„In Überbach ist die Welt halt noch in Ordnung“, sagt Robert Walker. Oder wie es Lukas Musch (13) formuliert: „Mein Uropa war dabei, mein Opa und mein Papa auch. Da war automatisch klar, dass ich auch mitmach’.“ Das Ergebnis: Während viele Vereine in der Region um Nachwuchs kämpfen, freut sich die Feuerwehr in dem Dietmannsrieder Ortsteil derzeit über elf neue Mitglieder – darunter nicht nur Kinder.
„Ich wollte mal was Neues ausprobieren – und bei der Feuerwehr ist es spannend“, erklärt etwa Eva Stiegeler (12), warum sie zur Überbacher Wehr gekommen ist. „Mein Papa war zweiter Kommandant – und ich oft bei Übungen dabei“, sagt Fabian Habermeier (14): „Das war richtig spannend und man lernt viel dabei.“ Um die Kameradschaft und ums Helfen geht es den 13-jährigen Peter Kling und Daniel Menzel: „Man ist selber froh über Hilfe, wenn man sie mal braucht“, sagt Daniel. Auch sein Vater ist Mitglied der Feuerwehr. „Wenn er den Alarm hört, muss plötzlich alles ganz schnell gehen.“ Für Lukas Musch hat sich die Frage gar nicht erst gestellt: „In Überbach gehört es einfach dazu, dass man bei der Feuerwehr ist.“ Es sei sogar die Ausnahme, wenn man nicht dabei ist.
Mein Uropa war dabei, mein Opa und mein Papa auch. Da war automatisch klar, dass ich auch mitmach’.Lukas (13)
Dieser Zusammenhalt im Ort hat es den Aktiven natürlich leicht gemacht, die Jugendlichen zu gewinnen. Ein weiterer Faktor: Vor einigen Jahren hat es innerhalb kurzer Zeit zweimal im Ort gebrannt. „Das hat gezeigt, wie wichtig die Feuerwehr ist“, sagt Jugendwart Sebastian Sommer.
Aktive Nachwuchssuche
Ende vergangenen Jahres zogen die Ehrenamtlichen von Haus zu Haus und luden Kinder ab zwölf Jahren zu einem Infoabend ein. Dieses Mindestalter hat die Überbacher Wehr kürzlich von 14 Jahren herabgesetzt. Die Grundausbildung kann zwar erst ab 16 Jahren absolviert werden. Doch das Programm der Jugendfeuerwehr setzt schon früher ein: „Die Schützen sind eine große Konkurrenz für uns“, erklärt zweiter Vorstand Robert Walker, warum die Jugendlichen nun früher einbezogen werden. „Schon mein Vater hat als Kommandant gepredigt, wie wichtig der Nachwuchs ist.“
Die ersten Jugendfeuerwehren haben sich im Oberallgäu erst vor etwa 25 Jahren gegründet, sagt Kreisjugendwart Florian Speigl. Das fällt in die Zeit, als die Feuerwehrabgabe abgeschafft wurde. Bis dahin mussten Familien, von denen keiner bei der Feuerwehr half, einen finanziellen Zuschuss geben. Die ersten Gruppen entstanden laut Speigl im Norden des Landkreises. Je ländlicher, umso leichter täten sich die Wehren mit dem Nachwuchs.
Allerdings: Zu klein darf der Ort auch nicht sein. „Dann gibt es zu wenige Kinder.“ Speigl zufolge brauche es mindestens vier Jugendliche, um vernünftig üben zu können. Für viele Arbeiten seien vier Hände nötig. Zuletzt sei die Zahl der Mitglieder in den Oberallgäuer Jugendfeuerwehren mit etwa 440 zumindest konstant gewesen.
Zwei Schnaps und du sagst Ja.Silviu Satcau (32)
Allerdings muss Nachwuchs nicht immer jugendlich sein. Liviu Popa (33) und Silviu Satcau (32) sind ebenfalls neu dabei. „Ich bin neu im Dorf“, sagt Popa, der noch nie Mitglied einer Feuerwehr war. Warum der Arzt sich nun dafür entschied? Die Überredungskunst der Ehrenamtlichen, sagt er: „Das ist gut, um Leute kennenzulernen, haben sie gesagt.“ Auch Satcau wurde überredet – „von meinem Nachbar“. Du bist doch jung, fit und schnell, habe ihm dieser geschmeichelt. „Es ist gut, wenn ich helfen kann“, entschied sich der Elektriker schließlich. In Überbach sind Quereinsteiger nicht unüblich, sagt Kommandant Arno Brinkhaus. Wenn jemand zuzieht, werden die Fühler ausgestreckt. „Das ist ein Türöffner ins Dorfleben“, sagt Brinkhaus. Oder wie es Satcau formuliert: „Zwei Schnaps und du sagst Ja.“