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Pflegeheim Unterallgäu: Was stört das Personal in der Pflege?

Wie kann Pflege verbessert werden?

Die Koalition hat verhandelt - und Buxheim hat es nach Berlin geschafft

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    Für Pflegekräfte gelten strenge Auflagen. Nicht immer sind diese gerechtfertigt, heißt es aus dem Seniorenheim Buxheim.
    Für Pflegekräfte gelten strenge Auflagen. Nicht immer sind diese gerechtfertigt, heißt es aus dem Seniorenheim Buxheim. Foto: Marijan Murat/dpa (Symbolbild)

    Während in Berlin über den Inhalt des Koalitionsvertrages diskutiert wird, grunzen Klara und Konny an diesem sonnigen Frühlingstag im Buxheimer Senioren-Park genüsslich im Schlamm. Die beiden Hängebauchschweine wissen nicht, dass die Betreiber des Parks sehr gespannt auf die Verhandlungen in der Hauptstadt geblickt haben.

    Denn in dem Seniorenheim im Unterallgäu hofft man, dass sich für die Pflegebranche bald etwas verbessert. Dass im Koalitionsvertrag an sie gedacht wurde. Dass das, was noch vor eineinhalb Jahren mit Politikern in Buxheim diskutiert wurde, vielleicht sogar bis nach Berlin wirken könnte. Und nach Angaben des CSU-Landespolitikers Klaus Holetschek vom Mittwochnachmittag haben sich die Mühen wirklich gelohnt. Buxheim hat es nach Berlin geschafft.

    Im BRK-Seniorenheim leben rund 140 Bewohner

    Klara und Konny verbringen ihren Lebensabend im Seniorenheim des Bayerischen Roten Kreuzes. Augenscheinlich geht es ihnen gut. Sie unterhalten allein mit ihrer Anwesenheit die etwa 140 Bewohner, die das Heim ihr Zuhause nennen. Der Einrichtungsleiter Karsten Kunick führt von ihrem Platz im Park ins Heim, das sich auf Demenzkranke spezialisiert hat. Die Bewohner trinken, essen, reden, manche rauchen. Und wenn das alles nicht mehr geht, starren sie vor sich hin. Dazwischen wuseln Pflegefachkräfte.

    Einer kümmert sich gerade um den umgekippten Becher voller Wasser. Nur eine kleine Sache unter vielen großen Arbeitsschritten, die die Menschen unterstützen, die nicht mehr Herr über ihre Gedanken sind. Das Personal grüßt freundlich auf den Gängen - obwohl sie hier doch wirklich Grund genug zum Granteln hätten.

    Modellprojekt für weniger Bürokratie: Was hat sich in Buxheim bewegt?

    Das liegt unter anderem an der Bürokratie, die ihren Arbeitsalltag belastet. Dazu gehört etwa die doppelte Prüfungsstruktur. Seit Jahren kämpft die Pflegebranche dagegen. Und genau hier in Buxheim sollte sich endlich etwas bewegen. Vor eineinhalb Jahren besuchte der damalige bayerische Gesundheitsminister Holetschek das Haus. Er machte ein Praktikum und hörte sich die Sorgen des Personals an.

    Karsten Kunick, Einrichtungsleiter des BRK Seniorenparks in Buxheim.
    Karsten Kunick, Einrichtungsleiter des BRK Seniorenparks in Buxheim. Foto: Marina Kraut

    Er versprach noch vor Ort, ein Modellprojekt in Buxheim ins Leben zu rufen. Die Pflege leide unter dem Aufwand, den zwei ähnliche Prüfungen verursachen, hieß es damals. Die Bürokratie raube Pflegekräften Nerven und Zeit. Hat sich seit dem Besuch des Allgäuer Politikers etwas verbessert?

    Schaffen es die Forderungen aus dem Allgäu bis nach Berlin?

