Wenn Geschäftsführer David Witty Urlaub in einem Wellnesshotel im deutschsprachigen Raum macht, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass dort seine Reinigungsmittel und/oder Gerätschaften zum Einsatz kommen. „Ich plane meine Übernachtungen aber nicht danach“, so der 37-Jährige, der aktuell nicht an Urlaub denken kann. Derzeit laufen die finalen Arbeiten in der neuen Produktionshalle, die rund 6000 Quadratmeter groß ist. Mehr als 20 Millionen Euro wurden investiert. In dem Anbau setzt das Unternehmen auf moderne Technologie, zum Beispiel automatische Messungen.
„Die alte Produktionshalle stammt noch aus den 60er-Jahren. Hier war noch viel Handarbeit erforderlich, das ändert sich jetzt alles“, erklärt Wolfgang Mayer, der jedes Rohr und jeden Schacht kennt. Keiner kennt sich im Betrieb so gut aus wie er. 40 Jahre lang arbeitete der gebürtige Franke als Technischer Leiter für das Unternehmen. Auch in der Rente ist er noch beinahe täglich vor Ort und überwacht die Fortschritte. „Ich wollte unbedingt noch die Fertigstellung der neuen Halle begleiten. Danach kann ich mich dann zur Ruhe setzen“, so der 67-Jährige.

Die großen schwarzen Tanks, in denen die Reinigungsmittel hergestellt werden, stehen schon bereit und auch das Rohrleitungssystem ist einsatzfähig. Nur ein paar Platten aus Pressspan auf dem Hallenboden verraten, dass hier noch kein Normalbetrieb stattfindet. Ende Oktober soll es dann losgehen. „Dann sind wir alle erleichtert“, gesteht David Witty, der seit 2019 die Verantwortung trägt. Eigentlich hatte er nicht geplant, das Unternehmen seines Vaters Hubert zu übernehmen. Nach seinem Studium arbeitete der Wirtschaftswissenschaftler in einer anderen Firma. „Ich hatte nie das Gefühl, dass von mir erwartet wird, dass ich einmal übernehme. Das hat sich spontan ergeben“, so Witty, der bei einem großen Mittelständler im Vertrieb tätig war. „Wenn man diese Dinge im Familienunternehmen umsetzen kann, dann ist das einfach eine einmalige Chance.“ Witty führt die Geschäfte zusammen mit Thilo Schindler, der seit 2002 im Unternehmen arbeitet.
Witty: Corona verzögert Bau der neuen Produktionshalle
Der Start war für David Witty nicht einfach. Mit dem Bau der neuen Produktionshalle wollte die Firma schon viel früher loslegen, doch dann kam Corona. „Das war auch für uns nicht leicht, denn Schwimmbäder und Co. waren ja zu und das haben wir natürlich gemerkt“, so Witty, der stattdessen die Planungen für den Anbau vorantrieb. 2023 begannen die Bauarbeiten. Bis zu 10.000 Tonnen Reinigungsmittel kann die Firma künftig pro Jahr herstellen, was einer Steigerung von 60 Prozent entspricht. Über der Halle befinden sich zwei neue Labore, in denen die Qualität der Mittel kontrolliert wird, aber auch Wasserproben aus Schwimmbädern analysiert werden. Hinzu kommt eine Forschungsabteilung. „Wir versuchen, die Formeln weiter zu verbessern, arbeiten aber auch an neuen Produkten.“ In diesem Jahr erhielt das Unternehmen einen Innovationspreis.

