Früher waren Handys überschaubar. Telefonieren und SMS schreiben – mehr war nicht möglich. Die neuen Smartphones sind kleine Wunderwerke: Sie führen ins Internet, machen Fotos und Filme, sind Spielzeuge und verwalten den Alltag. Für junge Menschen ist das kein Problem, aber Ältere überfordert die Technik auch mal. Trotzdem wollen immer mehr ältere Menschen ständig online und erreichbar sein. Der 75-jährige Kaufbeurer Walter Mestroni ist einer von ihnen. Hat er mit seinem Gerät Probleme, fragt er seinen 20-jährigen Enkel Alessio Lauppe. Für allgaeu.life haben sie ihre Handys beiseite gelegt und miteinander über die neue Technik gesprochen.
Warum haben Sie ein Smartphone?
Walter Mestroni: Ich habe es wegen der Kommunikation im Notfall. Außerdem ist es einfacher, wenn die Enkel irgendetwas von mir wollen.
Alessio Lauppe: Ich möchte überall informiert sein und finde, im Uni- oder Arbeitsalltag ist es notwendig, ein Smartphone zu besitzen. Außerdem bietet heute kaum ein Geschäft noch normale Handys an.
Was meinen Sie damit, dass es bei der Arbeit notwendig ist?
Lauppe: Es ist eine Erleichterung. Ich musste mal mit einem Kollegen einen Türvorleger fürs Büro besorgen. Wir waren im Baumarkt, haben einen gekauft, aber es war nicht der Richtige. Danach haben wir uns angewöhnt, der Chefin Bilder zu schicken oder per Handy nachzufragen, wie der Gegenstand ausschauen soll. So können wir uns den Weg sparen.
Woher haben Sie Ihr Mobiltelefon, Herr Mestroni?
Lauppe: Wir haben Opa Mamas Altes untergejubelt.
Mestroni: Genau, so bin ich generell immer zu Handys gekommen. Die Familie hat mir ihre alten Geräte gegeben.
Hätte ich eure Hilfe nicht gehabt, hätte ich das Ding auch schon gegen die Wand geworfen.Walter Mestroni
Sie haben also kein Senioren-Smartphone mit großen Tasten und einfachen Funktionen?
Mestroni: Richtig.
Wäre das etwas für Sie?
Mestroni: Wenn die Finger mal mit Gicht belegt sind, würde ich mir das überlegen. Für ältere Leute ist das eine tolle Sache. Aber mir fehlen da noch ein paar Jahre, bis ich mir so eins kaufe.
Wer hat Ihnen die Technik erklärt?
Mestroni: Meine Enkel. Die kann ich auch mal anrufen und sagen: Kommt mal vorbei, da hat sich was verstellt.
Lauppe: Er fragt uns immer um Hilfe, wenn etwas nicht funktioniert.
Wie lange hat es gedauert, bis Ihr Enkel Ihnen alles beigebracht hat?
Mestroni: Bis ich wusste, wie ich anrufen kann, ging schnell. So doof bin ich nicht.
Lauppe: Ja, das hat nicht lange gedauert und ging reibungslos. Das letzte Mal, dass du mich um Hilfe gebeten hast, ist schon länger her.
Mestroni: Aber hätte ich eure Hilfe nicht gehabt, hätte ich das Ding auch schon gegen die Wand geworfen.
Hatten Sie vorher schon ein normales Handy?
Mestroni: Ja, das hat uns früher die Firma aufgedrückt. Keiner wollte das wirklich. Ich hab’ damals schon gemerkt, dass ich unter einer gewissen Kontrolle stehe. Wenn der Chef mich ärgern wollte, hat er mich auch abends mal angerufen.
Wozu benutzen Sie beide Ihr Smartphone?
Mestroni: Um Anrufe anzunehmen. Manchmal rufe ich auch selbst jemanden an, aber das ist selten.
Lauppe: Ich benutze es für alles. Im Prinzip bin ich die Hälfte des Tages am Handy. Ich chatte mit meinen Freunden, nutze die sozialen Netzwerke Facebook, Instagram und Snapchat. Also größtenteils zum Surfen im Internet und eher wenig zum Telefonieren.
Junge Menschen gehen ja gerne mit dem Trend. Muss es für Sie immer das neueste Modell sein?
Lauppe: Wenn ich ein Smartphone brauche, dann sollte es möglichst auf dem neusten Stand sein. Da bin ich auch nicht geizig. Aber ich kaufe nur eins, wenn mein altes Handy nicht mehr funktioniert.
Hat sich bei Ihnen die Kommunikation verändert?
Mestroni: Man wird öfters angerufen und manchmal frage ich mich: Warum ausgerechnet jetzt? Das hätte man auch später klären können. Alessio und ich telefonieren häufiger, aber meistens, um etwas auszumachen.
Das Leben ist darauf zugeschnitten. Gerade auf jüngere Leute haben Smartphones einen großen Einfluss, finde ich.Alessio Lauppe
Lauppe: Früher habe ich oft telefoniert, wenn ich mich verabreden wollte. Heute schreiben wir uns dafür im Chatprogramm WhatsApp. Außerdem habe ich mit meinen Freunden mehr Kontakt, weil ich immer erreichbar bin. Wenn beim Joggen mein Handy klingelt, ist die erste Reaktion: Anhalten und schauen, wer mir schreibt. Es könnte ja wichtig sein.
Hat das Mobiltelefon Einfluss auf Ihr Leben?
Lauppe: Ja, weil ohne heute nichts mehr funktionieren würde. Das Leben ist darauf zugeschnitten. Gerade auf jüngere Leute haben Smartphones einen großen Einfluss, finde ich.
Mestroni: Und der wird noch größer. Es entsteht eine Technikabhängigkeit. Wenn man den Leuten das Handy abnehmen würde, ginge nichts mehr. Ich warte schon darauf, dass ich in einen Kinderwagen reinschaue und das Baby mit einem Smartphone spielt. Als meine Töchter klein waren, gab es das noch nicht und sie sind trotzdem groß geworden.
Sie klingen kritisch. Fallen Ihnen noch mehr Nachteile ein?
Lauppe: Die Einschränkung in der Kommunikation. Das persönliche Gespräch hat so viele Ebenen, durch Emotionen oder Blicke. Die habe ich beim Chatten nicht, deshalb versteht man sich ohne Smileys gar nicht mehr.
Mestroni: Die Kommunikation geht in eine ganz andere Richtung. Das merke ich immer beim Dämmerschoppen. Die Jungen und Mädchen nehmen als erstes die Smartphones aus der Hosentasche und legen sie auf den Tisch. Dann bimmeln die dauernd und alle schauen drauf, teilweise mitten im Gespräch, obwohl es nichts Wichtiges ist. Das ist schade. Außerdem wird immer weniger geredet. Und ich bin einer, der gerne redet.
War das früher besser?
Mestroni: Nein, anders. Wir waren nicht kommunikationsloser, es war nur schwieriger. Aber meine Frau habe ich auch ohne Handy kennen gelernt.
Sind Sie heute froh, dass Sie ein Smartphone haben?
Mestroni: Klar, es gehört dazu. Mal Fotos machen, mal anrufen, das ist eine feine Sache. Nur ich beherrsche es einfach nicht und habe auch gar nicht so richtig Lust, es zu lernen. In der Zeit könnte ich etwas Schöneres machen. Zum Beispiel das Sudoku in der Allgäuer Zeitung.