1972 war es einer der meistfrequentierten Bahnhöfe Münchens: die Station Olympiastadion (Oberwiesenfeld). Eilig für die damaligen Olympischen Sommerspiele gebaut, konnten Besucher der Wettbewerbe über den oberirdischen Bahnhof, der zwischen dem Mittleren Ring und der Moosacher Straße liegt, das Olympia-Gelände erreichen. Die S-Bahn-Station entlastete damals die gleichnamige U-Bahn-Haltestelle. Als die Spiele vorbei waren, brauchte man sie aber nicht mehr. 1988 wurde sie stillgelegt, 2011 an die Stadt verkauft. Diese hat den Bahnhalt inzwischen zur Grünfläche umgewidmet: Ein Birkenwäldchen hat sich auf dem Bahnsteig breit gemacht, Büsche sprießen aus dem Beton, Graffiti an den Wänden.
Nun steht für den Stadtrat die Frage im Raum, ob er für eine erneute Olympia-Austragung in München reaktiviert werden könnte. Sollte die Landeshauptstadt tatsächlich den Zuschlag für die Sommerspiele 2036, 2040 oder 2044 bekommen, will sie kräftig in das Verkehrsnetz investieren. In der Stadtratssitzung an diesem Mittwoch soll die Bewerbung und damit auch das Verkehrskonzept beschlossen werden.
Wie soll der Nahverkehr in München ausgebaut werden?
Zentral im Verkehrsplan für die Olympia-Bewerbung ist die U-Bahn. Das schließt zum einen den schon länger geplanten Neubau der Linie U9 ein, die die Stadtteile Schwabing und Sendling verbinden soll. Fünf neue U-Bahnhöfe müssten dafür gebaut werden. Des Weiteren sieht das Konzept eine Verlängerung der Linie U4 vom Arabellapark bis nach Daglfing vor, wo das olympische Dorf entstehen könnte. Eine Machbarkeitsstudie schätzt die Kosten dafür auf rund 1,2 Milliarden Euro. Wird die U4 hingegen noch weiter bis zum Messegelände erweitert, wird es noch teurer.
Was die S-Bahn angeht, könnte dank Olympia endlich der schon lange geplante Ringschluss im Norden gelingen, der zunächst den Westen und danach den Osten verbinden soll. Zwischen Daglfing und Johanneskirchen soll es dann vier Gleise geben, das käme auch der Flughafenanbindung zugute. Im Konzept-Papier ist sogar die Rede von „Express-S-Bahnen“ auf der Strecke. Ob der alte, verwilderte S-Bahnhof „Olympiastadion“ tatsächlich wieder reaktiviert werden könnte, wäre laut dem Papier eine „Möglichkeit“, die es zu klären gilt.
Kommt eine bessere Anbindung an den Flughafen?
Vom Hauptbahnhof braucht man mit der S-Bahn zum Flughafen aktuell 42 Minuten – im besten Fall. Mit Verspätungen und Ausfällen kann es gerne auch mal eine Stunde dauern. Bewirbt sich München erfolgreich, sollen künftig ICEs den Airport anfahren. „Hierzu ist die Errichtung einer neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen München und Ingolstadt vorgesehen, die über einen neu zu errichtenden Fernbahnhof am Flughafen führen soll“, heißt es in der entsprechenden Beschlussvorlage. Diese Strecke würde über den Flughafen führen. Vom Hauptbahnhof führe man dann nur noch 15 Minuten bis zum Airport.
Ob der Bau eines neuen Bahnhofs am Flughafen bis zu den Spielen 2036, 2040 oder 2044 realistisch ist, ist mit Hinblick auf Großprojekte wie Stuttgart 21 oder die zweite S-Bahn-Stammstrecke in München allerdings fraglich. Eine Sprecherin der Bahn verweist darauf, dass es sich bei dem Projekt bisher nur „um erste Vorüberlegungen beziehungsweise Ideenskizzen“ handele und die finale Entscheidung beim Bund liege.
Ist auch ein Ausbau der Bahnstrecken nach Augsburg und Landsberg geplant?
Zwischen Augsburg und München verlaufen bereits seit 2011 vier Gleise, darunter auch solche für Hochgeschwindigkeitszüge. Dass bis zu den möglichen Olympischen Spielen 2036 auf sechs Gleise aufgestockt wird, gilt als unwahrscheinlich. Nach Landsberg führen von München aus hingegen nur zwei Gleise, die Strecke ist zuweilen überlastet. Im bayerischen Verkehrsministerium schließt man eine Erweiterung zumindest nicht aus. Ob und welche Strecken gegebenenfalls ausgebaut werden „lässt sich frühestens sagen, wenn es eine Entscheidung über die Vergabe der Spiele und das dazugehörige Austragungsjahr gibt“, so ein Sprecher des Ministeriums auf Anfrage unserer Redaktion
Mit dem Fahrrad zu den Olympischen Spielen?
Von „nachhaltigen Spielen“ sprach schon vergangene Woche Ministerpräsident Markus Söder. Oberbürgermeister Dieter Reiter stellte sogar die nachhaltigsten Olympischen Spiele bisher überhaupt in Aussicht. Eine wesentliche Rolle im Verkehrskonzept nimmt deswegen das Fahrrad ein. Mehrere „Radschnellverbindungen“, auch Radautobahnen genannt, befinden sich in der Vorplanung: Eine Strecke nach Dachau würde die Innenstadt direkt mit dem Olympiapark verbinden, eine weitere nach Markt Schwaben verliefe in der Nähe des geplanten olympischen Dorfes in Daglfing.
Stimmt der Stadtrat für das Konzept, liegt die Entscheidung dann bei den Münchnerinnen und Münchnern. In einem Bürgerentscheid am 26. Oktober können dann alle über die Frage abstimmen: „Sind Sie dafür, dass sich die Landeshauptstadt München um Olympische und Paralympische Sommerspiele bewirbt, die entweder im Jahr 2036, 2040 oder 2044 stattfinden?“
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