An einer großen Notfall-Übung am Flughafen Memmingen waren am Freitagabend rund 100 Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, THW und Rettungsdiensten beteiligt.
Bild: Roland Schraut
An einer großen Notfall-Übung am Flughafen Memmingen waren am Freitagabend rund 100 Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, THW und Rettungsdiensten beteiligt.
Bild: Roland Schraut
Dunkle graue Wolken ziehen auf, vereinzelt zucken Blitze am Himmel und Donnergrollen ist zu hören: Das Wetter trägt zeitweise zur Dramatik der Szene bei, während sich Feuerwehrleute durch Rauch und Trümmerteile zu den Passagieren im soeben verunglückten Flugzeug vorarbeiten. Glücklicherweise ist das, was sich da am Freitagabend im südlichen Bereich des Memminger Flughafens abspielt, ein „Notfall mit Ansage“: Rund 100 Einsatzkräfte trainieren bei einer Großübung für den Ernstfall.
Regelmäßig solche Übungen durchzuführen, ist laut Flughafen-Geschäftsführer Ralf Schmid Vorschrift. Bei der Vorab-Besprechung sagt er: „Wir hatten bisher kein schweres Ereignis, keinen Personenschaden und keinen Todesfall.“ Eine Tatsache, für die er – gerade mit Blick auf die Zunahme der Fluggastzahlen in den vergangenen Jahren – dankbar sei. Anlass, sich zurückzulehnen, sei sie nicht. So erklingen gegen 19 Uhr Sirenen und während im Hauptbereich des Airports der reguläre Betrieb weiterläuft, machen sich die Einsatzkräfte daran, ein verheerendes Szenario zu bewältigen.
Auf einem von drei Abschnitten des Übungsbereichs steht ein Flugzeug, umhüllt von Qualm und umgeben von Trümmerteilen wie einer herausgerissenen Sitzreihe. Simuliert wird der Fall, dass nach einem zu tiefen Anflug an einem Airbus A319 die Reifen an Lichtmarkierungen der Landebahn aufgeschlitzt werden. Das Flugzeug mit 79 Menschen an Bord kommt von der Piste ab und rutscht in unwegsames Gelände. Dabei wird eine Flugzeughalle zerstört und mehrere untergestellte Maschinen sowie ein Teil der benachbarten Kartbahn sind in Mitleidenschaft gezogen. Die Passagiere sind in der Maschine eingeschlossen.
Nun kommt es auf jeden Handgriff, jede Minute an – und damit auf bestmögliche Kommunikation und das reibungslose Zusammenspiel der Retter. „Bei so einem Einsatz herrscht ein wahnsinniger Bedarf an Informationen, die fließen müssen“, sagt der Memminger Stadtbrandrat Raphael Niggl, der als Zuschauer vor Ort ist. Dabei geht es nach seinen Worten beispielsweise um die Abstimmung der beteiligten Organisationen und um die nahtlose Versorgung Verletzter, aber auch um die Warnung für die Retter, sollte im Einsatzbereich ein Gefahrenpotenzial aufkommen.
All das soll bei der Übung überprüft und trainiert werden. Beteiligt sind das Technische Hilfswerk (THW), Rettungsdienste mit Einsatzleitung, die Polizei, die Feuerwehr des Flughafens sowie zusätzlich jene aus Memmingerberg, Benningen, Holzgünz und Trunkelsberg. Auch die Unterallgäuer Kreisbrandinspektion und die Unterstützungsgruppe örtliche Einsatzleitung aus Benningen wirken mit, zudem verfolgen Beobachter den Verlauf der Übung für die spätere Auswertung. Beim Flugzeug-Wrack, das durch eine kleinere Maschine als Attrappe dargestellt wird, sind als erstes zwei Fahrzeuge der Airport-Feuerwehr zur Stelle. Als zu Beginn der Löscharbeiten aus einem ein kraftvoller Wasserstrahl herausschießt, weichen einige Zuschauer im Besucherbereich am Rand des Geländes zurück. Weitere Feuerwehrleute verlegen Schläuche für den Löschangriff, einige machen sich mit Atemschutzgerät samt Maske bereit für die Rettung der Eingeschlossenen aus der Kabine.
Dabei bietet sich kurz ein kurioser Anblick, denn Passagiere und Verletzte werden im Szenario nicht nur von Freiwilligen dargestellt, sondern auch durch Plüschtiere und Puppen. Als erster „Fluggast“ wird so ein großer Plüschbär ins Freie gebracht. Nacheinander gelangen dann alle Flugzeuginsassen nach draußen. Verletzte werden auf Tragen zu einem Übergabebereich gebracht, der mit etwas Abstand auf der Rückseite des Wracks eingerichtet worden ist. Dort warten die Rettungsdienste, kümmern sich um die weitere Versorgung der Betroffenen.
Seitlich vor dem Flugzeug läuft die Bergung von Personen, die unter Trümmerteilen eingeklemmt sind. Dafür heben die Feuerwehrleute die Attrappe mit Stützen an und befreien die darunterliegende Übungspuppe. Später steigen Drohnen mit Wärmebildkamera über dem Gelände auf: Mit ihnen unterstützt das THW die Suche nach Passagieren, die in Panik in den Wald gelaufen sind. Nebenan sind die Löscharbeiten an der laut Szenario in Brand stehenden Flugzeughalle weit vorangeschritten. Nach etwa einer Stunde neigt sich die Übung dem Ende zu.
Das Zusammenwirken aller Beteiligten sei „hervorragend gelungen“, sagt Ralf Schmid am Freitagabend in einer ersten Bilanz. Obwohl eine abschließende Bewertung noch aussteht, sieht er die Aufgabenstellung zum Großteil erfüllt. „Natürlich gibt es immer Details, die man verbessern kann: Eine Übung dient ja auch dazu, mögliche Schwachstellen zu erkennen.“