Bis an die Straße staut sich die Schlange der Wartenden vor der Geschäftsstelle des Bayerischen Roten Kreuzes in Memmingen. Etwa 1.100 Menschen folgen am Samstag dem Aufruf, sich bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) registrieren zu lassen. Alle haben die Hoffnung, möglicherweise als Stammzellspender für die an Leukämie erkrankte Clarissa Heinlein aus Memmingen in Frage zu kommen.
„Je mehr Leute sich registrieren lassen, desto besser. Denn wir müssen einen genetischen Zwilling von Clarissa finden“, sagt Caroline Engelhardt. Sie ist eine Kollegin von Clarissa in der Notfallklinik Memmingen und hat die Aktion mitorganisiert.

Denn: „Es gibt nichts Einfacheres, als mit Stammzellen Leben zu retten.“ Meist genüge das Blut des Spenders, aus dem die Stammzellen herausgefiltert werden. Seltener müsse zwar der Beckenkamm punktiert werden – doch das sei harmlos im Gegensatz zu dem, was an Blutkrebs erkrankte Menschen mitmachen müssten. „Clarissa hat diese Knochenmarkpunktion jetzt schon dreimal hinter sich gebracht“, sagt sie.
Auf dem Innenhof musiziert das Show-Ensemble „Joy of Voice“ aus Aitrach. „Wir singen heute fröhliche Lieder. Denn wir wollen allen Menschen hier Mut und Kraft geben“, sagt Sängerin Simone Kuisle. „Wenn wir traurige Lieder singen würden, würde ja jeder nur weinen.“ Immer wieder laufen Helferinnen mit Brezeln und Kuchen vorbei. Alles ist kostenlos, nur um Spenden wird gebeten.
Jede einzelne Spende kann die Nadel im Heuhaufen sein.Brigitte Heinlein
Innen sitzen über 70 freiwillige Helfer und führen die Typisierungen durch. Kaum ist eine Registrierung abgeschlossen, nimmt schon der Nächste aus der Schlange den freien Platz ein. „Mit so einem Ansturm habe ich nicht gerechnet“, sagt Helferin Veronika Schlichting glücklich. Wie schnell jeder zum Lebensretter werden kann, zeigt Clarissas Cousin Felix: Er hat sich erst vor fünf Wochen typisieren lassen. Prompt kam vor einigen Tagen ein Anruf, dass er möglicherweise als Stammzellspender für einen anderen Erkrankten in Frage kommt. „Jede einzelne Spende kann die Nadel im Heuhaufen sein“, sagt Clarissas Mutter Brigitte.
„Deswegen ist das hier auch nicht nur für Clarissa wichtig. Ich bin mir sicher, dass aus dieser Aktion einige Spender für andere Erkrankte hervorgehen werden.“ Manchmal ringt sie mit den Tränen. „Ich bin überwältigt, richtig sprachlos“, sagt sie. „Ich konnte mir nicht vorstellen, dass so viele Leute daran teilnehmen würden. Die Unterstützung ist einfach riesig groß.“ Viele Geld- und Sachspenden seien eingegangen, erzählt sie. Allein in Memmingen kommen fast 7,000 Euro an Spenden zusammen.
Sandra Kostbahn aus Kirchberg lässt sich heute in die Spenderdatei aufnehmen. „Ich denke schon seit Jahren darüber nach, das mal zu machen“, sagt sie. Von einer Nachbarin habe sie dann per Textnachricht von der Aktion hier erfahren. „Da hab ich mir gedacht, ich mach es jetzt. Denn es ist so eine wichtige Sache.“
Ich bin überwältigt, richtig sprachlos. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass so viele Leute daran teilnehmen würden.Bigitte Heinlein
Auch der TV Grönenbach hilft mit beim Kampf gegen Blutkrebs. Mit einem Benefizspiel machen sie auf die lebensrettenden Stammzellenspenden aufmerksam. „Die Resonanz ist brutal“, freut sich Vorstand Manfred Müller. Er sei stolz darauf, was so ein kleiner Verein ausgelöst habe. „Wir mussten sogar noch Registrierungsanträge nachordern.“ Einige hundert Menschen lassen sich am Samstag dort typisieren. „Jetzt hoffen wir, dass auch ein Spender für Clarissa dabei ist.“