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Strompiraten kapern Kunden

Abwerbung am Telefon

Strompiraten kapern Kunden

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    Lebensgefahr besteht zwar nicht für die örtlichen Elektrizitätswerke, wenn unseriöse Stromanbieter versuchen, ihnen am Telefon Kunden abzujagen. Unter Hochspannung stehen das Allgäuer Überlandwerk, die Lechwerke oder die Wertachtaler E-Werke aber dennoch, wenn die Konkurrenz mit unfairen Mitteln arbeitet.
    Lebensgefahr besteht zwar nicht für die örtlichen Elektrizitätswerke, wenn unseriöse Stromanbieter versuchen, ihnen am Telefon Kunden abzujagen. Unter Hochspannung stehen das Allgäuer Überlandwerk, die Lechwerke oder die Wertachtaler E-Werke aber dennoch, wenn die Konkurrenz mit unfairen Mitteln arbeitet. Foto: Benedikt Siegert

    „Hier ist Ihr Stromversorger. Ich rufe Sie an wegen der Optimierung Ihres Stromvertrages.“ Als der Kemptener Wilfried Rager (84) diesen Anruf erhielt, dachte er, am anderen Ende der Leitung säße ein Mitarbeiter des Allgäuer Überlandwerkes (AÜW) – seines Stromversorgers. Es folgte der Hinweis, dass jetzt Bio-Strom ins Netz eingespeist werde und dass es dafür ein günstiges, aber befristetes Angebot für die Abnehmer gebe. Dazu bräuchte es möglichst schnell die letzte Stromrechnung, die Zählernummer und den Zählerstand.

    Rager gab diese Daten am Telefon dem Anrufer durch. Der verband das Gespräch dann weiter an eine Mitarbeiterin, die Rager noch ein paar persönliche Fragen stellte und abschließend sagte: „Ich sende Ihnen den neuen Vertrag zu.“ Als der Kemptener dann doch ein bisschen stutzig wurde, fragte er konkret nach: „Sind Sie tatsächlich vom AÜW?“ Die Frau antwortete darauf: „Ja, wir haben mit dem AÜW zu tun.“ Da erst erkannte Rager den Schwindel und lehnte jeden weiteren Kontakt mit dem Anrufer ab.

    Widerruf ist möglich

    „Selbstverständlich kann ein Kunde jederzeit bei uns kündigen. Das passiert in der Regel bei Umzügen oder wenn er Strom von einem anderen Versorger beziehen will“, sagt AÜW-Pressesprecher Stefan Nitschke. „Wenn jedoch ein anderer Anbieter solch einen Wechselprozess bei uns einleitet, dann rufen wir den betreffenden Kunden zur Sicherheit zurück.“ In den meisten Fällen seien die Leute sehr erstaunt, dass sie das telefonische Angebot nicht vom AÜW erhalten hatte. Weil viele dieser Kunden ihren Stromversorger aber gar nicht wechseln wollen, gibt es die Möglichkeit, ein Widerrufsformular ausfüllen. Das AÜW kann dann auf diese Weise den am Telefon vereinbarten Vertrag rückgängig machen. Einzuhalten ist nur eine Frist von 14 Tagen.

    „Wir haben nichts gegen den Wettbewerb, aber es muss dabei fair zugehen“, sagt Karl Christe, Leiter des AÜW-Kundenservices. Solche unlauteren Abwerbeversuche wie bei Wilfried Rager seien leider kein Einzelfall. Pro Monat kommen beim AÜW, das Strom an etwa 90.000 Kunden im südlichen Allgäu liefert, an die 70 Kündigungen an, bei denen sich hinterher herausstellt, dass der Kunde gar nicht wusste, mit einem anderen Anbieter gesprochen zu haben.

    Die reden am Telefon so schnell, dass man den Namen nicht versteht.Karin Bernschneider

    Täuschungsmasche am Telefon

    Früher waren zur Abwerbung von Stromkunden oft Drückerkolonnen an den Haustüren unterwegs. Heute kapern die Strompiraten ihre Opfer in der Regel am Telefon. Wobei diese Aktionen meist sehr gebietsbezogen sind. So machen seit vergangenen November gerade die Stromanbieter im Allgäu solch negative Erfahrungen. Auch bei den Lechwerken (LEW), die große Teile des Unter- und Ostallgäus mit Strom beliefern, den Vereinigten Wertachtaler Elektrizitätswerken in Kaufbeuren (VWEW) und den Allgäu-Strom-Partner des AÜW häufen sich derzeit solche Fälle. Oft stecken dahinter freie Vertriebler, die versuchen, Kunden für neue Verträge zu gewinnen und bei einem Erfolg dafür satte Provisionen kassieren.

    „Die reden am Telefon so schnell, dass man den Namen nicht versteht“, sagt Karin Bernschneider aus Wertach (Oberallgäu). Auch sie bekam vor Kurzem mehrere solcher Anrufe. Die 50-Jährige wusste aber immerhin, dass es gefährlich ist, am Telefon zu oft „ja“ zu sagen. Denn die Anrufer schneiden das Gespräch meist mit und verweisen später im Streitfall darauf, dass jemand in einen Vertrag eingewilligt hat – selbst wenn er die Frage akustisch gar nicht verstanden hat. Karin Bernschneider machte aus Sicht von AÜW-Pressesprecher Nitschke das einzig Richtige. Sie sagte „Kein Interesse“ und legte auf.

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