Während Frida, der fünfjährige Jack Russel Terrier, einmal quer über die Baustelle tapst, balanciert ihr Herrchen elegant über die Reihe der Kantsteine, zu deren Seiten gepresster Sand und frischer Asphalt liegen. Martin Richenhagen ist auf dem Weg zur neuen Ausstellungshalle, die ans Forum des Landmaschinenherstellers AGCO/Fendt angebaut ist.
Der AGCO-Konzernchef will zum Abschluss der Aufsichtsratssitzung in Marktoberdorf mit flottem Scherenschnitt das grüne Band durchtrennen und damit den Start geben in eine neue Ära. Denn die Halle ist ein Schlüsselelement für Fendt, um seine neue Technik zu präsentieren.
150 Journalisten aus 30 Ländern
Ihre Premiere feiert die Halle am kommenden Dienstag zur internationalen Pressekonferenz. 150 Journalisten aus 30 Ländern werden vor Ort sein, 250 werden sie weltweit online per Bildschirm verfolgen. „Das Interesse ist wieder groß. Das freut uns“, sagt Pressesprecher Sepp Nuscheler. Sie hören nicht nur den Geschäftsbericht der Führungsriege, sondern bekommen auch etliche Neuheiten zu sehen.
Darunter ist der, wie es in der Ankündigung heißt, rundum neue Traktor Fendt 900 Vario.

Bald darauf versammeln sich dort an die 2.000 Vertriebspartner aus allen Kontinenten. Auch ihnen werden die Neuheiten präsentiert, „so früh wie noch nie vor der Agritechnica“, sagt Nuscheler. Die weltgrößte Fachmesse findet im November in Hannover statt. Auch dafür die Ausstellung vorzubereiten, ist Aufgabe von Karsten Köhler, Leiter Fendt Event Marketing.
6,5 Millionen Euro netto
Er und Roland Schmidt, Vice President Fendt Marketing und quasi Hausherr des gesamten Fendt Forums in Marktoberdorf, hatten nach einigen Überlegungen und Abstimmungen mit Peter-Josef Paffen, Vorsitzender der Geschäftsführung AGCO/Fendt, sowie dem Mutterkonzern AGCO endgültig vor zwei Jahren den Auftrag erhalten, eine neue Halle zu konzipieren. Die Vorgabe: Es soll darin möglich sein, das erweiterte Portfolio – Fendt präsentiert sich inzwischen als Fullliner, der Landwirten alles an Maschinen bietet, das für die Bewirtschaftung der Flächen nötig ist – Kunden und Vertriebspartnern auf einer Fläche von 2.400 Quadratmetern zu zeigen. Die Kosten dafür liegen bei 6,5 Millionen Euro netto.
Der Kunde soll einen perfekten Eindruck von Fendt haben.Peter-Josef Paffen
Etwas erhöht entstehen ebenso Räumlichkeiten. Sie sollen noch eine Glasfront erhalten und ähneln so ein wenig den Logen in einem Fußballstadion. „Das werden Konferenz- und Schulungsräume für unsere Vertriebspartner“, sagt Köhler. Oben also Theorie, unten am Objekt die Praxis.
Das Konzept: „Wir wollen unsere Verkäufer hier trainieren und motivieren“, sagt Paffen. Dadurch soll deren Fachkompetenz weiter wachsen, die Kommunikation mit den Kunden noch intensiver werden und so unterm Strich der Verkauf steigen. In Marktoberdorf wiederum soll durch die Halle „die Qualität der Präsentation“ auf eine neue Ebene gehoben werden. Paffen: „Der Kunde soll einen perfekten Eindruck von Fendt haben.“ Etwa 25.000 Personen werden pro Jahr durchs Werk geführt. Tausende anderer Besucher kommen hinzu.

Das Forum als bisherige Ausstellungshalle sei wegen der Produkterweiterung an seine Grenzen gestoßen. Aber „jetzt können wir eine Indoor-Landwirtschaft zeigen“, sagt Paffen. Es lasse sich angesichts zunehmender Digitalisierung besser veranschaulichen, wie die verschiedenen Geräte und Zugmaschinen miteinander kommunizieren – und das sogar beim Fahren. Da ist es von Vorteil, dass die Halle „komplett wandelbar“ ist, wie Köhler erläuterte. Ob glatte Fläche, Bühne, Tribüne: alles möglich. Trotz großer Glasfassade und riesigen Toren aus Glas, durch die die Maschinen herein und heraus fahren, kann die Halle völlig abgedunkelt werden. Neue Technik macht’s möglich.
Jetzt können wir eine Indoor-Landwirtschaft zeigen.Peter-Josef Paffen
Nachdem das Konzept stand und alles genehmigt war, waren Schmidt und Köhler bei der Feinarbeit kaum Grenzen gesetzt. „Das haben wir geschätzt, dass wir viel selbst machen konnten“, sagt Köhler. Da floss die Erfahrung des 42-Jährigen durch die großen, internationalen Messen, die Feldtage in Wadenbrunn oder die Werksbesichtigungen an allen Fendt-Standorten ein. Die Halle in Marktoberdorf ist sein bisher größtes Bauprojekt.
Vollendet wird es allerdings erst in ein paar Monaten. Der lange Winter hat den Zeitplan nach hinten verschoben. Deshalb ist das Gebäude noch technikfrei. Kein Strom, keine anderen Leitungen. Nur die Schläuche für die Fußbodenheizung, die wie das Werk von der Fernwärme in Geisenhofen gespeist werden, liegen unter dem Beton. Der Plattenboden, den die Handwerker zur Pressekonferenz verlegt haben, wird bald dem richtigen Boden weichen. Aber im Dezember soll alles fertig sein, zur Weihnachtsfeier der Fendtler.
Trotzdem ist Richenhagen bereits zufrieden: „Das ist beeindruckender als erwartet“, sagt’s, durchtrennt mit anderen das Band und gibt die Halle frei. Auch Frida genießt diesen Auftritt und weicht Herrchen nicht von der Seite.