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JVA Gablingen: Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen langjährige Chefin

Justizskandal

Staatsanwalt jagt jetzt auch die langjährige Chefin der Skandal-JVA Gablingen

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    Seit der Eröffnung im November 2015 leitete Zoraida Maldonado de Landauer die JVA Gablingen. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen sie.
    Seit der Eröffnung im November 2015 leitete Zoraida Maldonado de Landauer die JVA Gablingen. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen sie. Foto: Timian Hopf

    Im Skandal um die JVA Gablingen ermittelt die Staatsanwaltschaft nun auch gegen die inzwischen freigestellte Chefin des Gefängnisses, Zoraida Maldonado de Landauer. Entsprechende Informationen unserer Redaktion bestätigte die Augsburger Staatsanwaltschaft am Freitagmittag. Es gehe vor allem um den Verdacht der Körperverletzung im Amt, teilte Pressesprecher Andreas Dobler mit. Zugleich gab es am Freitagvormittag eine Razzia in Maldonado de Landauers Privathaus und eine weitere Durchsuchung im Gablinger Gefängnis. Staatsanwaltschaft und Kripo stellten Unterlagen und Dokumente sicher, die nun ausgewertet werden. Es ist der vorläufige traurige Höhepunkt der seit Wochen schwelenden Affäre um Vorwürfe von Folter und Misshandlungen Gefangener durch JVA-Bedienstete.

    Mit der von Insidern bereits seit Wochen erwarteten Ausweitung des Verfahrens auf die ranghöchste Justizbeamtin der JVA Gablingen wird nun insgesamt gegen 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines der modernsten Gefängnisse in Bayern ermittelt. 13 Personen stehen im Verdacht der Körperverletzung im Amt, darunter die mittlerweile suspendierte stellvertretende Leiterin der JVA, eine 37-jährige Juristin. Gegen drei weitere Beschäftigte wird wegen versuchter Strafvereitelung ermittelt. Sie sollen möglicherweise versucht haben, durch eine Aktenschredder-Aktion Beweismittel zu vernichten.

    Die JVA Gablingen ist mit der neuen Razzia in den vergangenen Wochen viermal von der Staatsanwaltschaft und der Polizei durchsucht worden. Auch in der Privatwohnung der bisherigen Vize-Chefin gab es eine Razzia. In Chatverläufen von beschlagnahmten Handys haben die Ermittler erste Hinweise auf gewalttätige Übergriffe der Bediensteten gefunden.

    Maldonado de Landauer leitete die JVA Gablingen von Anfang an

    Die 62 Jahre alte Juristin Maldonado de Landauer leitete die JVA Gablingen seit der Eröffnung im November 2015. Zuvor war sie bereits Chefin der JVA Augsburg. Der 105 Millionen Euro teure Gablinger Bau galt seinerzeit als Bayerns und wohl auch Deutschlands modernstes Gefängnis. Und er war ein Herzensprojekt von Maldonado de Landauer, für das sie schon Mitte der 90er Jahre die Werbetrommel gerührt hat. Die junge Regierungsrätin stand damals unverhofft in der ersten Reihe: Weil der Leiter des Augsburger Gefängnisses kurzfristig erkrankt war, musste sie bei der Gemeinde Gablingen für das Projekt werben.

    Keine leichte Aufgabe, andere Kommunen hatten schon abgewinkt. Maldonado de Landauer leistete Überzeugungsarbeit. Gablingen stimmte dem Bau der JVA zu. Über Stationen in Aichach und Niederschönenfeld bei Donauwörth kam die Tochter eines Puerto-Ricaners und einer Deutschen 2004 wieder nach Augsburg und zog dann mit dem Gefängnis nach Gablingen um. In unserer Video-Serie „Im Knast – Hinter den Mauern der JVA Gablingen“ schwärmte die Gefängnischefin im Oktober 2023 geradezu von „ihrem Baby“: „Ich freu mich jedes Mal, wenn ich an meiner Mauer vorbeifahre. Und ich denk‘ mir dann immer: Schön, habe ich schön gebaut. Ich bin stolz drauf.“

    Es geht um Vorwürfe von Folter und Misshandlungen im Skandalgefängnis Gablingen

    Doch seit gut einem Monat macht die JVA Gablingen als Skandalgefängnis negative Schlagzeilen. Im Mittelpunkt steht der Verdacht, dass Häftlinge dort teils rechtwidrig, willkürlich und über viel zu lange Zeiträume in Spezialzellen im Keller des Gefängnisses gesperrt wurden. Dabei sind diese sogenannten „besonders gesicherten Hafträume“ (BgH) ausschließlich für Gefangene vorgesehen, die vorübergehend für sich oder andere eine Gefahr darstellen. In der JVA Gablingen sollen die „Bunker“ häufig als Strafmaßnahme gegen angeblich aufmüpfige Häftlinge missbraucht worden sein. Federführend bei dieser Entwicklung soll die stellvertretende JVA-Leiterin gewesen sein, was ihre Anwälte aber scharf zurückweisen.