Aufgrund der unterschiedlichen Gegebenheiten in den Schwimmbädern setzt das Unternehmen auf individuelle Lösungen. Das Panoramabad in Dinkelscherben braucht etwa ganz andere Technik als die Therme in Bad Wörishofen. Besonders stolz ist Witty auf die Abfüllanlagen. So kann jeder Kunde vor Ort seine Reinigungsmittel mischen. „Wenn wir nur das Konzentrat liefern, spart das viel Geld und natürlich CO2. Der Kunde hat weniger Kosten, wir weniger Aufwand und für die Umwelt ist es auch noch gut.“ Viel helfe nicht immer viel. „Zu viel Chlor ist ebenso wenig gesund wie zu wenig“, erklärt Witty, der in diesem Zusammenhang mit einem Mythos aufräumt: „Wenn jemand nach dem Schwimmbadbesuch rote Augen bekommt, war vermutlich zu wenig Chlor im Wasser. Zu viele Keime können zu Reizungen führen.“

Neben den Schwimmbädern nutzen auch viele Gastronomiebetriebe die Reinigungsmittel von Witty. „Jeder möchte möglichst effizient und kostengünstig sauber machen. Wir haben individuelle Lösungen, egal ob kleine Gastronomie oder großes Hotel“, sagt der Geschäftsführer. Vorwiegend kümmert sich die Dinkelscherber Firma um Spülmaschinen. „Speziell hier gibt es viel Einsparungspotenzial. Wir haben eine Technik entwickelt, sodass auch Gastronomie-Geräte im Eco-Modus spülen können. Das gab es zuvor nur in Privathaushalten“, erklärt David Witty, der nicht nur bei der Kundschaft den Energieverbrauch im Blick hat.
Nachhaltigkeit spielt für Reinigungs-Unternehmen große Rolle
Überhaupt spielt das Thema Nachhaltigkeit eine große Rolle. Nah, nachhaltig und innovativ - so lautet das Motto der Firma. „Manche Produkte wie Fest-Chlor werden ausschließlich außerhalb Europas produziert. Ansonsten versuchen wir, unsere Rohstoffe aus der Nähe zu bekommen“, erklärt der 37-Jährige. Auf dem Dach der neuen Produktionshalle ist eine Fotovoltaik-Anlage angebracht, die rund 350.000 Kilowatt-Stunden pro Jahr erzeugt. Schon seit vielen Jahren wird die Firma von einer nahegelegenen Biogas-Anlage mit Energie versorgt. „Unser Ziel ist es, schon bald autark zu sein. Wir werden auch noch die anderen Gebäudeteile mit Fotovoltaik ausstatten, dann kommen wir auf 450.000 Kilowatt-Stunden“, so Witty. Auch beim Fuhrpark setzt die Firma auf Klimafreundlichkeit. Die mehr als 100 Fahrzeuge sind elektrisch betrieben, lediglich die 16 Lkw fahren noch auf Verbrennerbasis.

Das Unternehmen wurde 1945 in Augsburg gegründet und handelte zunächst mit Baustoffen und chemischen Erzeugnissen. Die Firma wuchs stetig und baute in den 60er Jahren den Standort in Dinkelscherben. In den 70ern spezialisierte sich Witty auf Schwimmbadpflege. Nach der Wiedervereinigung weitete Witty die Produktpalette auf Küchenhygiene aus. Heute hat die Firma mehr als 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon sind etwa die Hälfte in Dinkelscherben tätig, die anderen sind als Servicetechniker deutschlandweit verteilt und fahren zu den Kunden. Auch digitale Produkte bietet die Firma an. So nutzen etwa mehr als 1000 Kunden die App mein.Schwimmbad. Diese hilft bei der grafischen Darstellung der Mess- und Regelanlage sowie bei der Dokumentation für das Gesundheitsamt. Mittlerweile kommt auch künstliche Intelligenz zum Einsatz.

Trotz des Erfolgs hat David Witty noch Ziele. Unter anderem möchte er das Familienunternehmen noch globaler aufstellen und die Digitalisierung vorantreiben. Bis dahin wird aber noch viel Schwimmbadwasser die Witty-Systeme hinunter und wieder hinauf fließen. Und der Geschäftsführer wird beim Hotelbesuch noch auf viele seiner Reinigungsmittel stoßen. „In Spanien hat ein Hotel mal damit geworben, dass sie die vierfache Menge des maximalen Chlorgehalts verwenden. Da bin ich dann nicht ins Wasser gegangen.“
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