Selbst ist der Mann. Nach diesem Motto spielt Boris Winkelmann aus Masers bei Buchenberg auf seiner selbst gebauten „Handpan“, bekannt auch als „Hang“. In knapp drei Jahren fand der 50-jährige Sozialpädagoge einen Weg, wie er das begehrte Musikinstrument im Hobbykeller herstellen kann – in einer Qualität, die vom Original nicht zu unterscheiden ist.
Hang – was ostasiatisch klingt, ist Berner Mundart und bedeutet Hand. In den 90er Jahren tüftelten dort zwei Mächler an einer Variante der Steeldrum aus Trinidad, einer kleinen Insel in der Karibik. Die war in den 1930er Jahren entstanden, als die britischen Kolonialherren traditionelle afrikanische Trommeln verboten. Die schwarzen Arbeiter suchten nach Alternativen und kamen auf die reichlich vorhandenen Ölfässer. In deren Deckel wurden auf einen bestimmten Ton gestimmte Zonen eingehämmert. Während bei der Steeldrum diese Zonen mit Stöcken angeregt werden und isoliert schwingen, klingen sie beim „handbetriebenen“ Hang ineinander, was zu einem weichen, obertonreich-mystischen Sound führt. Ihre 2000 begonnene Produktion stellten die Berner 2013 auf ein anderes Modell um. Die Rechte liefen ab. Seitdem versuchen sich diverse professionelle Instrumentenbauer an ihrer eigenen Handpan, wie Hang-ähnliche Instrumente genannt werden.
Tüftler hüten ihre Geheimnisse
Dass aber auch ein ambitionierter Heimwerker diese Herausforderung meistern kann, wurde bisher kaum für möglich gehalten. Das Problem: Handpan-Pioniere geben ihre mühsam ertüftelten Geheimnisse ungern preis. Das Prinzip ist ähnlich dem, für das es beim Bau von Gongs und Becken vor allem in China altes Wissen gibt: Wie lassen sich durch Hämmern von Metall Grund- und Obertöne stimmen und beeinflussen? Die 1000-seitige Arbeit eines Physikers, der den Steelpan-Bau naturwissenschaftlich und mit vielen Formeln analysierte, half dem Allgäuer nicht entscheidend weiter. Bei einem Hersteller in Österreich erwarb Boris Winkelmann eine Handpan und durfte diesem einen Tag über die Schulter schauen. Dann hieß es probieren. Am Anfang hämmerte sich Winkelmann die Wokähnlichen Schalen selbst aus Stahlblech, schwitzend wie Midir, der sagenhafte germanische Schmied.
Inzwischen gibt es dieses Ausgangsprodukt zu kaufen, in dem originalen schwarzen Outfit. „Gasnitriert“ nennt man die so bearbeitete Oberfläche. Und so kann sich Winkelmann nun voll auf die heiklen Tonzonen konzentrieren und daran arbeiten, dass die Obertöne „verheiratet“ sind, also harmonieren. Dafür hat er mittlerweile auch eine hydraulische Presse im Einsatz.
Das Geheimnis: Durch das Austreiben einer Wölbung dehnt man das Metall, macht es weicher und schwingfähiger. Dafür wird die Umgebung dieses Tonfeldes gehärtet und verdichtet. Um die dadurch entstehenden Spannungen im Metall auszugleichen, wird die Schale erhitzt. Wie lang und wie viel Grad, das ist Betriebsgeheimnis. Winkelmann hat dafür einen alten Töpferofen angeschafft. Am Ende werden zwei Schalen verklebt, und man erhält die typische Ufo-Form.
Seine Arbeitszeit als Sozialpädagoge hat Winkelmann inzwischen reduziert. Er möchte seine Leidenschaft intensivieren; probieren, ob sich mit den Handpans auch etwas verdienen lässt und stellt sie in verschiedenen Stimmungen her, sie kosten ab 1100 Euro; zehn Prozent des Handpan-Erlöses spendet er jeweils für einen guten Zweck.
Als Percussionist und Schlagzeuger jazzt Winkelmann in verschiedenen Bands, beispielsweise im „Intergalactic Folk Jazz Ensemble“ oder mit „Half Past Ten“ . Und er unterrichtet, und zeigt, wie man die Handpan spielt.