    Justizskandal: Bayerns Justizminister Eisenreich steht unter Druck

    Unserer Redaktion liegen mittlerweile Berichte von gut zwei Dutzend Personen vor, die in sehr ähnlicher Weise schlimme Zustände schildern, darunter sind Aussagen von früheren und aktuellen Insassen, früheren und aktuellen Mitarbeitern der JVA, einer früheren Anstaltsärztin, einem ehemaligen Gefängnispfarrer und Rechtsanwälten. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) steht unter Druck. Er hat mehrfach betont, über den Fall der JVA Gablingen nicht informiert gewesen zu sein. Zuletzt berichtete er allerdings im Rechtsausschuss des Landtags, dass sein Ministerium nach der Mail der früheren Anstaltsärztin Katharina Baur vom Sommer 2023 mit ausführlichen Schilderungen rechtswidriger Zustände sehr wohl bis in die Spitze informiert war. So wussten der Leiter der Abteilung Strafvollzug und der Amtschef des Ministeriums Bescheid. Der Fall wurde der Augsburger Staatsanwaltschaft übergeben, doch gut ein Jahr lange geschah im Ministerium und in der Ermittlungsbehörde nicht viel.

    Im Skandalgefängnis Augsburg-Gablingen sollen Gefangene misshandelt worden sein. Nun wird auch gegen die freigestellte Leiterin ermittelt.
    Im Skandalgefängnis Augsburg-Gablingen sollen Gefangene misshandelt worden sein. Nun wird auch gegen die freigestellte Leiterin ermittelt. Foto: Marcus Merk

    Jetzt jedoch wird mit Hochdruck in dem Skandal ermittelt. Die Ermittlungsgruppe „JVA Gablingen“ arbeitet inzwischen mit fünf Staatsanwältinnen und Staatsanwälten am Fall Gablingen. Aufzuklären ist auch, wie es überhaupt zu der Kultur von Angst, Bedrohung und Gewalt kommen konnte. Im Mittelpunkt steht die Rolle der suspendierten stellvertretenden Gefängnischefin. Sie soll die meisten Unterbringungen in die besonders gesicherten Zellen angeordnet haben und seit ihrem Dienstantritt in der JVA Gablingen Anfang 2023 mehr und mehr das Ruder an sich genommen haben.

    Hat die Chefin das System von Gewalt und Bedrohung mitgetragen?

    Doch was für eine Rolle spielte dabei ihre Chefin Zoraida Maldonado de Landauer? Hat sie das System der Gewalt mitgetragen? Oder hat sie davon wenig mitbekommen? Was zunächst undenkbar scheint, könnte seinen Grund darin haben, dass die 62-Jährige, die mit einem Mann verheiratet ist, der selbst mehrere Gefängnisse in Schwaben geleitet hat, offenbar seit Jahren viel zu viel aus dem Homeoffice gearbeitet hat. Das Justizministerium hat bestätigt, dass dies ohne seine Genehmigung geschah. Es stellte die Leitende Regierungsdirektorin frei, ein Disziplinarverfahren bei der Generalstaatsanwaltschaft München läuft.

    Für Maldonado de Landauer ist dieses Ende einer erfolgreichen Berufslaufbahn tragisch. Schließlich hatte sie sich mit ihrem häufig kritisierten selbst so genannten „konsequenten Führungsstil“ als Frau in Männergefängnissen durchgesetzt. Aber da gab es auch Schattenseiten. Ein Verfahren wegen Freiheitsberaubung gegen sie wurde im Jahr 2015 gegen eine Geldauflage eingestellt. Die Gefängnischefin hatte sich einer richterlichen Anordnung widersetzt, einem Gefangenen im Koma im Krankenhaus die Eisenfessel abnehmen zu lassen. Auch Jahre später hielt sie das für richtig. In unserer Video-Serie sagte sie dazu: „Ich hätte nicht klein beigeben sollen, sondern ich hätte das durchkämpfen sollen, weil was ich da angeblich falsch gemacht habe, war nur zum Schutz der Bevölkerung“ und „Wir ordnen eine Fesselung an, nicht der Richter.“

    Als sie 2001 die JVA Niederschönenfeld übernahm, war sie erst die zweite Frau, die in Bayern ein Gefängnis leitete. Ihr Nachfolger wurde ihr Mann Peter Landauer, der später auch die JVA Kaisheim leitete. Und hier schließt sich der Kreis. Denn dort arbeitete unter ihm bis Ende 2022 die heute 37-jährige Juristin, die dann Stellvertreterin von Frau Maldonado de Landauer in Gablingen wurde.

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