Auf der "Nackerten-Insel" am Eschacherweiher herrschen strenge Regeln. "Das ist in etwa wie bei einem Kleingärtnerverein. Jeder hat seine Parzelle. Jeder hat bestimmte Pflichten. Nur, dass wir halt herumlaufen wir der Hergott uns schuf", sagt Heinz schmunzelnd.

Der 66-Jährige zählt zu den 100 Mitgliedern des FKK-Vereins "Bund Alpenland". Der Klub ist seit über 60 Jahren auf der idyllischen Moorinsel zuhause. "Das ist unser Kleinod", schwärmt Heinz.
Doch in den vergangenen Jahren gab es immer wieder Ärger rund um die Insel. Von hemmungslosen Sexparties und "Rudel-Bums" am hellichten Tag ist die Rede. Wie passt das alles zusammen?
Als allgaeu.life die Vereins-Schriftführerin Karin Kipfer um ein Interview bittet, ist sie sofort dabei. "Natürlich, kommt vorbei und macht Euch selbst ein Bild", sagt sie am Telefon. Tags darauf stehen

wir auf dem bewaldeten Klub-Gelände. Wir öffnen ein Eisengatter folgen einem hölzernen Steg, der sich wie eine Verbindungsstraße durch die etwa vier Fußballfelder große Halbinsel schlängelt.
Rechts und links gibt es immer wieder Abzweigungen zu kleineren Lichtungen mit hölzernem Untergrund. So genannten Parzellen, die einzelnen Familien, Partnern oder Einzelpersonen gehören. Dort lassen sie sich in Liegestühlen bräunen oder spielen Karten. Zentraler Ort ist eine Vereinshütte mit einem Indiaca-Platz.
Es gibt ein WC, eine Dusche - und einen eigenen Zugang mit Treppe zum See. Alles wirkt gepflegt, ruhig, hamonisch. Von Partystimmung keine Spur. Statt Porno steht hier die "Senioren-Bravo" hoch im Kurs. So nennen die Mitglieder die "Apotheken-Umschau", mit der sich die meisten notgedrungen immer häufiger beschäftigen. Der Altersdurchschnitt liegt bei 71 Jahren.
Nur wir fallen in Jeans und T-Shirt natürlich etwas aus dem Rahmen. Doch das ist nicht weiter schlimm. Die Mitglieder freuen sich vielmehr darüber, dass sie im allgaeu.life-Gespräch eines öffentlich klarstellen können: "Wir hatten und haben mit den Sex-Sauereien nichts tun. Doch viele werfen alles in einen Topf. Das ärgert uns. Es schadet unserem Ruf."
Fast jeder, den wir an diesem Tag auf dem Gelände sprechen, hat ein Ekel-Erlebnis aus den vergangenen zwei, drei Jahren zu berichten. Es geht um Müll und Dreck, den Fremde auf der Insel hinterlassen haben. Es geht aber auch um "Schweinereien" auf dem angrenzenden Festland. Im damals noch hoch stehenden Farn oder am Rande eines Waldstücks hätten vor allem Männer Sex gehabt. "Die hat das überhaupt nicht gestört, dass rund um den See auch Kinder rumspringen. Mal ganz abgesehen davon, dass es auch für uns unerträglich war. Ich hab versucht die mit Schreien zu vertreiben. Aber keine Chance ", ärgert sich Seniorin Flo über die Zustände.
Wie ist eigentlich die rechtliche Lage?
+ Sex im Freien ist verboten
+ Geschlechtsverkehr in der Öffentlichkeit kann unter Umständen sogar strafbar sein. Dies trifft vor allem dann zu, wenn fremde Menschen die sexuellen Handlungen sehen, sich davon gestört oder belästigt fühlen und Anzeige erstatten.
+ Nacktbaden ist meist erlaubt. Vor allem an Plätzen, an denen Badegäste damit rechnen können, dass sie nicht gesehen werden. Grundsätzlich entscheiden aber die Gemeinden selbst über Regelungen, die das Verhalten beim öffentlichen Baden angehen. Und weisen dementsprechend offizielle FKK-Flächen aus. Diese gibt es auch am Eschacher Weiher.
Als die angewiderten Rentner im Internet recherchierten, waren sie nicht schlecht erstaunt: "Ihr" Eschacherweiher wurde in einschlägigen Foren als Geheimtipp für Outdoor-Sex gehandelt. Die Leute seien teils bis aus der Schweiz oder Österreich angereist, erzählen die Senioren. "Es kann ja jeder leben wie er will. Aber das geht einfach zu weit", ist die einhellige Meinung. Da sich Touristen über die Sextreffs beschwerten und "dummerweise alles in einen Topf warfen", fühlten sich die FKKler zu Unrecht an den Pranger gestellt.
Da half es auch nicht, dass Toni Klotz vom Zweckverband "Erholungsgebiete Kempten und Oberallgäu" schon vor Kurzem in der AZ klarstellte: "Der Verein tut der Situation gut." Deshalb sei der Pachtvertrag um weitere fünf Jahre bis 2023 verlängert worden. Eigentlich sollte der FKK-Verein 2018 von der Insel verschwinden, da sie im Naturschutzgebiet liegt. Doch jetzt stehen die ergrauten Nacktbader als "Ordnungshüter" offenbar hoch im Kurs. Zudem wird der Farnbereich von der Gemeinde nun regelmäßig gemäht. Und auch die Polizei habe schon Präsenz gezeigt, berichten Klub-Mitglieder. "In diesem Jahr ist es besser geworden." Doch noch ist der Sommer nicht vorbei. Ein paar "heiße Tage" hält der September sicher noch bereit. Zumindest metrologisch.