Wenn donnerstags um 20.15 Uhr im ZDF der Vorspann zur Serie "Der Bergdoktor" läuft, ist fast immer ein Name zu lesen: Philipp Roth. Der Münchner ist verantwortlich für die Drehbücher. Er erfindet - gemeinsam mit einem Team an Autoren - die Geschichten rund um Dr. Martin Gruber. Der Deutschen Presse-Agentur hat der 49-Jährige verraten, wie die Bücher entstehen, was New York mit dem "Bergdoktor" zu tun hat und wie es ist, einen berühmten Namen zu tragen.

Wie wird man "Bergdoktor"-Autor?
Philipp Roth: Ich habe die Filmhochschule Potsdam-Babelsberg besucht, wollte eigentlich Filmproduzent werden und habe als Producer auch zunächst in München gearbeitet. Doch dann habe ich für mich verstanden, dass ich als Autor arbeiten möchte. Dann habe ich mit der Kinokomödie "Schwere Jungs" mein erstes Drehbuch geschrieben, das von Markus Rosenmüller recht erfolgreich verfilmt wurde. Daraufhin hat der Produzent Matthias Walther angerufen und mich für die Neuauflage der Serie "Der Bergdoktor" angefragt.
Konnten Sie sich das sofort vorstellen?
Roth: Ich wollte immer populäres Entertainment machen. Das Konzept zur Serie lag schon vor: Dr. Martin Gruber kehrt aus New York in seine Heimat zurück. Das konnte ich mir gut vorstellen, ich habe auch eine kleine New-York-Vergangenheit. 1993 hatte ich ein paar Monate dort eine Filmhochschule besucht und kam danach zurück in meine Heimatstadt Münster. Die ist nicht ganz so klein wie Ellmau - aber das Grundgefühl für die Figur war da. Außerdem war ich während und nach den Terroranschlägen 2001 in New York und habe erlebt, wie die Menschen um das Thema Versöhnung gerungen haben. Um Versöhnung ging es auch bei "Schwere Jungs", und um Versöhnung geht es im Grunde immer wieder beim "Bergdoktor".
Da gehen Menschen in schwierigen Situationen aufeinander zu.
Roth: Ja. Die Dunkelheit unserer Seele wird ja in vielen anderen Formaten genügend behandelt. Ich möchte die Stärke des Menschen in der Krise betonen und seine Fähigkeit, zu kommunizieren. Es heißt oft, beim "Bergdoktor" gehe es um eine heile Welt. Aber die Welt beim "Bergdoktor" ist eigentlich ganz und gar nicht heil. Alles liegt durch Krankheit und private Krisen in Trümmern. Aber Dr. Martin Gruber schafft es, dass die Betroffenen in der Krise zusammenrücken.
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Trotz dramatischer Geschichten spielt Humor eine große Rolle. Etwa die Frotzeleien zwischen Dr. Gruber und Dr. Kahnweiler.
Roth: Genau. Kahnweiler war eigentlich als Grubers Widersacher angelegt. Aber gerade im Krankenhaus spielen sich die tragischen Szenen ab und deswegen war es mir wichtig, genau in diesem Umfeld Humor reinzubringen. So wurde Kahnweiler zum besten Freund Grubers.
Wie muss man sich Ihren Arbeitsalltag vorstellen? Gehen Sie morgens um 9 Uhr ins Büro und schreiben an der nächsten Folge?
Roth: Im Grunde genau so. Allerdings habe ich noch keine Thomas-Mann-hafte Disziplin entwickelt. Aber ich gehe tatsächlich meist um 9 Uhr in mein Büro und schaue, dass ich zwischen 18 und 19 Uhr wieder heraus komme. Zwischendurch schreibe ich, habe Besprechungen mit dem Team und gehe auch einfach mal spazieren. Nachtschichten lassen sich trotzdem nicht ganz vermeiden.
Wie teilen Sie sich die Arbeit mit Ihren Kollegen auf?
Roth: Es gibt die Familiengeschichte, die sich durch alle Folgen und Staffeln zieht, und natürlich die Reise unseres Helden. Sobald eine Staffel abgedreht ist, setze ich mich mit dem Produzententeam sowie mit den Redakteurinnen vom ZDF zusammen, um diesen wichtigen Part für die nächste Staffel zu planen. Daraus wird dann eine recht konkrete Vorlage für das Autorenteam, das mit mir an der Serie schreibt. Die einzelnen Drehbücher sind eigenständige Werke, in denen der Patienten- und der Familienpart jeweils zusammengeführt werden.
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Wie recherchieren Sie die medizinischen Fälle? Suchen Sie einfach im Medizinlexikon nach einer schlimmen Krankheit?
Roth: So ähnlich. Wir haben mit Pablo Hagemeyer (Autor und Facharzt für Psychiatrie, Anm. d. Red.) einen medizinischen Berater. Manchmal stoße ich auch beim Fernsehen oder Zeitunglesen auf eine Krankheit. Zum Beispiel bei unserer Folge "Finale Klarheit". Ich las etwas über ein wenig erforschtes medizinisches Phänomen, "terminal lucidity". Patienten, die im Koma lagen, wurden in Einzelfällen wieder völlig klar, bevor sie wenig später verstarben. Daraus wurde die Geschichte eines Mannes, der seinen verhassten, im Koma liegenden Vater ins Pflegeheim verfrachten will, und dann damit konfrontiert wird, dass der Vater wieder das Bewusstsein erlangt. Und die beiden den Bruch zwischen ihnen aufarbeiten müssen. Von Michael Mendl und Ludwig Trepte übrigens großartig gespielt.
Guckt Ihre Familie auch den "Bergdoktor"?
Roth: Ich schalte auch am Donnerstag den Fernseher ein und schaue mit meiner Frau und meinen beiden Töchtern. Das ist für mich dann auch Premiere. Vorab habe ich höchstens einzelne Szenen gesehen. Um 21.46 Uhr klingelt dann mein Telefon und meine Mutter ist dran und gibt mir Feedback, wie ihr die Folge gefallen hat.
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Wie lebt es sich als Autor mit dem Namen Philipp Roth?
Roth: Als ich 16 Jahre alt war, hat mich ein Freund auf Philip Roth (US-Schriftsteller, 1933-2018) aufmerksam gemacht und mir ein Buch geschenkt. Von da an bekam ich jedes Jahr von irgendjemandem zum Geburtstag einen Philip Roth-Roman geschenkt. Vielleicht sollte sich Philipp Roth mal an eine Philip-Roth-Adaption wagen. Keine schlechte Idee eigentlich.
Zur Person: Philipp Roth (49) ist in Münster aufgewachsen und hat unter anderem an der Filmhochschule Potsdam-Babelsberg studiert. Für die ZDF-Serie "Der Bergdoktor" ist Philipp Roth seit Staffel 1 im Auftrag der Neuen Deutschen Filmgesellschaft (ndf) Drehbuchautor. Er lebt in München.