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Georg Steinhauser: Mit Mut und guten Beinen zur Rad-WM 2024 in Zürich - auch Onkel Jan Ullrich ist dabei

Rad-WM Zürich 2024

Georg Steinhauser fährt mit Mut und guten Beinen zur WM-Premiere - auch Onkel Jan Ullrich ist dabei

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    Bei der sechsten und letzten Bergankunft gewann Georg Steinhauser aus Scheidegg Ende Mai dieses Jahres am Passo Brocon die 17. Etappe des Giro d’Italia – und konnte es kaum fassen. Nun versucht der 22-jährige Westallgäuer sein Glück beim WM-Straßenrennen in Zürich. Am Sonntag geht’s über 274 Kilometer.
    Bei der sechsten und letzten Bergankunft gewann Georg Steinhauser aus Scheidegg Ende Mai dieses Jahres am Passo Brocon die 17. Etappe des Giro d’Italia – und konnte es kaum fassen. Nun versucht der 22-jährige Westallgäuer sein Glück beim WM-Straßenrennen in Zürich. Am Sonntag geht’s über 274 Kilometer. Foto: Pierre Teyssot/imago images

    Wer darauf wartet, dass Georg Steinhauser in diesem halbstündigen Telefonat kurz vor seiner ersten Profi-WM große Töne spuckt, der wird enttäuscht. Der 22-Jährige aus Scheidegg ist der bescheidene, zurückhaltende Radfahrer geblieben – trotz der Lobpreisungen von Experten und trotz seines überraschenden Etappensieges im Mai dieses Jahres beim Giro d’Italia.

    Nun steht der Allgäuer vor seiner ersten Profi-WM. Beim längsten Straßenrennen, das er je gefahren sein wird, will er am Sonntag in Zürich die Favoriten aus Belgien, Slowenien und den Niederlanden ärgern. Und zwar mit einer gehörigen Portion Mut – und starken Beinen für sage und schreibe 274 Kilometer und fast 4500 Höhenmeter auf dem anspruchsvollen Rundkurs um Zürich.

    Georg Steinhausers Blick zurück

    Es war der 22. Mai 2024, ein Mittwoch, der die sportliche Laufbahn des jungen Allgäuers maßgeblich prägte. Steinhauser selbst sagt: „Dieses Erlebnis werde ich nie vergessen. Es war das bisherige Highlight meiner Karriere, das ich mir so nie erträumt hätte.“ Der junge Allgäuer hatte die Radsport-Welt auf der 17. Etappe des Giro d’Italia überrascht. 34 Kilometer vor dem Ziel wagte er in der ersten Auffahrt zum Passo Brocon einen Ausreißversuch, setzte sich vom Feld ab, überquerte bei der sechsten und letzten Bergankunft als Erster die Ziellinie – und schlug ungläubig die Hände vor dem Gesicht zusammen. Im Skigebiet Lagorai auf über 1600 Metern zählten Steinhauser und all die Radfans und -experten ungläubig die Sekunden. 84 waren es am Ende, 1:24 Minuten später kam der Gesamtführende und spätere Giro-Sieger Tadej Pogacar aus Slowenien ins Ziel. Es war Steinhausers Meisterstück auf einer Etappe, die von den Organisatoren mit dem Schwierigkeitsgrad fünf (von fünf) eingestuft worden war. Nach dieser Etappe hatten die Fahrer insgesamt 2670 Kilometer in den Beinen, gut 80 Prozent der Gesamtdistanz. Steinhauser, der Dominator der Dolomiten, belegte am Ende des dreiwöchigen Giro Gesamtrang 33.

