1987 war das Jahr der Newcomer: Mit einem Schlag standen Bands wie Guns N'Roses (Appetite for Destruction ist genau 30 Jahre alt, kein Witz) und Public Enemy in den Charts. U2, INXS, und R.E.M. feierten ihren endgültigen Durchbruch - und im Fernsehen etablierte sich Miami Vice, was irgendwie cooler als die Lindenstraße war.

Auch im beschaulichen Kempten tat sich erstaunliches: Direkt neben dem Rathaus eröffnete im Herbst 1987 eine neue Kneipe, die schon bald nicht mehr wegzudenken war: Die Trio Bar verbreitete mit mintgrünem Anstrich, großem Edelstahltresen und Funk- und Indiesound einen ungewohnten Chic, der bis dato eher in größeren Städten verortet war.
"Wir waren sofort der Szenetreff", erinnert sich der heute 61-jährige "Trio Bar"-Besitzer Walter "Wally" Müller an die Gründerzeit. Schmunzelnd fügt er hinzu: "Vieles war improvisiert. Wir wurden als Freaks belächelt. Aber es hat funktioniert."
Erste Erfahrungen als Wirt hatte Wally damals schon. Acht Jahre lag hatte der einstige Student (Deutsch, Soziologie und Politische Wissenschaften) mit zwei Kumpels die Kneipe "Gasthaus Oberwang" geführt. Als die Stadt damals den Pachtvertrag nicht verlängerte, übernahm das Trio die Brauhaus-Gaststätte am Rathausplatz - und verwandelte sie in einen Hot Spot. Nach einem Namen musste das Dreigestirn nicht lange suchen.

"Für uns waren die neuen Räume ein Glücksfall", sagt Wally über die Location mit heute zwei Etagen. Was man sich aus heutiger Sicht kaum vorstellen kann: Zwischen Trio Bar und Rathaus führte damals noch eine vielbefahrene Straße. Erst 1993 wurden die Autos vom Rathausplatz verbannt - und für die Trio Bar begann ein neues Zeitalter: Fortan konnte auf dem neuen Kopfsteinpflaster draußen aufgestuhlt werden. Mitte der 1990er Jahre herrschte an schönen Sommerabenden vor der Trio, wie sie in Kempten heißt, Hochbetrieb wie bei einem Festival. "Wer damals nicht dabei war, ist nicht in Kempten aufgewachsen", sagt Flo (43), der der mittlerweile in Augsburg wohnt, aber der Trio bei jedem Heimatbesuch die Treue hält.
Mittlerweile haben sich eine Reihe von weiteren Locations am "Rati" etabliert. Manche verschwanden auch wieder. Die Trio Bar jedoch blieb. Sie bietet 180 Sitzmöglichkeiten im Freien und im Inneren Platz für die Ansprüche mehrerer Generationen: "Unten ist die Rockschiene angesiedelt. Auf der zweiten Etage läuft House und Hip-Hop. Am Wochenende legen DJs auf", erklärt Wally. Der Musik-Mix macht Familien-Zusammenführungen der anderen Art möglich: "Oben feiern schon mal Tochter und Sohn während unten die Eltern auf ein Bier vorbeischauen."

Im Vergleich zu den wilden Anfangszeiten hat sich die Trio, die Wally seit 2011 alleine führt, professionalisiert. Darauf deutet allein schon die Existenz eines Türstehers hin, den Wally - wie so viele andere Kneipiers auch - vor ein paar Jahren notgedrungen anheuerte. "Ich habe vieles lernen müssen", sagt der Pächter, dem heute ein dutzend Mitarbeiter zur Hand geht. "Allein schon wegen der ganzen Auflagen", bilanziert er.
Dennoch hat er es nie bereut, als Kneipen-Wirt "Hobby und Beruf zu vereinen", wie er es selbst schmunzelnd nennt. Wobei Wally die Schwerpunkte heute anders legt als zu frühere Zeiten. Anfang der Nullerjahre verordnete er sich einen gesünderen Lebensstil. Er hörte zu rauchen auf, begann zu laufen, finishte 2004 den München Marathon und trinkt heute meist Anti-Alkoholisches. "Ich bin stolz darauf, dass ich den Dschungel überlebt hab", sagt er mit Blick auf den Werdegang der Trio, aber wohl auch auf seinen eigenen.
Beruflich kürzertreten will er freilich noch lange nicht. "Ich hab noch einige Ziele mit der Trio und läute gerade den Umbruch ein", sagt Wally Müller. Mehr verrät er noch nicht. Aber was wäre ein runder Geburtstag auch ohne Überraschungen....