Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat der Bundesregierung vorgeworfen, den Freistaat nachweisbar und bewusst zu benachteiligen. "Zusagen wurden storniert, Termine gecancelt und Förderungen gekürzt. Der Chef der Bundesnetzagentur meinte: Die im Süden werden sich jetzt mal wundern und nicht mehr so breitbeinig dastehen", sagte der CSU-Vorsitzende den "Nürnberger Nachrichten" (Donnerstag). Nach neuen Plänen solle Bayern "nicht schon 2030 an das europäische Wasserstoffnetz angeschlossen werden, sondern erst 2050".
Er fordere einen fairen Umgang, habe jedoch den Eindruck: "Es soll bewusst der Norden bevorzugt und der Süden benachteiligt werden", sagte Söder. Scharfe Kritik übte der CSU-Chef auch an SPD, FDP und den Grünen im Freistaat: "Leider fallen die Ampel-Parteien in Bayern komplett aus. Der Grünen-Landesvorsitzende weigert sich öffentlich, sich für Bayern einzusetzen."
Bayern sei bei erneuerbarer Energie "vor jedem grün regierten Bundesland und bundesweit auf Platz zwei - mit mehr als doppelt so viel erzeugtem Strom wie Baden-Württemberg". Wer Sorge vor Energieausfall habe, müsse aber die Atomkraft weiterlaufen lassen, sagte Söder. Ein TÜV-Gutachten habe belegt, dass das machbar und sicher sei. Greenpeace habe ein früheres Greenpeace-Vorstandsmitglied beauftragt, den TÜV zu kritisieren. "Das ist ein Anwalt aus Hamburg, der wahrscheinlich noch nie in seinem Leben in einem bayerischen AKW war. Ob der das wirklich besser beurteilen kann als der TÜV?" Mit kalt Duschen und etwas weniger Beleuchtung allein werde es Deutschland nicht durch den Winter schaffen. "Die Ampel zögert und verschleppt alles, was die Südversorgung mit Gas betrifft", sagte Söder.
Söder fordert von Scholz mehr Tempo für längere Atom-Laufzeiten
Nach der verhaltenen Aussage von Bundeskanzler Olaf Scholz zu längeren Atom-Laufzeiten fordert CSU-Chef Söder von der Bundesregierung mehr Tempo. "Warum wieder nur halbherzig? Die Ampel hat bei der Kernenergie viel zu lange gezögert und mit Unwahrheiten gearbeitet. Jetzt braucht es endlich Entscheidungen", sagte der bayerische Ministerpräsident am Mittwochabend der Deutschen Presse-Agentur in München.
Scholz hatte am Nachmittag in Mülheim an der Ruhr erklärt, er halte längere Laufzeiten für die drei verbliebenen Reaktoren in Deutschland über das Jahresende hinaus für möglich. Zwar seien die Atomkraftwerke nur relevant für einen kleinen Teil der Stromproduktion, "aber trotzdem kann das Sinn machen, denn der Ausbaustand, was die Erneuerbaren Energien betrifft, ist in den einzelnen Ländern in Deutschland sehr unterschiedlich", sagte der SPD-Politiker. Insbesondere in Bayern sei der Ausbau der Windenergie sehr langsam vorangegangen.
Söder wies die Kritik umgehend zurück: "Der Bundeskanzler unterliegt leider einem Irrtum, wenn er den Ausbau der Erneuerbaren in Bayern kritisiert." Auch 2022 habe Bayern bei den Erneuerbaren Energien mit großem Vorsprung seinen Spitzenplatz verteidigt. "Mit weit über 1000 Megawatt im ersten Halbjahr liegen wir beim Netto-Ausbau deutlich vor allen anderen Ländern. Auch bei der installierten Gesamtleistung ist Bayern Erster."