Memmingen, Kempten, Sonthofen - im Allgäu kommt es immer wieder zu Bränden. Chemieunfälle, wie der in Blaichach am Anfang der Woche, kommen im Vergleich eher seltener vor. Trotzdem ist die Feuerwehr bestens auf solche Einsätze vorbereitet.
Was ist der Unterschied zwischen einem Brandeinsatz und einem Chemieunfall?
Zwischen einem Brandeinsatz und einem Einsatz mit dem Gefahrgutzug herrscht von Anfang an ein großer Unterschied, erklärt Hans-Peter Scharm, Stadtbrandmeister der Feuerwehr Kempten. "Bei einem normalen Brand fährt man direkt zur Einsatzstelle und es geht los."
Chemische Stoffe können allerdings harmlos bis hochgiftig sein, deswegen ist für die Feuerwehrleute höchste Vorsicht geboten. Die goldene Regel: Erst einmal etwa 50 Meter von der Einsatzstelle entfernt bleiben.
Auch das Equipment spielt eine große Rolle. Der Behälter "Gefahrengut" der Feuerwehr Kempten beinhaltet laut Scharm um die 7000 Einzelteile. Dazu gehören unter anderem Absperrmöglichkeiten aber allen voran Chemikalienschutzanzüge (CSA-Anzug) und Atemschutzgeräte für die Einsatzkräfte.
Chemieunfall in Blaichach verhindert: Menschenrettung ist "oberste Prio"
Vor Ort angekommen, geht es dann los mit der Lageerkundung. "Am besten ist es, wenn bereits Betriebsangehörige vor Ort sind, die einem erklären können, was eigentlich los ist", sagt Scharm.
Die Feuerwehrleute in CSA-Anzügen sind per Funk mit ihrem Einsatzleiter vernetzt und informieren ihn durchgehend über den Stand der Dinge. Wie bei einem Brandeinsatz auch sei Menschenrettung "oberste Prio", betont der Brandmeister.
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Um die Chemikalie nicht in die Außenwelt zu tragen, müssen die Einsatzkraft und der potentielle Verletzte das Gebäude dabei über einen extra aufgebauten "Dekon-Platz" verlassen. Hier werden sie gereinigt und wechseln ihre Klamotten.
Die CSA-Anzüge werden nach dem Einsatz geprüft und gründlich gereinigt. Sollte der Anzug beschädigt sein, wird er entsorgt. Für die Feuerwehr ein großer Verlust: Ein CSA-Anzug koste etwa 3000 Euro, sagt Scharm.
Chemieunfälle: Tragen des CSA-Anzugs belastend für Feuerwehr
Zu dem Gefahrengutzug der Feuerwehr Kempten gehören 44 Feuerwehrmänner und eine Feuerwehrfrau. Sie alle sind nicht nur ausgebildete Atemschutzträger, sondern haben auch einen extra Lehrgang zum An- und Ausziehen des CSA-Anzugs belegt. Das sei nämlich nicht nur physisch sondern auch psychisch belastend, sagt Scharm. "Man ist komplett von der Außenwelt isoliert." Dadurch, dass man in den Anzug reinatmet, werde es mit der Zeit immer wärmer.
Im Gegensatz zu einem Brandeinsatz, wo man etwa 30 Minuten im Schutzanzug verbringen könne, verringere sich die Einsatzzeit bei einem Chemieunfall um die Hälfte, erklärt Scharm. Kommen dann auch noch "extreme Temperaturen" dazu, könne es kritisch werden. In Blaichach erlitten laut Polizeibericht zwei Feuerwehrmänner einen Kreislauf-Zusammenbruch.
Doch die 45 Feuerwehrleute könnten so einen Einsatz nicht alleine schaffen. Umliegende Feuerwehren und andere Hilfsorganisationen wie das THW werden im Normalfall immer hinzugezogen, zum Beispiel für den Auf- und Abbau der Dekon-Station. Die Zusammenarbeit mit den Kollegen funktioniere sehr gut und sei extrem wichtig, betont Scharm. "Wir führen auch manchmal gemeinsame Übungen durch."