Es tschilpt und tschirpt in Nistkästen, Hecken und Gebüschen. Die ersten Küken sind schon unterwegs und bald werden sich viele weitere Jungvögel aus den schützenden Nestern wagen. So erreichen den Landesbund für Vogelschutz (LBV) nach eigenen Angaben derzeit zahlreiche Anfragen von ratsuchenden Tierfreunden, die vermeintlich in Not geratenen oder verlassenen jungen Vögeln helfen wollen. Der LBV rät hier erst mal: Finger weg! „Die Vogeljungen sind unerfahren und im Fliegen noch etwas ungeübt. Deshalb wirken sie oft hilflos. Sie aufzunehmen, ist aber falsch verstandene Tierliebe“, sagt LBV-Artenschutzreferentin Dr. Miriam Hansbauer. Der LBV bittet, die halbflüggen, so genannten Ästlinge, einfach sitzen zu lassen.
Katzenbesitzer bittet Peter Griegel von der LBV Kreisgruppe Ostallgäu/Kaufbeuren, ihre Stubentiger von Ende März bis Anfang August vermehrt im Haus zu halten. Wenn sie im Freien sind, sollten sie ein Halsband mit Glöckchen tragen, damit Vögel die vierbeinigen Räuber kommen hören. Gerade die halbflüggen Jungvogel sind sonst eine leichte Beute.
Uneinsichtige Hundebesitzer
Er habe diese Bitte schon oft geäußert, sagt Griegel. Sie werde aber von Katzenbesitzern immer wieder missachtet, ebenso wie der Wunsch an Hundehalter, ihre Tiere an der Leine zu führen. Als Beispiel nennt er den Schwansee. „Dort wurden in Absprache mit dem Landratsamt Schilder aufgestellt: Hunde an der Leine führen. Was ich mir dort als Ausreden, warum diese Bitte nicht eingehalten wird, anhören muss, möchte ich gar hier nicht näher erläutern“, sagt Griegel. „Dass die freilaufenden Hunde den wenigen noch vorhandenen Bodenbrütern den Rest geben, scheint niemand zu interessieren.“
Ganz wichtig ist für den Füssener die Empfehlung des LBV, anscheinend hilflose Jungvögel nicht sofort zu retten. „Zu 99 Prozent übernimmt das der Altvogel“, sagt er. Wenn noch nicht ganz flugfähige Jungvögel auf Wiesen oder Wegen sitzen, scheinbar verlassen wirken und herzzerreißend rufen, schreien sie nicht um Hilfe, sondern betteln um Futter und halten so den Kontakt zu ihren Eltern. Die Kleinen sitzen laut LBV in der Regel in der Nähe des verlassenen Nestes und werden weiter von den Vogeleltern versorgt. „Bitte diese Jungvögel unbedingt an Ort und Stelle lassen. Greift der Mensch in dieser sensiblen Phase ein, unterbricht er die Bindung zwischen Alt- und Jungvogel“, erklärt Hansbauer. Verloren gegangene Jungvögel werden bis zu 24 Stunden lang von ihren Eltern gesucht. Hilfe benötigen sie deshalb nur, wenn sie nach zwei bis drei Stunden immer noch nicht von einem Altvogel gefüttert wurden.
Wenn Gefahr durch Katzen droht
Droht den flauschigen Federbällen allerdings Gefahr durch Katzen oder Straßenverkehr, können sie kurz aufgenommen und in Hörweite am Fundort umgesetzt werden, am besten in eine Astgabel oder einen Busch. „Anders als zum Beispiel bei Rehkitzen nehmen Vogeleltern ihre Jungen wieder an, wenn diese von einem Menschen berührt wurden“, sagt Hansbauer.
Der LBV stellt klar: Jungvögel sind Wildtiere, ihnen darf nur im echten Notfall geholfen werden. Ansonsten liegt ein Verstoß gegen das Naturschutzgesetz vor. „Ein naturnaher Garten mit abwechslungsreichen, einheimischen Pflanzen, wo Vögel Beeren, Würmer und Insekten finden und sich überall gut verstecken können, ist immer noch die beste Vogelhilfe“, sagt Hansbauer.
Sind die jungen Vögel alle ausgeflogen, sind ihre Eltern noch lange nicht fertig. Nach einer kurzen Verschnaufpause starten viele Vogelarten mit einer zweiten und anschließenden dritten Brut. „Die Brutsaison beschränkt sich nicht nur auf den Frühling, wie viele Leute glauben. Viele Gartenvögel, wie die Kohl- und Blaumeise, brüten bis zu dreimal in einem Jahr und das dauert bis in den August hinein“, berichtet Hansbauer. Wer einen Nistkasten besitzt, muss diesen nach der ersten Brut nicht säubern. Nur wenn mit absoluter Sicherheit über etwa fünf Tage hinweg kein Vogel ein- und ausfliegt, kann man die Nisthilfe reinigen.