    So lief die Vorbereitung auf die Rad-WM in Zürich

    Das alles liegt über vier Monate zurück. Steinhauser erholte sich kurz, fuhr kleinere Rennen. Er wurde von seinem US-amerikanischen Team „EF Education-Easypost“ nicht für die Tour de France nominiert, weil ihm eine zweite Grand-Tour-Teilnahme vermutlich den Stecker gezogen hätte. Direkt nach der Deutschland-Tour ging er ins Höhentrainingslager („das war verdammt hart“). In Italien fuhr er zuletzt zweimal in die Top Ten, fühlt sich nun fit für seine erste Profi-Weltmeisterschaft. „Ich hab’ schon g’scheit trainiert.“ Am vergangenen Wochenende beispielsweise spulte er hinter dem Motorroller seines Vaters Tobias einmal 150 und einmal 220 Kilometer herunter. „Das sind super harte und schnelle Einheiten. Man muss die ganze Zeit hoch konzentriert sein – wie im Rennen“, sagt Steinhauser junior und schiebt noch zwei beeindrucke Zahlen vom Wochenend-Training hinterher: 3500 Höhenmeter und ein Schnitt von 35 km/h. Am Mittwoch legte Steinhauser noch eine „letzte große Fünf-Stunden-Einheit“ nach, am Freitag und Samstag folgten bzw. folgen noch „zwei kleine Aktivierungen. Dann müsste alles passen“, sagt Steinhauser mit Blick aufs Rennen am Sonntag.

    Das ist Steinhausers Taktik für die WM-Premiere

    Sich einfach ans Hinterrad von Favorit Pogacar hängen? „Schön wär’s, aber so leicht ist es nicht“, sagt Steinhauser und schmunzelt. Das sechsköpfige deutsche Team um Routinier Simon Geschke sei ein guter Mix aus erfahrenen und jungen Leuten. „Wir sind nicht diejenigen, die agieren müssen“, sagt Steinhauser. Die Rolle der Tempomacher schiebt er den Belgiern, Slowenen und Niederländern zu. „Wir können uns erst mal zurückhalten und schauen, wie’s im Rennen läuft.“ Bundestrainer André Greipel werde bestimmt einen Plan austüfteln. Ab der fünften von sieben Runden auf dem Züricher „City Circuit“ werde es bestimmt „voll abgehen“, da heißt es mithalten. Steinhauser kennt seine Stärken: „Für mich ist die Strecke okay. Das wird hart und lang – und das liegt mir.“

    • Lesen Sie auch: "Ganz viel Kraft": Furrers Schicksal überschattet die Rad-WM

    Onkel Jan Ullrich schaut zu - Unterstützung von der Familie

    Wegen der kurzen Anreise wird Steinhauser am Streckenrand lautstark von seiner Familie unterstützt. Vater Tobias, früher selbst Profi unter anderem bei Mapei, Gerolsteiner, Bianchi und T-Mobile, wird ebenso dabei sein wie Jan Ullrich, der zwölf Jahre lang mit Steinhausers Tante Sara verheiratet war. „Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen. Aber er hat mir natürlich zum Etappensieg beim Giro gratuliert“, sagt Steinhauser bezüglich seines prominenten Onkels. Tipps von Vater und Onkel, die früher gemeinsam in einem Team gefahren sind, nimmt Georg Steinhauser gerne entgegen. Anderseits sagt er: „Die wissen schon, dass sich der Radsport seitdem stark verändert hat.“ Und selbstbewusst fügt er hinzu: „Ich bin jetzt im dritten Jahr Profi und gehe meinen eigenen Weg.“

    Das sind die nächsten großen Ziele von Georg Steinhauser

    Klar will er irgendwann auch die Tour de France in Angriff nehmen. Doch die Saisonplanung für nächstes Jahr wird er erst nach den Herbstklassikern in Italien in Angriff nehmen. Steinhauser, der noch bis 2026 einen Vertrag bei seinem US-Team hat, glaubt, dass er in der nächsten Saison noch einmal beim Giro d’Italia und der Vuelta in Spanien eingesetzt werde – „dann vielleicht in einer anderen Rolle.“ Ansonsten sei er offen. Ob Eintagesrennen oder große Rundfahrten, da will er sich jetzt noch nicht festlegen. „Bisher weiß ich nur, dass ich überall dort gut dabei sein kann, wo die Rennen hart werden.“

    Irgendwie klingt das doch wie eine Kampfansage an seine Konkurrenz in Zürich.

    Hinweis: Das Gespräch mit Georg Steinhauser fand statt, bevor bekannt wurde, dass die Schweizerin Muriel Furrer (18) an den Folgen eines schweren Sturzes bei der Rad-WM gestorben ist.

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