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So haben Urlauber und der Hotelier den Lawinenabgang erlebt

Schock in Balderschwang

So haben Urlauber und der Hotelier den Lawinenabgang erlebt

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    Eine Lawine ging am frühen Montagmorgen auf das Hotel Hubertus in Balderschwang nieder. Unser Fotograf Ralf Lienert konnte am Nachmittag in das zerstörte Gebäude und zeigt Dir das Ausmaß der Lawine in unserer Bildergalerie im Artikel.
    Eine Lawine ging am frühen Montagmorgen auf das Hotel Hubertus in Balderschwang nieder. Unser Fotograf Ralf Lienert konnte am Nachmittag in das zerstörte Gebäude und zeigt Dir das Ausmaß der Lawine in unserer Bildergalerie im Artikel. Foto: Ralf Lienert

    "Es gab einen lauten Knall und dann war Schnee im Zimmer." Sonja Ebneter hat die Lawine hautnah miterlebt, die am frühen Montagmorgen das Hotel Hubertus in Balderschwang (Oberallgäu) getroffen hat. Die Urlauberin wurde in dem Moment aus dem Schlaf gerissen, als Schnee ihre Balkontür aufdrückte. Da blieb nur eines: sofort raus aus den Federn, raus aus dem Zimmer.

    Einige Stunden später steht sie mit ihren Begleiterinnen am Fuß des Riedbergpasses. Auf einem Parkplatz ziehen sie die Schneeketten vom Auto ab. „Wir sind sehr glücklich, hier unten zu sein“, sagt Gertrud Gantenbein. Froh, dass ihnen nichts passiert ist.

    Über 100 Urlauber waren in dem inzwischen geschlossenen Hotel einquartiert. Kurz nach 5 Uhr morgens hatte es ein etwa 200 Meter breites Schneebrett getroffen, das unter anderem den Wellnessbereich zerstörte. Schnee drang auch in zwei Gästezimmer ein. Zum Glück gab es keine Verletzten. Ein Mensch erlitt einen Schwächeanfall. Der Sachschaden ist gewaltig, hierzu gibt es aber noch keine Zahlen.

    Nur in gesicherten Konvois mit Räumfahrzeug vorneweg ging es über den offiziell gesperrten Riedbergpass.
    Nur in gesicherten Konvois mit Räumfahrzeug vorneweg ging es über den offiziell gesperrten Riedbergpass. Foto: Ralf Lienert

    Nachdem die Lawine abgegangen war, wurden die Gäste in den sicheren Bereich der Hotellobby gebracht. Man habe sie namentlich erfasst, also geprüft, dass keiner fehlt, sagt Seniorchef Karl Traubel, der die Lawine wie ein Pfeifen oder Zischen wahrgenommen hatte. Dann wurden die Gäste mit Frühstück versorgt. Derweil rückten Rettungskräfte an, darunter Bergwachtler mit Hunden. Sie suchten den Außenbereich des Hotels nach womöglich Verschütteten ab.

    „Ein Knall, ein Zischen und eine kleine Druckwelle“

    So beschreiben Elke Mayer und Johannes Lohmeier den Lawinenabgang. Sie zählten am Montag zum ersten Konvoi, der unter Geleitschutz von Räumdienst und Feuerwehr den 1.044 Meter hoch gelegenen Urlaubsort über den gesperrten Riedbergpass verlassen durfte. Die Möglichkeit gab es nur für Urlauber, die Schneeketten für ihr Auto hatten. Die Lawine sei bis in den Pool und den Wellnessbereich gelangt, erzählt Lohmeier. Der Wellness-Trakt sei zu diesem Zeitpunkt aber bereits gesperrt gewesen.

    Eben das hatte die Lawinenkommission unter Obmann Walter Kienle am Sonntag veranlasst, weil ihnen die Situation an dem Hang Sorge machte – also fast 20 Stunden vor dem Lawinenabgang. Die Kommission wird die Lage laut Kienle weiter beobachten und zeitnah entschärfen – also gegebenenfalls gezielte Sprengungen einleiten. Dazu wurden vorsorglich weitere Gebäude evakuiert. Kienle: „Die Lage wird sich ab Dienstag entspannen.“

    Im Sommer kämpft Hotelier Karl Traubel für weniger Motorradlärm auf dem Riedbergpass und in Balderschwang - hier geht's zu unserem Video!

    Nach dem Lawinenabgang hatte ein Statiker die Sicherheit des Hotels beurteilt. Den beschädigten hinteren Teil dürfen laut Kreisbrandinspektor Joachim Freudig nur noch Einsatzkräfte betreten. Den ganzen Tag über schaufelten Helfer die Hoteldächer ab, auf denen pro Quadratmeter 500 bis 600 Kilo lasten. Freudig: „Der Riedbergpass bleibt noch bis Dienstagmittag ausschließlich Einsatzkräften und gesicherten Fahrten in Konvois vorbehalten.“ Am Montag war die Passstraße zeitweise nur einspurig befahrbar. Probleme machte neben dem starken Schneefall die Gefahr von Schneebruch.

    Balderschwang im Allgäu - Winter - Lawine ging auf das Hotel Hubertus nieder - nur Sachschaden - Helfer schaufeln Schnee von den Dächern
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    Auslöser für die Lawine war vermutlich ein Baum etwa 200 Meter oberhalb des Hotels, der unter der Schneelast umstürzte und dann den Schnee ins Rutschen brachte, vermutet Otto Möslang von der Bergwacht-Landesleitung.

    Erinnerungen an 1954 - Betroffenheit in der Gemeinde

    Der Vorfall weckt Erinnerungen an eine große Lawine, die im Januar 1954 nahe des jetzigen Bereichs abgegangen war. Dort wurde daraufhin Wald aufgeforstet. Man müsse dem Schutzwald mehr Bedeutung einräumen und auch in Balderschwang weiter vorantreiben, forderte der Oberallgäuer Landrat Anton Klotz. Weil das Aufwachsen neuer Bäume zu lange dauert, sei ein technischer Lawinenschutz nötig. „Wir als Freistaat stehen zur Verfügung und bringen uns ein“, sagte Bayerns Bauminister Hans Reichhart, der gestern ebenfalls in Balderschwang war.

    Ortspfarrer Dr. Richard Kocher erlebte in seiner Gemeinde Betroffenheit, aber auch „unvorstellbare Dankbarkeit, dass niemand zu Tode kam“. Vor vielen Jahren habe ebenfalls eine große Lawine den Weg ins Dorf gefunden. In einem Wohnhaus sei ein Zimmer völlig zerstört worden, in dem sich kurz vorher noch Menschen befunden hätten.

    Im Kleinwalsertal wurde am Montag die höchste Lawinenwarnstufe ausgerufen. Die Wildentalstraße und die Verbindung in den Ortsteil Baad bleiben dort weiter gesperrt. In Warth (Vorarlberg) hat am Montag eine Lawine eine Straße verschüttet, es gab aber keine Verletzten.

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