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Das "Radland Bayern" und der Kampf um den Raum

Verkehrspolitik

Das "Radland Bayern" und der Kampf um den Raum

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    Das bayerische Verkehrsministerium bezeichnet die Steigerung des Radverkehrs als Schwerpunkt seiner Politik. Trotzdem passiert nur wenig.
    Das bayerische Verkehrsministerium bezeichnet die Steigerung des Radverkehrs als Schwerpunkt seiner Politik. Trotzdem passiert nur wenig. Foto: Christian Charisius, dpa (Symbolbild)

    Die ersten Krokusse sprießen aus dem Boden und viele Menschen haben schon ihre Fahrräder aus dem Keller geholt. Frühlingszeit ist Fahrradzeit - auch wenn immer mehr Menschen sich selbst im Winter auf ihren Drahtesel schwingen.

    Doch längst nicht überall in Bayern macht es auch Spaß zu radeln. Die Politik will den Anteil der Fahrradfahrten zwar erhöhen, aber angesichts von etwa fehlenden oder schlechten Radwegen und mangelnden Abstellmöglichkeiten ist der Weg dahin noch weit.

    Radwege, E-Bikes, Abstellmöglichkeiten: So sollen mehr Bayern Rad fahren

    Das bayerische Verkehrsministerium bezeichnet die Förderung des Radverkehrs sogar als einen Schwerpunkt seiner Politik: "Für die Fahrt zur Arbeit oder zum Bahnhof ist das Fahrrad oft das beste Verkehrsmittel - ohne Stau und Parkplatzprobleme." Auch im Lieferverkehr stecke Potenzial. "Mit und ohne elektrische Unterstützung sind Lastenfahrräder gerade auf der "letzten Meile" interessant."

    Das niedergeschriebene Ziel: Bis zum Jahr 2025 sollen 20 Prozent aller Wege in Bayern mit dem Rad zurückgelegt werden; 2017 waren es noch 11 Prozent. Das scheint zwar ambitioniert, aber grundsätzlich machbar. Denn zum Referenzzeitpunkt waren 40 Prozent aller Autofahrten kürzer als fünf Kilometer und mithin in Radeldistanz. Maximal zehn Kilometer entfernt waren gar drei Viertel aller angesteuerten Ziele.

    Doch die Probleme sind vielfältig, wie eine Expertenanhörung zum Thema Anfang Februar im Landtag gezeigt hat. Zu schmale, mit Schlaglöchern übersäte, unübersichtliche oder im Nichts endende Radwege, fehlende Abstellanlagen sowie eine teure und begrenzte Mitnahme von Rädern im öffentlichen Nahverkehr wurden nicht nur von den Vertretern des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) genannt.

    Warum die Fördergelder nicht in den ländlichen Kommunen ankommen

    Kurz zusammengefasst ist das grundsätzliche Dilemma: Auf dem Land gibt es jenseits von Freizeitrouten vielerorts überhaupt keine Radwege. Die Radfahrer müssen also ungeschützt im fließenden Verkehr mitfahren - laut ADFC gilt dies selbst auf zwei Dritteln aller Staatsstraßen. Doch nicht nur Eltern mit kleinen Kindern fühlen sich unwohl, wenn ein Auto mit Tempo 80 oder 100 an ihnen vorbeibraust, und nehmen dann doch lieber selbst den Wagen.

    Der Ausbau des Radanteils führt nach Ansicht der Experten daher in weiten Teilen des Freistaats in erster Linie über den Ausbau des Radwegenetzes - und der kostet Geld. Davon steht zwar derzeit durchaus einiges zur Verfügung, doch viele Kommunen blicken im Dschungel der Fördermöglichkeiten nicht mehr durch. Abgesehen davon fehlen Verkehrsplaner, die sich mit der Anlage guter Radwege auskennen. Viele Grundbesitzer wollen zudem den dafür benötigten Acker oder gar Bauland nicht verkaufen. Und es werden neue Flächen versiegelt, was aus Umweltschutzgründen problematisch ist.

    Schmale und gefährliche Radwege: In der Stadt fehlt der Raum

    In den Städten gibt es bereits ein - wenn auch lückenhaftes - Radverkehrsnetz, doch das genügt meist nicht den aktuellen Anforderungen. Damit steht ein Verteilungskampf im Raum, denn der Platz ist schlicht begrenzt.

    Ein Beispiel: Für einen zwei Meter breiten Radweg, der die aktuellen Ansprüche mit Blick auf Kinderanhänger, Lastenräder, Pedelecs und E-Scooter erfüllt, "fällt auf den Straßen zwingend eine Spur weg, entweder des fließenden oder des ruhenden Verkehrs", wie der Leiter der Unfallforschung der Versicherer, Siegfried Brockmann, erläutert.

    Das schmeckt natürlich nicht jedem, zumal man ein Folgeproblem auch objektiv nicht wegdiskutieren kann: Die Autobesitzer werden ihre Vehikel deshalb nicht massenhaft verkaufen. Wer neue Radwege ausweist - so wie München, wo einige der in der Corona-Krise eingeführten Pop-up-Radwege nun dauerhaft installiert werden sollen - muss deshalb auch ein Konzept dafür haben, wo die Autos hin sollen.

    Und er muss Fehler vermeiden: Die Popularität von Radwegen zwischen Parkstreifen und Autospur statt wie früher auf den Gehwegen hat zum Beispiel mit dazu geführt, dass die Unfälle durch unvorsichtig geöffnete Autotüren massiv gestiegen sind. Die Konsequenz aus Sicht der Unfallforscher: 75 Zentimeter Sicherheitsabstand einplanen - oder den Parkstreifen abschaffen. Womit wir bei einem weiteren Platzproblem wären.

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