    Der Draht von Buxheim in die Landeshauptstadt ist zumindest heiß. Diesen Eindruck kann man gewinnen, wenn Wilhelm Lehner von seinem Kontakt zur Politik erzählt. Er ist Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes im Unterallgäu. Immer wieder sind er und BRK-Vertreter im Gespräch mit dem Ministerium. „Auch Holetschek fragt immer wieder nach“, sagt Lehner. Der Kreisgeschäftsführer hat das Gefühl, dem CSU-Politiker gehe die Entwicklung in der Pflege zu langsam.

    Mit dessen Besuch im September 2023 sind Hoffnungen verbunden. Vor allem, weil der ehemalige Gesundheitsminister in Berlin mit am Verhandlungstisch der zukünftigen Koalition aus Schwarz-Rot gesessen hat. In Buxheim hoffen sie, dass das Gesagte von damals nach Berlin vorgedrungen ist. Wie es aussieht, ist das gelungen: „Die Aufgaben der Kontrollinstanzen in der Pflege (Medizinischer Dienst und Heimaufsicht) verschränken wir und bauen Doppelstrukturen ab“, heißt es im aktuellen Koalitionsvertrag..

    Doppelstrukturen in der Pflege auflösen - Ziel der bayerischen Regierung

    Schon zuvor hatten es die Forderungen aus Buxheim in den aktuellen Koalitionsvertrag der bayerischen Regierung geschafft. Diese ist seit Oktober 2023 im Amt. Im Vertrag auf Seite 19 steht: „Wir streben die enge Verzahnung von Medizinischem Dienst und Heimaufsicht zur Vermeidung von Doppelstrukturen an und prüfen deren Zusammenlegung.“ Die Freude über diesen Satz war damals groß. Der Medizinische Dienst und die Heimaufsicht sind Prüfbehörden, die jeweils einmal pro Jahr in die Heime kommen. Doch bei ihren Kontrollen überschneiden sich einige Bereiche.

    CSU-Fraktionsvorsitzender Klaus Holetschek hat sich um eine Stärkung der Pflege in Berlin eingesetzt.
    CSU-Fraktionsvorsitzender Klaus Holetschek hat sich um eine Stärkung der Pflege in Berlin eingesetzt. Foto: Bernhard Weizenegger

    Das Landesamt für Pflege wurde damit beauftragt, an Verbesserungen zu arbeiten, teilt eine Ministeriumssprecherin jetzt mit. Insgesamt seien inzwischen zwölf Pflegeeinrichtungen besucht worden. „Das Projekt läuft, seine Ergebnisse gilt es abzuwarten.“

    In Buxheim hat man das Gefühl, gehört zu werden

    In Buxheim habe man das Gefühl, wirklich gehört zu werden. Doch im Arbeitsalltag steht die praktische Änderung noch aus, sagt Pflegedienstleiterin Simone Preger. Erst wenn der doppelte Prüfkatalog geändert werde, wird sich auch an der Arbeit des Pflegepersonals etwas ändern, ist die Meinung im Unterallgäu.

    Simone Preger, Pflegeleiterin des BRK Seniorenheims, hofft auf weniger Vorschriften für ihr Personal.
    Simone Preger, Pflegeleiterin des BRK Seniorenheims, hofft auf weniger Vorschriften für ihr Personal. Foto: Marina Kraut

    Gehen die Heime den Weg andersherum und streichen einfach selbst Teile der Dokumentation, dann werde das bei der nächsten Prüfung kritisiert - das Heim erhält eine schlechte Bewertung. Durch den Koalitionsvertrag hat die Forderung nun neuen Aufwind bekommen.

    Dazu kommen „sinnlose“ Vorschriften, sagt Preger. Sie nennt als Beispiel die jährliche Kontrolle der Pflegefachhelfer. Ihre Mitarbeiter müsse sie einmal pro Jahr prüfen, ob sie wirklich den Blutdruck richtig messen und die Patienten waschen können. Preger fragt sich, warum.

    Wilhelm Lehner ist Kreisgeschäftsführer des BRK im Unterallgäu.
    Wilhelm Lehner ist Kreisgeschäftsführer des BRK im Unterallgäu. Foto: Marina Kraut

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