Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Interne Protokolle: So schwärmten bayerische AfD-Politiker von "Umsturz" und "Revolution"

Interner Chat auf Telegram

"Umsturz", "Revolution", "Bürgerkrieg": Bayerische AfD wegen radikaler Inhalte unter Druck

    • |
    • |
    Skandal um die AfD in Bayern: In einer geschlossenen Telegram-Gruppe mit dem Namen «Alternative Nachrichtengruppe Bayern» sollen zahlreiche Politiker radikale Inhalte veröffentlicht haben. Mit in der Gruppe sind offenbar auch große Teile der Landtagsfraktion, der bayerischen AfD-Bundestagsgruppe und des Landesvorstands.
    Skandal um die AfD in Bayern: In einer geschlossenen Telegram-Gruppe mit dem Namen «Alternative Nachrichtengruppe Bayern» sollen zahlreiche Politiker radikale Inhalte veröffentlicht haben. Mit in der Gruppe sind offenbar auch große Teile der Landtagsfraktion, der bayerischen AfD-Bundestagsgruppe und des Landesvorstands. Foto: Angelika Warmuth, dpa (Archiv)

    Umsturz, Revolution, Bürgerkrieg - diese Worte sollen in einem internen Chat mit vielen prominenten AfD-Mitgliedern gefallen sein. Der Bayerische Rundfunk zitierte am Mittwoch aus Inhalten einer geschlossenen Telegram-Gruppe, die BR-Reportern zugespielt worden seien.

    Skandal um AfD in Bayern: Telegram-Nachrichten von Politikern veröffentlicht

    "Ohne Umsturz und Revolution erreichen wir hier keinen Kurswechsel mehr", schrieb laut BR-Bericht etwa ein AfD-Kreisvorsitzender. Ein weiterer AfD-Mann, der inzwischen Mitglied im AfD-Landesvorstand ist, schrieb dem BR zufolge: "Bekämpft bitte (oder auch gefälligst) mit dem vielen Geld, das ihr vier lange, weitere Jahre egal in welcher Partei bekommt, das Deutschland meuchelnde System. Das erwarten unsere Wähler. Der Widerstand der Straße würde es euch danken." In einer weiteren Nachricht heißt es laut BR-Bericht: "Denke, dass wir ohne Bürgerkrieg aus dieser Nummer nicht mehr rauskommen werden."

    Die Beiträge stammen laut BR aus einer geschlossenen Telegram-Gruppe der Bayern-AfD, die Reportern exklusiv zugespielt wurde. Der Name des Chats lautet "Alternative Nachrichtengruppe Bayern". In der Chatgruppe finden sich demnach 16 der 18 bayerischen Landtags- und elf der zwölf Bundestagsabgeordneten. Aus dem im Oktober neu gewählten AfD-Landesvorstand sind zehn von 13 Personen vertreten. Die Nachrichten stammen aus dem Zeitraum von Ende 2017 bis Mitte 2021.

    Der neue AfD-Landesvorsitzende, der Bundestagsabgeordnete Stephan Protschka, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur die Existenz der Gruppe. Allerdings, so betonte er, stehe diese nicht in der Verantwortung beziehungsweise Verwaltung der AfD Bayern.

    Neuer AfD-Landesvorsitzender Protschka ist einer der Administratoren der Telegram-Gruppe

    Protschka erklärte zudem: "Es gab keine Diskussionsbeiträge, bei denen zu Umsturz und/oder Gewalt aufgerufen wurde." Hätte es solche Aufrufe gegeben, hätten die Inhaber oder Administratoren, die fürs Mitlesen verantwortlich seien, den Verfasser gesperrt, da sei er sich sicher.

    "Es war eine öffentliche Gruppe, in der auch Nichtmitglieder der AfD eintreten konnten", erklärte Protschka. Und noch immer seien auch Nichtmitglieder der AfD dabei. "Sie wurde jetzt vorübergehend auf geschlossen umgestellt." Er selbst sei einer der Administratoren und für Anfragen aus Niederbayern zur Aufnahme in die Gruppe zuständig.

