Seit zehn Jahren gibt es die Krebsberatungsstelle Kempten-Allgäu. Etwa 20.000 an Krebs erkrankte Menschen aus der Region ließen sich in dieser Zeit dort beraten und unterstützen. „Eine Krebserkrankung wirkt wie ein Vergrößerungsglas auf die Probleme, die eh schon da waren“, sagt Psychologin Andrea Kaltenbrunner. Sie arbeitet seit etwa drei Jahren in der Krebsberatung in Kempten.
„Eine Beratungsstunde dauert jeweils 50 Minuten. Wir nehmen uns die Zeit, um mit den Betroffenen ausführlich zu sprechen“, sagt Kaltenbrunner. Das sei ein großer Vorteil gegenüber den Ärzten, die natürlich meist nicht so viel Zeit für intensive Gespräche hätten.
Nur selten seien es die Angehörigen, die sich bei der Beratungsstelle der bayerischen Krebsgesellschaft melden: „Es sind wesentlich mehr Erkrankte, die um Rat suchen. Bei etwa fünf bis zehn Prozent handelt es sich um Familienmitglieder“, berichtet Kaltenbrunner. Abgewiesen werde niemand: „Jeder darf kommen und um Hilfe bitten.“ Nur Kinder werden nicht behandelt, sagt die Psychologin. Für sie gebe es spezielle Einrichtungen wie den Bunten Kreis Allgäu. „Kindern macht das Thema meist Angst. Das bedarf einer ganz anderen Herangehensweise“, erläutert sie. Nach der Krebs-Diagnose ist nichts mehr so, wie es vorher war: „Das ist ein heftiger Einschnitt in das Leben.“
Viele Krebskranke sorgen sich um ihre finanzielle Situation
Meist tauchten die Probleme aber erst nach dem Abschluss der Behandlung auf. „Dann fallen viele in ein tiefes Loch“, sagt Kaltenbrunner. Oft kommen Klienten mit Fragen zu ihrer finanziellen Situation zur Krebsberatung. Durch die Erkrankung können sie oft nicht mehr arbeiten und geraten nicht selten in finanzielle Schwierigkeiten. Natürlich geht es auch um die Krankheit an sich, insbesondere um die Angst vor einem Rückfall.
Sie habe viele Klienten in Behandlung, die bereits drei oder vier Mal erkrankt sind. Im Mittelpunkt stehe auch häufig die Schuldfrage: „Viele werfen sich vor, in der Vergangenheit Fehler begangen zu haben, die zur Erkrankung geführt haben“, sagt Kaltenbrunner. In den Beratungsstunden versucht Kaltenbrunner aber Dinge anzusprechen, die „jetzt getan werden können“.
Es sei aber auch so, dass – „so komisch das klingen mag“ – manche dankbar für die Erkrankung seien. „Durch den Krebs haben sie ihr Leben komplett umgestellt. Sie leben viel bewusster“, sagt Kaltenbrunner. Wenn sie dann die Krankheit besiegen, sei das der Idealfall. „Doch oft endet es auch im Tod.“
Gespräche in der Krebs-Beratung in Kempten sind nicht immer nur von Traurigkeit geprägt
Die Arbeit mit kranken Menschen bereichere sie, versichert Kaltenbrunner: „Sie sind so dankbar. Bei uns bekommen sie gezielte Antworten auf ihre Fragen.“ Die Gespräche sind dabei nicht immer von Traurigkeit geprägt: „Wir lachen in jeder Stunde mindestens ein Mal“, sagt die Psychologin. Die meisten Ratsuchenden hätten eine Perspektive: „Darauf bauen wir auf.“
Eine medizinische Beratung finde nicht statt, „das dürfen wir gar nicht“, sagt Kaltenbrunner. Dennoch weiß sie, dass die Medizin „in den letzten Jahren einen Quantensprung gemacht“ hat. „Es wird untersucht und geforscht. Ständig kommen neue Medikamente auf den Markt.“ Und doch komme es oft vor, dass keine Arznei anschlägt und keine Therapie hilft. „Viele Erkrankte legen zu viel Hoffnung in die Medizin. Es ist dann oft sinnvoller, sich auf Dinge zu konzentrieren, die man unternehmen möchte“, rät Kaltenbrunner.
Wie kann man Krebs vorbeugen?
Um einer Tumor-Erkrankung vorzubeugen, hat sie nicht den einen Rat: „Drogen, Alkohol und Zigaretten sollte man aber möglichst vermeiden“, sagt die Psychologin. „Denn aus den Dingen, die ich zu mir nehme, baue ich meinen Körper.“ Das gelte auch für ungesundes Essen. Aber auch die Genetik spielt eine Rolle: „Es gibt die Veranlagung, an Krebs zu erkranken.“
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