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Sollen auch Hausärzte digitale Impfnachweise ausstellen? „Das schaffen wir nicht mehr“

Allgäuer Ärzte am Limit

Sollen auch Hausärzte digitale Impfnachweise ausstellen? „Das schaffen wir nicht mehr“

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    Corona-Impfungen und die ganz normale medizinische Versorgung: Die Hausärzte sehen sich derzeit am Limit - auch im Allgäu.
    Corona-Impfungen und die ganz normale medizinische Versorgung: Die Hausärzte sehen sich derzeit am Limit - auch im Allgäu. Foto: Christoph Schmidt/dpa

    Den „digitalen grünen Pass“ gibt es noch gar nicht, doch er löst schon jetzt Diskussionen aus. Allgäuer Hausärzte und Mitarbeiter der Impfzentren befürchten, dass durch den Nachweis für Corona-Geimpfte noch mehr Arbeit auf sie zukommt. Denn sie sollen laut Bayerischer Landesärztekammer (BLÄK) zu jenen gehören, die den Pass ausstellen. Doch wegen der Impfungen haben die Mediziner schon jetzt viel Zusatzarbeit. „Das schaffen wir nicht mehr“, sagt ein Arzt aus dem Kreis Lindau mit Blick auf den „digitalen grünen Pass“. Den Nachweis gibt es voraussichtlich ab Ende Juni. Damit sollen sich zweifach Geimpfte, Genesene und negativ Getestete etwa bei Reisen ausweisen können.

    Digitale Impfnachweise: Hausärzte befürchten viel Bürokratie

    „Das wäre für uns ein enormer Zusatzaufwand“, sagt Dr. Rudolf Sprich, Hausarzt mit Praxis im Ostallgäuer Biessenhofen. Denn mit dem Ausstellen solcher Ausweise sei voraussichtlich viel Bürokratie verbunden. „Wir haben bislang etwa 40 .000 Menschen bei uns geimpft“, sagt  Gregor Blumtritt, Ärztlicher Leiter der Impfzentren Kaufbeuren und Marktoberdorf. Die müssten alle nochmals kommen, um die Nachweise abzuholen, sagt er. Das sei unter den jetzigen Umständen unmöglich. „Es müssten dafür ganz eigene Bereiche geschaffen werden.“ Denn das Personal in den Zentren könne neben dem Impfen nicht auch noch Pässe ausstellen.

    Müssen Geimpfte bald wieder an den Impfzentren Schlange stehen, um sich den digitalen Corona-Impfnachweis geben zu lassen? Denn dort sollen die Pässe unter anderem ausgestellt werden.
    Müssen Geimpfte bald wieder an den Impfzentren Schlange stehen, um sich den digitalen Corona-Impfnachweis geben zu lassen? Denn dort sollen die Pässe unter anderem ausgestellt werden. Foto: Ralf Lienert (Symbolbild)

    Auch Dr. Matthias Pfeifer mit Hausarztpraxis in Wasserburg am Bodensee (Kreis Lindau) befürchtet, „dass das an uns hängen bleibt“. Wenn es soweit kommt, werden die Patienten Schlange stehen, glaubt der Mediziner. Dabei seien seine Mitarbeiter und er schon jetzt am absoluten Limit. „Wir machen neben dem Praxisalltag etwa 150 Impfungen in der Woche. Die Leute brauchen aber auch noch Tests für ihren Friseurbesuch“, sagt Pfeifer.

    Einfach keine Zeit mehr, die „grünen Pässe“ auszustellen

    Hinzu komme das Problem, dass bei AstraZeneca jetzt das Intervall zwischen der Erst- und Zweitimpfung von zwölf auf vier Wochen verkürzt werden könne: „Die Leute rufen bei uns an und schreiben uns Mails, weil sie schneller ihre zweite Impfung möchten“, sagt Pfeifer. Da bleibe einfach keine Zeit mehr, die „grünen Pässe“ auszustellen. Gregor Blumtritt, selbst auch Hausarzt mit Praxis in Kaufbeuren, schlägt in dieselbe Kerbe: „Wir machen in der Woche 100 bis 150 Corona-Impfungen.“ Da könne man sich nicht auch noch mit den zusätzlichen Nachweisen beschäftigen. Er sei zwar für diese Pässe, sagt Blumtritt. „Wer das machen soll, hat sich aber keiner überlegt.“

    Wir berichten in unserem Newsblog laufend über die aktuellen Corona-News im Allgäu und in der Welt.

    Kritik an den Plänen der EU-Kommission zu den digitalen Nachweisen kommt auch von der Bayerischen Landesärztekammer: „Es ist zu befürchten, dass hier etwas auf uns Ärztinnen und Ärzte zurollt, wenn wir mit dem digitalen Impfpass zu ,Reisedokument-Ausstellern‘ werden“, sagte Dr. Gerald Quitterer, Präsident der BLÄK, in der Mai-Ausgabe des Bayerischen Ärzteblatts.

    Lesen Sie auch: Wie erkennt die Polizei, ob jemand gegen Corona geimpft oder bereits genesen ist? Weil das nicht klar ist, fordert die Polizeigewerkschaft klare Vorgaben.
    Und: Ärzteverbände sprechen sich dagegen aus, die Priorisierung der Corona-Impfstoffe jetzt schon aufzugeben. Andererseits fordern sie Flexibilität und Pragmatismus.

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