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Auf den Spuren des Jahrhundert-Designers Otl Aicher

Ausstellung in Isny

Auf den Spuren des Jahrhundert-Designers Otl Aicher

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    An etlichen Orten in Isny ist Otls Aichers Design zu sehen – unter anderem an der Stadtmauer.
    An etlichen Orten in Isny ist Otls Aichers Design zu sehen – unter anderem an der Stadtmauer. Foto: Harald Holstein

    Die Stadt Isny gedenkt Otl Aicher auf ganz eigene Weise. Der gebürtige Ulmer, der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre, gilt als der deutsche Jahrhundert-Designer. Er siedelte 1972 nach Rotis ins Allgäu um, einem Weiler zwischen Leutkirch und Legau, und gestaltete in den 1970er Jahren ein einheitliches Design für die Stadt Isny. Diese Entwürfe gelten in ihrer Konsequenz als einzigartig. Die 136 schwarz-weißen Bildtafeln zeigen symbolisch, was die Stadt und ihre Umgebung ausmacht.

    Zu Aichers Geburtstags-Jubiläum begegnen einem die Tafeln in der Stadt auf Schritt und Tritt: an der Stadtmauer, an der Glasfassade des Kurhauses, in Geschäften. Sogar Busse des öffentlichen Nahverkehrs sind mit den Emblemen konsequent in schwarz und weiß gestaltet. Die aufs Wesentliche reduzierten Piktogramme setzen fort, was Otl Aicher 1972 für die olympischen Spiele in München gestaltete. Noch immer üben die auf klare Flächen und wenige Linien eingeschmolzenen Darstellungen ihre Magie auf den Betrachter aus. Sie zeigen, wie wenig die menschliche Wahrnehmung benötigt, um Raum, Tiefe, Bewegung und Körper zu empfinden.

    Von Otl Aicher für die Stadt Isny entworfene Piktogramme finden sich in der ganzen Stadt. Hier ein Blick in den Pavillon "aichermagazin".
    Von Otl Aicher für die Stadt Isny entworfene Piktogramme finden sich in der ganzen Stadt. Hier ein Blick in den Pavillon "aichermagazin". Foto: Harald Holstein

    Kernstück des Isnyer Gedenkens an Otl Aicher ist das von den Architekten Lenz Schnell und Malte Sunder-Plassmann entworfene „aichermagazin“ im Kurpark, ein temporärer Pavillon aus schwarzem Holz. An den Außenwänden finden sich die für Isny gestalteten Bildtafeln, zu denen man via QR-Code eingesprochene Text auf dem Handy aufrufen kann (WLAN-Verbindung steht bereit). 52 Hörtexte nehmen die Motive der Piktogramme zum Anlass, viel über Isny und das Allgäu zu erzählen. Wetterexperte Roland Roth spricht über den Klimawandel, Friedrich Moch (Olympiateilnehmer beim Langlauf in Peking) erzählt von seinem Karrierestart beim WSV Isny. Kulturhistorisches fließt ebenso ein wie Literatur und Sprachkunde.

    Bis Oktober wartet die Stadt mit Kreativworkshops, Literaturprojekten, Aufführungen, Mitmachaktionen und Stadtführungen auf, die sich mit dem befassen, was Otl Aicher mit der Stadt Isny verband: die Wertschätzung von gutem Essen und frischen Kräutern – am besten aus dem eigenen Garten –, das Sinnliche, gutes Bier, Musik, Sport und noch einiges mehr.

    Isny gedenkt Otl Aicher (1922 bis 1991): Die Bildzeichen, die der Designer für die Stadt Isny schuf, sind auch auf Bussen zu sehen.
    Isny gedenkt Otl Aicher (1922 bis 1991): Die Bildzeichen, die der Designer für die Stadt Isny schuf, sind auch auf Bussen zu sehen. Foto: Harald Holstein

    Im Inneren des Pavillons, der rund um die Uhr und an allen Tagen kostenfrei zugänglich ist, umreißen Texttafeln und Fotos Lehre, Forschung und Lebensphilosophie von Otl Aicher. Leider gibt es keine Aufbereitung mit eingelesenen Texten. Nur ein Link öffnet Ausschnitte zu der einzigen Dokumentation, für die sich Aicher interviewen ließ. Wer tiefer in Leben und Werk des Jahrhundert-Designers eintauchen möchte, der sich auch konsequent dem Nationalsozialismus verweigerte, wird enttäuscht.

    Otls Aichers Schaffen und seine streitbare Persönlihckeit lassen sich nicht auf vier Wänden darstellen

    Besucherinnen und Besucher sehen hier nur die Spitze eines Eisbergs. Freilich lässt sich Aichers umfassendes Schaffen, sein kulturkritisches und politisches Denken, sein essayistisches Werk und seine streitbare, nicht immer einfache Persönlichkeit nicht auf vier Wänden darstellen. Der mediale Aufwand zielt sehr auf die Region ab – und zu wenig auf den Jubilar.

    Dennoch ist die Freiluftausstellung der Stadt Isny, die noch bis Oktober läuft, verdienstvoll und notwendig. Denn sie erinnert daran, dass es sich lohnt, Otl Aichers wichtige Impulse zu einer ethischen Gestaltung unserer Lebenswelt wieder in Betracht zu ziehen. Der kraftvolle und kritische Geist starb 1991 mit nur 69 Jahren an den Folgen eines Verkehrsunfalls.

    Infos und Veranstaltungen online unter isny.de/otlaicher

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