Wenn man eine Razzia im Knast plant, sollte man sich auch als Staatsanwalt etwas einfallen lassen, sonst kann es leicht passieren, dass man mit seinem Durchsuchungsbeschluss eine halbe Stunde vor der Gefängnispforte steht und das Gefühl bekommt, drinnen verschwindet gerade Beweismaterial. Die Augsburger Staatsanwaltschaft hat sich für ihre Razzia in der JVA Augsburg-Gablingen offenbar etwas einfallen lassen. Nach Informationen unserer Redaktion wurde am vergangenen Donnerstag offiziell eine Dienstbesprechung für die beschuldigten JVA-Bediensteten angesetzt. Der Plan ging auf. Die Ermittler erhielten ohne Verzögerung Zutritt zu dem Gefängnis. Drinnen präsentierten sie den verdutzten Beschuldigten dann den Durchsuchungsbeschluss und eröffneten ihnen, dass ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt gegen sie läuft. Und ihre Handys wurden auch gleich beschlagnahmt. Das berichten mehrere Quellen unserer Redaktion. Die Durchsuchungsaktion in der JVA Gablingen läutete einen der womöglich größten Gefängnisskandale der vergangenen Jahrzehnte in Bayern ein. Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft richtet sich gegen fast ein Dutzend Bedienstete des Gefängnisses. Darunter ist auch die stellvertretende Leiterin der JVA, eine 37 Jahre alte Juristin. Die Vorwürfe sind gravierend. Gefangene sollen über einen langen Zeitraum hinweg misshandelt worden sein. Das betrifft vor allem die Unterbringung in den sogenannten besonders gesicherten Hafträumen (BgH) im Keller der JVA, wo Häftlinge teils über Tage oder sogar Wochen nackt, ohne Matratze und teils ohne genügend Essen eingesperrt gewesen sein sollen. Die ehemalige Anstaltsärztin Katharina Baur erhebt schwere Vorwürfe und spricht von „Folter“. Und sie ist nicht die Einzige, die jetzt das jahrelange Schweigen bricht.
Justizskandal
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