Schlossbesichtigungen, ein "James-Bond-Ausflug" mit Gondelfahrt, Drei-Gänge-Menüs mittags, Fünf-Sterne-Hotels abends, Wein für Hunderte Euro die Flasche, Beauty-Anwendungen für die Damen: Es ist eine schier nicht enden wollende Liste von Ausgaben auf Kosten der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee, die das Landgericht München II am Donnerstag referiert und über die schon früher geurteilt wurde. Weil der Bundesgerichtshof Änderungen des früheren Urteils verlangt, hat nun nach mehreren Terminabsagen der neue Prozess um die Miesbacher Sparkassenaffäre begonnen.
Auf der Anklagebank sitzen erneut Ex-Vorstandschef Georg Bromme sowie der Ex-CSU-Landrat und frühere Aufsichtsratschef Jakob Kreidl. 2019 hatte das Landgericht Bromme und Kreidl wegen Untreue zu eineinhalb Jahren beziehungsweise elf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Bromme und die Staatsanwaltschaft hatten gegen das Urteil Revision eingelegt. Die Anklage wollte Bromme damals hinter Gitter bringen. Dieser möchte eine mildere Strafe.
Das Urteil von damals sowie der Spruch des Bundesgerichtshofs musste nun in stundenlanger Lesung referiert werden. Die Richter wechselten sich beim Lesen ab. Allein der Vortrag über luxuriöse Reisen für Zehntausende Euro mal für Bürgermeister, mal für Verwaltungsratsmitglieder und ihre Ehepartner dauerte über eine Stunde. Diese Fälle sind allerdings juristisch aufgearbeitet, ebenso wie teure Geburtstagesfeten oder Spenden für einen Schießstand in Tirol; Bromme war passionierter Jäger.
2019 hatte das Landgericht einige Anklagepunkte fallengelassen
Das Landgericht hatte schon 2019 einige Anklagepunkte fallengelassen. Anstatt eines damals von der Staatsanwaltschaft veranschlagten Gesamtschadens von 1,25 Millionen Euro ging es nur von rund 250 000 Euro aus. Der BGH hatte 2021 die Urteile des Landgerichts weitgehend bestätigt, änderte aber in einzelnen Punkten ab.
Etwa wertete der BGH Entenessen auf der Weißachalm zum Abschluss von Landrätetreffen auf Kosten der Sparkasse nicht als Untreue, da sie dem Erfahrungsaustausch dienten, wie das Landgericht zum Auftakt des neuen Prozesses vortrug. "Die Kreissparkasse kam insoweit ihrer gesetzlichen Aufgabe nach, den Landkreis im regionalpolitischen Bereich zu unterstützen", urteilte der BGH und sprach die beiden Angeklagten in diesem Punkt frei.
Bundesgerichtshof hob Freisprüche des Landgerichts auf
Bei Geschenken für Kreidls Büro sowie Weihnachtsgeschenke an Kollegen aus dem Verwaltungsrat und dem Vorstand hob der BGH hingegen Freisprüche des Landgerichts auf. Diese Präsente seien nicht nach außen gerichtet gewesen, sondern intern vergeben worden. Derartige Geschenke seien aber nur in bescheidenem Rahmen zulässig, trug das Landgericht vor. Der BGH hatte argumentiert, das Landgericht habe nicht bedacht, dass es um Zuwendungen innerhalb der Leitungsorgane der Kreissparkasse ging, die damit anders als Spenden zur Förderung des Ansehens der Kreissparkasse nicht deren Interessen dienten.
Nun könnte es dem Vernehmen nach etwa um Geschenke wie Hirschhornmesser, Brotzeitbrettchen, eine silberne Foto-Dose und teure Schreibutensilien wie einen Montblanc-Füllhalter gehen. Auch mit Spenden anlässlich eines Naturschutzprojekts für Steinadler muss sich das Gericht erneut befassen - sie ließen nach Ansicht des BGH keinen unternehmerischen Zweck erkennen.
Bei Geschenken zu Verwaltungsratssitzungen und der Ausrichtung einer Geburtstagsfeier hätte die Staatsanwaltschaft Bromme gerne wegen Vorteilsgewährung verurteilt gesehen, Kreidl wegen Vorteilsannahme. Hier folgte der BGH der Anklage nicht. Es blieb bei Untreue.
Vorkommnisse aus Oberbayern sorgen teils für Erheiterung
In Karlsruhe hatten die Vorkommnisse aus Oberbayern teils für Erheiterung gesorgt. Ein Anwalt hatte etwa von einem "bayerisch-barocken, üblichen, gewohnheitsmäßigem Handeln" gesprochen. Weiter hieß es, der Fall spiele zu einer Zeitenwende, als Compliance erst Einzug bei Unternehmen erhielt. "Es hat etwas länger gedauert, bis es sich in Oberbayern durchgesetzt hat."
Für den Prozess sind Termine bis Mitte Mai angesetzt.