Gelb, gelb, gelb – soweit das Auge reicht. Gerade im Allgäu erblühen die Wiesen jetzt im Frühjahr oftmals nur in dieser einen Farbe. Grund dafür ist der Löwenzahn. Besser gesagt: der Gewöhnliche Löwenzahn aus der Familie der Korbblütler. Ein Dorn im Auge eines jeden Gärtners, der etwas auf seinen gepflegten Rasen hält. Ist für sie der Löwenzahn doch nur ein lästiges Unkraut, das den Garten verschandelt.
Zu Unrecht, sagt Cornelia Bader, ausgebildete Wildkräuterführerin aus Oberstdorf: „Löwenzahn ist eine sehr nützliche Pflanze, sowohl für die Gesundheit als auch für die Natur.“ Die Bitterstoffe in der Pflanze wirken verdauungsfördernd, regen den Stoffwechsel an und entgiften. Auch lindere Löwenzahn Gicht- und Rheumaschmerzen und sei gut bei Hautunreinheiten.
Selbst der weiße Pflanzensaft in Stängel und Blättern ist entgegen mancher Gerüchte nicht giftig. „Bei empfindlichen Menschen kann er allerdings zu Magenreizungen führen. Aber als Tinktur gegen Warzen ist der Saft ideal“, sagt Bader. Nur wer unter Gallen- oder Nierensteinen leide, sollte vorsichtig sein, da die Pflanze harntreibend wirke.
Ob als Tee oder Salat: Rezepte mit Löwenzahn gibt es viele
Sie empfiehlt, vor allem die jungen Blätter des Löwenzahns zu essen, da sie zarter sind und nicht ganz so viele Bitterstoffe enthalten, „die wir heute nicht mehr gewohnt sind“. Und sie enthalten viele Mineralien, Vitamine und Spurenelemente. Löwenzahn-Rezepte gibt es unzählige, die Pflanze lässt sich in den verschiedensten Arten und Weisen verzehren: etwa als Salat, Sirup, Gelée, Tee, Likör oder als Suppenbeigabe.
Tiefe Wurzeln: Löwenzahn wichtig für den Boden
Aber auch für den Boden ist die Pflanze wichtig, wie die Wildkräuterführerin erklärt. Löwenzahn ist eine Kaliumquelle. Und mit seinen bis zu einem Meter tiefen Pfahlwurzeln lockert der Löwenzahn den Boden auf, zieht Nährstoffe an, speichert sie und fördert sie nach oben. Außerdem sei die Umgebung der Wurzeln „die Kinderstube von Regenwürmern“, die den Boden ebenfalls auflockern und den Garten gesund halten.
Gartenbesitzern rät Cornelia Bader daher: „Der Löwenzahn ist kein Unkraut, sondern ein Gartenhelfer.“ Auf einem lockeren und nährstoffreichen Boden wachse auch alles. „Erdbeeren zum Beispiel reifen neben Löwenzahn viel schneller und tragen mehr Früchte.“ (Lesen Sie auch: Wie der Gemüse-Anbau im Hochbeet oder Garten gelingt)

Warum wächst so viel Löwenzahn im Allgäu?
Die Böden und ihre Bewirtschaftung im Allgäu sind auch ein Grund dafür, warum der Löwenzahn in dieser Region so verbreitet ist, wie Thomas Kölbl, Geschäftsführer der Geschäftsstelle Kaufbeuren-Landsberg des Bayerischen Bauernverbands, sagt: „Im Allgäu haben wir viel Grünlandnutzung der Mähwiesen und Weiden, die auch gedüngt werden. Das mag der Löwenzahn, der auf nährstoffreichen Böden wächst.“
Auf die Frage, ob der viele Löwenzahn im Allgäu dann nicht auf eine Überdüngung der Böden zurückzuführen sei, antwortet Kölbl, dass das nur selten so sei. „Aber in den meisten Fällen wird so gedüngt, dass das, was der Landwirt als Ertrag vom Boden runterholt, als Nährstoffzufuhr wieder als Dünger auf den Boden kommt. Das Ziel ist eine Kreislaufwirtschaft.“
Doch wie viel Löwenzahn auf den Wiesen ist gut? Franziska Mitzdorf, Pflanzenbauberaterin vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kaufbeuren, sagt: „Mit rund einem Fünftel Löwenzahn kann man leben.“ Werde er mehr, würden automatisch wertvolle Bestandsbildner wie Gräser oder andere Kräuter verdrängt.
Löwenzahn als Futterpflanze für Kühe
Bei zu viel Löwenzahn sollte die Wiese das erste Mal gemäht werden, bevor der Löwenzahn aussamt. „Jeder kennt die Pusteblume, das sind natürlich sehr viel Samen, die wieder keimen und neue Löwenzahnpflanzen ergeben“, erklärt Mitzdorf. Ganz wichtig sei in dem Zusammenhang, dass durch Nachsaat und angepasste Düngung eine dichte Grasnarbe vorhanden sei. „Denn in jeder Lücke kommt ein Löwenzahn.“

Kühe lieben den Löwenzahn übrigens, sagt Thomas Kölbl vom Bayerischen Bauernverband. Und das Betakarotin in der Pflanze mache die Butter schön gelb. Frisch verfüttert sei der Löwenzahn eine gute Futterpflanze. Allerdings bringt der Löwenzahn nicht den Masseertrag an Menge und Inhaltsstoffen wie andere Gräser. Das bestätigt auch Pflanzenbauberaterin Franziska Mitzdorf vom Landwirtschaftsamt: „Die höchste Futterqualität haben zum Beispiel der Weißklee und das Weidelgras.“
Löwenzahn im Allgäu: Unnützes Unkraut oder nützlicher Helfer?
Für Heu eignet sich die Pflanze auch nicht. Der Löwenzahn wird spröde und bröselt. „Die Bröckelverluste sind extrem“, sagt Thomas Kölbl. Zur Silageherstellung eigne er sich besser. Neben Kühen schmeckt der Löwenzahn auch Insekten, wie Franziska Mitzdorf sagt. Gerade im zeitigen Frühjahr sei er mit seiner Pollenmenge wichtiges Futter für Bienen, die ihre Völker aufbauen.

Alles in allem ist der Löwenzahn entgegen seines schlechten Rufs, ein unnützes Unkraut zu sein, also eine nützliche Pflanze. „Die Vorteile überwiegen klar“, sagt Mitzdorf. Einziges Aber: „Wie bei allem macht die Dosis das Gift.“