Die norddeutschen Flächenländer fordern eine Aufteilung Deutschlands in unterschiedliche Strompreiszonen - zu Lasten Süddeutschlands. Nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" wollen die norddeutschen Länder günstigere Strompreise für ihre Bürger und Unternehmen durchsetzen. Die Staatsregierung reagierte empört und stellte eine Gegenrechnung mit dem Länderfinanzausgleich an. Staatskanzleichef Florian Herrmann nannte die norddeutschen Forderungen "schlicht unverschämt".
Niedersachsens Energieminister Olaf Lies (SPD) sagte der Zeitung: "Wenn ich da lebe oder produziere, wo auch die Energie produziert oder angelandet wird, muss diese Energie dort auch günstiger sein." Der Norden trage seit Jahren die Hauptlast der Energiewende.
CSU hat den Ausbau der Windkraft faktisch zum Erliegen gebracht
Laut "Welt am Sonntag" kritisierte Mecklenburg-Vorpommerns Energieminister Reinhard Meyer (SPD): "Die Höhe der Stromnetzentgelte belastet die Letztverbraucher und benachteiligt den norddeutschen Wirtschaftsstandort." Es könne nicht sein, dass Länder, die einen hohen Anteil am Ausbau der erneuerbaren Energien schultern, die höchsten Strompreise verkraften müssten.
Anlass der norddeutschen Kritik ist, dass die CSU den Ausbau der Windkraft in Bayern wegen des Widerstands in Teilen der Bevölkerung faktisch zum Erliegen gebracht hatte, einen Kurswechsel gab es erst in diesem Jahr. Aiwanger wiederum hatte ehedem in der Opposition jahrelang Widerstand gegen die geplanten großen Stromtrassen von Nord- nach Süddeutschland geleistet.
Momentan gibt es nur eine Strompreiszone für ganz Deutschland, obwohl Produktions- und Verteilkosten regional unterschiedlich sind. Bis 2018 gab es eine gemeinsame deutsch-österreichische Strompreiszone. Nach der Aufspaltung in zwei getrennte Zonen war der Strom in Österreich teurer als in Deutschland. Im Süden wird befürchtet, dass der gleiche Effekt wieder eintreten könnte, wenn es eine eigene süddeutsche Strompreiszone gäbe.
Bayern: Wirtschaftsminister und Staatskanzleichef protestieren
"Die Vorwürfe aus dem Norden und von den Grünen sind nicht nur inhaltlich falsch, sondern schlicht unverschämt", warf Staatskanzleichef Herrmann den Norddeutschen vor. Bayern liege beim erzeugten Strom aus erneuerbaren Energien bundesweit auf Platz zwei. "Gleichzeitig zahlt der Freistaat allein in diesem Jahr neun Milliarden Euro in den Länderfinanzausgleich, und finanziert die norddeutschen Haushalte somit zu einem erheblichen Anteil mit dem Geld bayerischer Bürgerinnen und Bürger." Wenn der Länderfinanzausgleich abgeschafft werde, sei "Bayern gerne bereit, auch über Energiepreise zu reden".
Zuvor hatte schon Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) protestiert. "Wir brauchen jetzt einen Preisdeckel für Strom und Gas und die Übernahme der darüber hinaus gehenden Kosten aus dem Bundeshaushalt", sagte Aiwanger. "Was wir nicht brauchen, ist eine Debatte im Klein-Klein über Netzentgelte und Strompreiszonen."
Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Tobias Goldschmidt (Grüne) hingegen nannte eine Aufteilung in Preiszonen "die logische Konsequenz des energiepolitischen Irrweges" bayerischer Landesregierungen. Mehr als 15 Jahre lang hätten diese den Ausbau von Stromnetzen und Windkraft sabotiert, saget Goldschmidt der "Welt am Sonntag". Es sei "den Menschen im Norden schlicht nicht mehr zu vermitteln, warum sie die Zeche dafür zahlen müssen".
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