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Meteorit "Neuschwanstein": Warum bis heute ein Brocken verschollen ist

Meteoriten-Einschlag bei Schwangau

Meteorit "Neuschwanstein": Warum bis heute ein Brocken verschollen ist

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    Ein Meteorit krachte 2002 in der Nähe der Königsschlösser auf die Erde. Drei Brocken wurden gefunden. Der vierte ist bis heute verschollen.
    Ein Meteorit krachte 2002 in der Nähe der Königsschlösser auf die Erde. Drei Brocken wurden gefunden. Der vierte ist bis heute verschollen. Foto: Tobias Kuhl (Symbol)

    Drei rostig-braune Steinbrocken, zusammen gut sechs Kilo schwer und groß wie Kinderköpfe. Kaum zu glauben, dass sie einen altgedienten Astrophysiker wie Dieter Heinlein jubeln lassen wie einen kleinen Buben. „Für mich ist das die Erfüllung eines Lebenstraums“, frohlockt der Augsburger. Dieser Lebenstraum begann in einer Aprilnacht 2002 im Allgäu. Mit Donnergrollen und blitzendem, in ganz Süddeutschland sichtbarem Leuchten stürzten damals nahe des Schlosses Neuschwanstein mehrere Meteoriten zur Erde. Das letzte vergleichbare Ereignis in Bayern geschah 1846.

    Drei der eisenhaltigen Himmelskörper wurden später im bayerisch-tirolerischen Grenzgebiet des Ammergebirges von Suchtrupps gefunden. Der vierte Brocken aber blieb unentdeckt. Dass die mutmaßlichen Fundstellen bis auf einige hundert Meter genau lokalisiert werden konnten, lag am „Feuerkugelnetz“ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) – ein Netzwerk von Kameras, das die Flugbahn der Meteoriten genau dokumentiert hatte. „So konnten wir erstmals den Einschlagsort von Meteoriten exakt eingrenzen“, erläutert DLR-Mitarbeiter Heinlein. Auch das mache „Neuschwanstein“, wie der Fall der 4,5 Milliarden Jahre alten Steinbrocken wegen des nahen Schlosses getauft wurde, für die Wissenschaft einzigartig. „Egal ob in Kanada oder Australien – dieses Ereignis kennt in der Fachwelt jeder“, ist der 64-Jährige sicher.

    Ein Brocken ist bis heute verschollen

    Bis heute ist der vierte Brocken des Meteors „Neuschwanstein“ verschollen geblieben. „Die Chance, dass er je gefunden wird, ist äußerst gering“, sagt Heinlein. Denn das Gelände ist nur schwer zugänglich. Das Streufeld, auf dem sich der Brocken nach den Berechnungen des DLR befinden könnte, liegt auf 1600 bis 1800 Metern Höhe. „Wir haben nach dem Meteor gesucht, der circa ein Kilo schwer ist. Aber wir waren nicht erfolgreich.“ Trotzdem machen sich hin und wieder Schatzsucher auf den Weg und versuchen ihr Glück. „Wir machen schließlich kein Geheimnis draus, wo der Brocken liegen könnte. Jeder kann nach ihm suchen“, sagt Heinlein. Gemeldet hätten sich bereits ein paar vermeintliche Finder. „Jedoch waren es nur Erzbrocken, die mit einem Meteor verwechselt wurden“. Der richtige Meteorit kann heute im Rieskrater-Museum in Nördlingen besichtigt werden.

    Auf dem Wanderweg zwischen der Jägerhütte und Bleckenau steht seit 2012 eine Schautafel, die an den Meteoritenfall erinnert.
    Auf dem Wanderweg zwischen der Jägerhütte und Bleckenau steht seit 2012 eine Schautafel, die an den Meteoritenfall erinnert. Foto: Dieter Heinlein

    Viele Meteoriten verglühen in Erdatmosphäre

    Bis heute wurde in ganz Deutschland kein neuer Meteoritenfall mehr registriert. Zwar nehmen täglich zahlreiche Steinbrocken aus dem All Kurs auf die Erde – doch fast alle verglühen beim Eintauchen in die Erdatmosphäre vollständig. Astrophysiker Heinlein hat dem Ereignis im Königswinkel sogar eine Gedenktafel gewidmet. Sie steht nahe der ersten Fundstelle, am Wanderweg zwischen Bergwirtschaft Bleckenau und Jägerhütte.

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    Suchtrupps durchkämmen Gebirge

    Etwa 100 Suchtrupps hatten anfangs auf der Jagd nach den Meteoriten das Gebirge durchkämmt. Und obwohl zwischen Ammersattel und Schloss Neuschwanstein noch immer ein vierter Steinbrocken aus dem Weltall vermutet wird, ist es inzwischen ruhig geworden um das außerirdische Fallgut. Auch das juristische Tauziehen um den dritten Meteoriten, der im Gebiet der österreichischen Gemeinde Reutte eingeschlagen war, ist längst beendet. Mangels verbindlicher Eigentumsregelungen für Weltall-Fundstücke hatte die Kommune versucht, den Finder, einen Physiker, zur Herausgabe zu zwingen – vergeblich. Die Wissenschaft hatte dies gelassen beobachtet: Die ersten beiden Funde gehören mindestens zur Hälfte der Bayerischen Staatssammlung und durften akribisch untersucht werden.

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    Kleine Himmelskunde

    • Meteore (auch Sternschnuppen) nennt man sämtliche Leucht- und Wettererscheinungen, die etwa durch das Eindringen von Meteoroiden in die Erdatmosphäre ausgelöst werden.
    • Meteoride sind meist Staubkörner, kleine Metall- oder Gesteinskörner aus dem interplanetaren Raum, von denen pro Tag etwa zehn Milliarden vom Weltall aus mit einer Masse von 1000 bis 10 000 Tonnen in die Erdatmosphäre einfallen. Wegen ihrer Geschwindigkeit von bis zu 72 Kilometern pro Sekunde verdampfen fast alle in etlichen Kilometern Höhe durch Luftreibung. Dabei entstehen helle Leuchtspuren.
    • Körper, die auf die Erdoberfläche herabfallen, nennt man Meteoriten. Größere Objekte heißen in der Fachwelt auch Boliden, Feuerkugeln oder Feuerbälle.
    • Ein Komet ist ein Himmelskörper mit einem meist nur wenige Kilometer großen Kern. Ihn umgibt eine diffuse, nebelige Hülle (Koma). Auffälligstes Kennzeichen ist der Schweif, der bei großen Objekten eine Länge von mehreren 100 Millionen Kilometern erreichen kann. Er entsteht, wenn die Bestandteile der Koma durch Strahlungsdruck und Sonnenwind „weggeblasen“ werden.
    • Als Asteroiden werden Kleinplaneten oder planetenähnliche Körper bezeichnet, die sich auf Kepler’schen Umlaufbahnen um die Sonne bewegen.

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