Sie hätten einfach auf ein Glas Sekt und Häppchen einladen können. Und fertig. Stattdessen ging es schonungslos zu: Was passiert, wenn sich der Planet um mehr als 1,5 Grad im Schnitt erwärmt - und wie ist das im Allgäu zu spüren? Wann wird in der Region das Wasser knapp? Die Antworten zu solchen Themen gab es am Donnerstag, es war der 25. Geburtstag des Energie- und Umweltzentrums Allgäu, kurz: EZA, mit Sitz in Kempten.
Dessen Aufgabe ist es, gegen den Klimawandel zu kämpfen und sich für die Energiewende in der Region einzusetzen, etwa, in dem es Privatleute und Kommunen in Sachen erneuerbare Energie berät. Und so gab es zum Geburtstag für die mehr als hundert geladenen Gäste deutliche Worte, die klar machten, dass sich jeder am Klimaschutz beteiligen müsse. Und danach auch ein Glas Sekt.
EZA wird 25: Zum Geburtstag schildern die Berater die Folgen der Erderwärmung
Zwei Grad mehr - das ist nicht harmlos: Warum es wichtig ist, dass so schnell wie möglich weniger klimaschädliche Emissionen ausgestoßen werden, machte Dr. Isabel Wendl deutlich, im EZA für Klimabildung zuständig. Erwärmt sich die Welt um durchschnittlich ein bis 1,5 Grad, schmelzen die Eiskappen an den Polen, die Weltmeere steigen.
Bei zwei bis drei Grad stirbt der Regenwald am Amazonas, die grüne Lunge des Planeten. Ab 3,7 Grad besteht die große Gefahr, dass die atlantische Umwälzzirkulation stoppt, was das Weltklima insgesamt noch mehr durcheinander bringen würde. "Dann haben wir eine Welt, die nichts mehr mit dem zu tun hat, wie sie aktuell ist." Weitere Folgen des Klimawandels, die auch im Allgäu zu spüren wären und teilweise schon sind: Durch Dürren würden Böden leiden, was die Lebensmittelproduktion einschränken würde. Dann gebe es mehr Streit und Kriege um Nahrung und mehr Klimaflüchtlinge.
Auch im Allgäu werde es Wasserknappheit geben und die Anzahl der Hitzetoten steigen. Trotz all dieser Vorhersagen unternehme die internationale Gemeinschaft zu wenig: Wenn das umgesetzt werde, was bisher beschlossen worden ist, "kommen wir auf 3,2 Grad Celsius" durchschnittliche Erderwärmung, sagte Isabel Wendl.
Erneuerbare Energien spielen eine Schlüsselrolle beim Kampf gegen den Wandel
Wie viele Windräder, Fotovoltaikanlagen und sanierte Häuser nötig sind: Eine Schlüsselrolle im Kampf gegen den Klimawandel spiele die erneuerbare Energie, sagte Dr. Hans-Jörg Barth, bei der EZA Bereichsleiter Klimaschutz. Aus ihr müssten künftig 100 Prozent des Stromes gewonnen werden für Haushalt, Heizen und Mobilität.
Bayern hat sich vorgenommen, bis 2040 klimaneutral zu werden. Was dazu nötig ist, stellte Barth mit Zahlen dar: Pro Woche müssten im Freistaat ab jetzt Photovoltaik-Freiflächen in der Größe von 54 Fußballfeldern gebaut werden. Es müssten 2800 Photovoltaikanlagen auf Dächern installiert und zwei bis drei Windräder aufgestellt werden - pro Woche.
Ebenfalls alle sieben Tage müssten in 1000 Häusern alte Heizungen gegen klimafreundlichere ausgetauscht werden. Zudem müssten pro Woche 6000 Verbrenner- durch Elektrofahrzeuge ausgetauscht werden. Bei der Photovoltaik stehe Bayern bisher ganz gut da. Beim Wind nicht. Doch: "In einem zukünftigen Stromsystem brauchen wir einen Mix aus unterschiedlichen Energieformen", sagte Barth. Dazu gehöre auch Windenergie.
Die Stadt der Zukunft - kommt das Auto oder das Rad an erster Stelle?
Berechnung: Auto oder Fahrrad? Soll die Infrastruktur der Stadt für Autofahrer oder Radler ausgebaut werden? Dieser Frage ist Kopenhagen in Dänemark nachgegangen. Und zwar mit einer Kosten-Nutzen-Analyse. Davon erzählte am Donnerstag Mobilitätsforscher Prof. Stefan Gössling von der Universität Kalmar in Schweden. Das Ergebnis: Jeder Kilometer, der mit einem Auto gefahren wird, koste die Stadt 15 Cent, beispielsweise für den Erhalt der Straßen. Mit jedem Fahrradkilometer hingegen gewinne die Stadt 15 Cent. Unter anderem weil Radler durch die Bewegung gesünder lebten und weniger Gesundheitskosten anfielen. Als das Ergebnis klar war, habe Kopenhagen 134 Millionen Euro investiert und 28 Radschnellwege gebaut.
Was das EZA für Privatleute und Kommunen tun will: In den vergangenen 25 Jahren seien 50.000 Menschen, Institutionen, Kommunen und Landkreise von der EZA beraten worden, sagte Thomas Kiechle, Vorsitzender der EZA-Gesellschafterversammlung und Kemptens Oberbürgermeister. Solche Beratungen seien weiterhin einer der Schwerpunkte, sagte EZA-Geschäftsführer Martin Sambale. Die Onlineberatung solle weiter ausgebaut werden. Zudem habe sie den Auftrag des Freistaates, Kommunen etwa zum Thema Nachhaltigkeit zur Seite zu stehen. Unternehmen will das EZA dabei helfen, klimaneutral zu werden.
Das EZA: ... ist eine gemeinnützige GmbH zur Förderung erneuerbarer Energien und effizienter Energienutzung. Gesellschafter sind Kommunen, Unternehmen und Initiativen aus dem Allgäu.