fonferek. Geworden ist daraus ein sehr persönlicher Abend über die Liebe und das Leben – und Isachenko als „perfekter Partnerin an meiner Seite“ (weitere Aufführungen auf der Foyerbühne am 18. Juni, 1. und 2. Juli um 20 Uhr sowie am 3. Juli um 19 Uhr).

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