    Bayerns Innenminister Herrmann nannte die Chats erschreckend

    "Sie machen deutlich, dass offensichtlich gerade in den Führungsgremien der AfD auch Leute unterwegs sind, auch Parlamentarier, die offensichtlich Gewalt überhaupt nicht ausschließen, die ernsthaft über Bürgerkrieg und ähnliches nachdenken", sagte er am Rande einer Landtagssitzung in München. "Das ist nun wirklich extrem gefährlich für diese Republik."

    Der Verfassungsschutz werde den Chat, wenn er die Unterlagen denn bekomme, natürlich sorgfältig auswerten. Nachdem offensichtlich eine Reihe von Abgeordneten unmittelbar beteiligt gewesen sei, was sorgfältig geprüft werden müsse, stelle sich die Frage, inwieweit die betreffenden Abgeordneten beobachtet werden müssten - auch wenn dafür normalerweise besondere Anforderungen zu erfüllen seien. Zudem stelle sich die Frage, "inwieweit daraus dann auch sich zusätzliche Argumente für eine Beobachtung der AfD insgesamt ableiten".

    "Wir warnen ja schon seit einer Weile vor den besonders radikalen Elementen in der AfD", sagte Herrmann. Teile der Partei seien ja schon unter Beobachtung. "Wenn sich dieser Chat-Verlauf so bestätigen sollte, ist das natürlich ein weiteres Argument, dass eben da schon Wölfe im Schafspelz unterwegs sind, die nach außen immer alle Vorwürfe von sich weisen, aber offensichtlich intern doch über brutalste Gewaltanwendung und Machtergreifung sprechen."

    Die Grünen halten eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz für unverzichtbar

    Die Äußerungen in dem Chat zeigten, "wie weit die Verachtung der parlamentarischen Demokratie auch bei führenden Funktionären der Partei bereits fortgeschritten ist", sagte der Landtagsabgeordnete Cemal Bozoglu. "Angesichts dieser erschreckenden Äußerungen, die bis zu einer Rechtfertigung von gewalttätigen Aktionen reichen, ist eine Beobachtung der gesamten AfD durch die Sicherheitsbehörden unabdingbar." Bayern solle hier sofort tätig werden "und nicht nur den "Flügel" und die "Junge Alternative", sondern die gesamte AfD unter Beobachtung stellen", forderte er.

    SPD-Fraktionschef Florian von Brunn sagte "Passauer Neue Presse" und "Donaukurier": "In der tiefbraunen Chatgruppe tummeln sich offenbar zuhauf Abgeordnete mit purer Nazi-Gesinnung, die den Umsturz und die Abschaffung der Demokratie in Deutschland planen." Man müsse gegen diese mit allen rechtlichen Mitteln vorgehen. "Die Beobachtung durch den Verfassungsschutz in Bayern ist überfällig." FDP-Fraktionschef Martin Hagen sagte: "Mich überrascht bei diesen Leuten nichts mehr." (Lesen Sie auch: AfD-Fraktion in Bayern schrumpft weiter: Josef Seidl erklärt Austritt aus AfD)

    Protschka auf Telegram: "Meinungsfreiheit ist unsere Devise"

    Der neue AfD-Landeschef, der Bundestagsabgeordnete Stephan Protschka, hatte schon vor der Veröffentlichung des BR-Berichts auf seinem Telegram-Kanal geschrieben: "Im Gegensatz zu unseren Mainstreammedien dürfen bei uns ALLE mitdiskutieren und mitreden. Bei uns gibt es keine Zensur und niemand wird auf Grund seiner politischen Meinung gecancelt, stigmatisiert oder diffamiert, denn wir leben die freie demokratische Grundordnung. Meinungsfreiheit ist unsere Devise." (Lesen Sie auch: Kommentar: Den Kampf gegen den Hass im Netz müssen wir alle führen)

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden