Wer bei gutem Wetter in den Allgäuer Alpen unterwegs ist, trifft häufig auf Gleitschirmflieger. Man sieht sie etwa am Himmel fliegen oder begegnet ihnen nach ihrer Landung am Parkplatz. In der Region gibt es zudem viele Anbieter, bei denen Menschen ohne eigene Flugkenntnisse einen Tandem-Flug wagen können.
Doch wer darf wo und wann im Allgäu überhaupt Gleitschirm fliegen? Welche Regeln gelten für die Piloten? Dominik Hörburger von der Westallgäuer Flugschule in Scheidegg und der Deutsche Hängegleiter Verband (DHV) geben Aufschluss - hier die wichtigsten Fragen und Antworten.
Brauchen Gleitschirmflieger im Allgäu einen Führerschein?
Ja, wer Gleitschirm fliegen möchte, benötigt einen Luftfahrtschein. Für die gesamte Ausbildung inklusive dem Flugschein zahlt man nach Angaben des DHV 1500 Euro. Auch Hörburger bestätigt, dass Flieger einen Schein brauchen. Er persönlich sei Inhaber der "Sportpilotlizenz". Diese sei nicht nur im Allgäu und innerhalb der EU gültig, sondern weltweit.
Dürfen Paraglider starten und landen, wo sie wollen?
Für einen Start brauchen Paraglider grundsätzlich die Genehmigung des jeweiligen Grundstückbesitzers, sagt Hörburger. Im Allgäu hole man die aber selten ein, weil es viele Startplätze des DHV gibt. In ganz Deutschland gibt es laut dem Verband der Gleitschirm- und Drachenflieger 900 Fluggelände.
Auch für die Landung gebe es laut Hörburger oftmals spezielle Flächen. "Die Landung ist aber generell bewilligt". Das hänge auch mit der sogenannten Überlandberechtigung eines Piloten zusammen.
Gibt es Gebiete oder Höhen, in denen Paragleiter nicht fliegen dürfen?
Ja, wohin sie nicht fliegen dürfen, können Gleitschirmflieger laut Hörburger in einer sogenannten Luftfahrkarte nachschauen. Diese sollten sie auch lesen können. Am Bodensee dürfen Paraglider beispielsweise nicht in der Nähe von Friedrichshafen fliegen, weil dort ein Flughafen liegt, sagt Hörburger. Falls Flieger dennoch diese Gebiete durchqueren wollen, brauchen sie vorher eine Genehmigung.
Wie teuer ist die Ausrüstung fürs Gleitschirmfliegen?
Nachdem sie den Luftfahrtschein gemacht haben, kaufen sich viele Paragleiter auch eigene Ausrüstung. Laut DHV passt diese komplett in einen großen Rucksack. Für eine neue Gleitschirmflieger-Ausrüstung zahlt man rund 3500 Euro, so Hörburger.
Zu welcher Jahreszeit sind die meisten Paraglider in den Lüften unterwegs?
Nicht nur in den warmen Monaten, sondern auch in der Nebensaison von Oktober bis März seien einige Gleitschirmflieger aktiv, erklärt Hörburger. Diese Gleitschirmflieger nutzen häufig das Konzept "Walk and Fly", das heißt, sie fahren nicht mit der Bergbahn nach oben, sondern wandern zu den Startplätzen und fliegen dann hinunter. Dafür gebe es eine extra leichte Ausrüstung. Eine normale Ausrüstung wiegt laut DHV zwischen 15 und 20 Kilo, Bergsteigerausrüstungen gebe es schon ab acht Kilo.
Wie lange bleiben Gleitschirmflieger in der Luft?
Wer bei der richtigen Thermik vom Nebelhorn bei Oberstdorf startet, könne den ganze Tag (also um die 12 Stunden) fliegen und bis zu 300 Kilometer Strecke zurücklegen, sagt Hörburger. Viel hat mit den Wetterbedingungen zu tun. Startet man bei Verhältnissen ohne Thermik, gleitet man etwa mit der Geschwindigkeit von einem Meter pro Sekunde in die Tiefe. Auch bei anhaltendem Aufwind könnten Paraglider aber mit Instrumenten steuern, wann sie landen möchten.
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Wo liegen die Hotspots des Paragliding im Allgäu?
Neben dem Nebelhorn seien etwa der Hochgrat bei Oberstaufen oder der Mittag bei Immenstadt beliebte Ziele von Gleitschirmfliegern, sagt Hörburger. Dort kann man vor dem Start auch mit der Bahn hinauffahren. Für "Walk & Fly" (ohne Bahnfahrt) seien auch der Hauchenberg bei Weitnau oder die Salmaser Höhe bei Oberstaufen beliebte Ziele. Der Tegelberg bei Schwangau, von dem man einen guten Blick über Schlösser und Seen hat, und die Alpspitze bei Nesselwang sind weitere Start-Hotspots für Paragliding im Allgäu.
Wie gefährlich ist Gleitschirmfliegen?
Der Sport sei über die vergangenen 30 Jahren enorm sicher geworden, sagt Hörburger. Die Schnelligkeit der positive Entwicklung vergleicht der Fluglehrer mit dem Fortschritt bei Computern, der in der gleichen Zeit gemacht wurde. Inzwischen seien etwa die Schirme auf das Können des Fliegers abgestimmt und viele Flüge werden vorher bereits am Computer simuliert. "Es ist alles sehr sicher geworden", sagt Hörburger.
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"Im Mittel der letzten 10 Jahre wurden jährlich etwa 100 Gleitschirmunfälle mit Verletzten gemeldet und durchschnittlich neun tödliche Unfälle pro Jahr", teilt der DHV mit. Es sei mittlerweile ein hohes Sicherheitsniveau erreicht. Wohl auch deshalb sei Gleitschirmfliegen laut DHV die beliebteste Luftsportart geworden.
Wer kommt auf die Idee, Paragliding zu machen?
Bei ihrer Skiflugschule lernen Menschen aus allen Schichten und allen Berufsständen, die ein neues Hobby suchen, sagt Hörburger. Auffällig sei, dass es viele Selbständige beziehungsweise Unternehmer in die Lüfte zieht. Diese suchen laut Hörburger einen Ausgleich zu ihrer Arbeit. "Während man in der Luft ist, denkt man nur noch ans Fliegen."
Worin liegt der große Reiz des Gleitschirmfliegens?
Als Gleitschirmflieger kann man seine Ausrüstung überall mitnehmen und tolle Aussichtspunkte auf der ganzen Welt entdecken. Zudem werde die Sportart nie langweilig, weil die Paraglider immer wieder auf neue Wetterlagen treffen. Darin liege für Hörburger der große Reiz der Sportart.
Was sagt Hörburgers Familie dazu, dass er Gleitschirm fliegt?
Auch seine Eltern und sein Bruder sind Gleitschirmflieger. Die Westallgäuer Flugschule in Scheidegg ist ein Familienbetrieb in zweiter Generation und wurde vor 35 Jahren gegründet. "Wir sind alle Profis", sagt Hörburger.
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